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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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und sah Madita aufmunternd an. »Ich weiß ja so gar nichts von deinem Leben jetzt.«
    »Nein, nein, ich kann nicht.« Immer hatten sie es eilig heutzutage. »Ein andermal vielleicht. Danke, Charlotte.« Ein flüchtiger Kuss auf die Wange und schon war sie weg.
    »Das arme Kind«, murmelte Charlotte und drückte sich eng an Ludwig.
    Gemeinsam sahen sie ihr nach, wie sie so schnell den Strandweg hinunterging, als liefe sie vor etwas davon.

    Nick und Markus waren mittlerweile beim vierten Grog angekommen. Aus dem Fenster des überheizten Hafenpavillons sahen sie auf die Schiffe, die sich langsam durchs Bild schoben, und schlossen Wetten ab, was sie geladen hatten.
    »Bananen«, sagte Markus gerade zum dritten Mal hintereinander, als Nicks Handy klingelte.
    Er hörte einen Moment lang zu, dann formten seine Lippen ein stummes »Madita« und Markus nickte.
    »London?«, fragte Nick. »Ja, ich verstehe. Na, wenn das die einzige Spur ist, müssen wir dranbleiben. Ich besorge die Tickets.«
    Markus kicherte schon wieder. »London. Spuren. Ihr spinnt ja.«
    Nick sah ihn streng an. »Und so besoffen wie du bist, brauchst du bei Annette auch nicht vor der Tür zu stehen. Aufregung ist gefährlich für Schwangere!«
    Markus schluckte.
    »Los, wir joggen zur Englandfähre. Das macht uns wieder nüchtern.«
    Nick guckte vorsichtshalber noch mal in seine Tasche. Das Geld war noch da. Zwei dicke Packen.

15 Deern
    Es tut gut, die Stimme von Nikolaus zu hören, auch wenn er klingt, als hätte er einen in der Krone. Er kommt dir vor wie ein Botschafter aus einem fremden Leben, hier, wo die Zeitwahrnehmung anderen Gesetzen unterliegt. Du hast Tim und Lisa gesehen, am Strandweg, und hast dich aus dem Staub gemacht, bevor der Hund womöglich noch zu dir gerannt wäre. Als du dich wieder getraut hast, dich umzudrehen, waren sie weg, wahrscheinlich abgebogen Richtung Marktplatz, wo sie auf eine Pizza mit den anderen aus dem Sportverein verabredet sind.
    Du warst so oft selbst dabei, dass du dir die Situation beinahe physisch vorstellen kannst. Immer montags im Seeblick, alle Pizzen zum Aktionspreis. Im Winter wird so ein Anlass in Harmsdorf zum sozialen Ereignis. Nach dem Essen verziehen sich die Männer an den Nebentisch und spielen Skat. Lisa tauscht mit ihren Freundinnen die raren Neuigkeiten aus. Die meisten haben jetzt ein oder zwei Kinder, die genauso miteinander aufwachsen werden wie ihr.
    Du beschließt, das Stadtzentrum zu meiden und den Weg am See entlang zum Bahnhof zu nehmen, auch wenn! er direkt an deinem Elternhaus vorbeiführt. Prozentual gesehen, stehen deine Chancen schlecht, nicht in die Falle zu gehen und wie eine Fliege am Köder deiner eigenen Vergangenheit kleben zu bleiben. Du wirfst einen letzten Blick auf die Blässhühner.
    »Anand Kumar. Anand Kumar. Anand Kumar«, flüsterst du ihnen zu. Sie suchen unbeeindruckt weiter nach Algen. Seufzend machst du dich auf den kurzen Anstieg über das abgetretene Kopfsteinpflaster.
    Direkt vor deiner Nase tritt Hinnarck mit seiner Jutetasche zum abendlichen Einkaufstörn aus der Haustür. Wenn er jetzt einfach an der engen Twiete zum See vorbeigeht, bist du gerettet. Er blinzelt in deine Richtung und kommt langsam näher. Du bist stehen geblieben. Erstaunt nimmst du wahr, dass Hinnarck alt geworden ist. Er geht aufrecht, aber die Monteursmuskeln sind einer noch dünnen Fettschicht gewichen. Sein Haar ist schütter und fast weiß.
    »Madita! Was machst du denn in Harmsdorf?« Er sagt weiter nichts, steht nur da wie der personifizierte Vorwurf.
    Du umarmst ihn, einerseits um Zeit zu schinden, aber auch, weil seine massige Brust immer noch etwas Tröstendes hat. Seit Emmas Totalausfall hatte er ja auch die emotionale Familienkomponente am Hals, die meist darin bestand, dass du dich bei einem verlorenen Sportwettkampf oder einer zerrissenen Lieblingsjeans an seine Brust geflüchtet hast und er dir unbeholfen über den Rücken gestreichelt hat. Ein Mann der großen Worte ist er nie gewesen. Er wartet lieber, bis die anderen reden.
    »Meine Schulfreundin, die Lisa, weißt du noch? Die hat ein Kind gekriegt und da musste ich doch mal vorbeischauen.«
    »Lisa Behrend? Die ist doch jetzt mit Tim zusammen.« Hinnarck weiß immer noch genau Bescheid, was in Harmsdorf vor sich geht, also sei vorsichtig. Er mochte Tim und hätte dich lieber als alles andere als anständige Frau eines Tischlers unter die Haube gebracht. »Haben die denn geheiratet?«
    »Nee. Unehelich.« Du kannst dir

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