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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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ihm vertraut, ihn sogar gemocht hatte, dass er sehr brutal gewesen war. Das seltsame Leben, das er führte und vortäuschte. Seine Vergangenheit, die Zeitungsausschnitte, die ich bei ihm gefunden hatte. Das Verhör bei der Polizei. Dass Rauser ihn jetzt anscheinend mit zwei Opfern in Verbindung gebracht hatte. Ich hatte versagt, meinte ich, weil ich nicht gespürt und nicht erkannt hatte, dass mit Charlie etwas nicht stimmte. Diane war andererMeinung. Sie kannte Charlie auch, und sie konnte es kaum glauben.
    «Und bei dir?», sagte ich schließlich und rang mir ein Lächeln ab. Jetzt wollte ich über etwas anderes sprechen. «Erzähl mir von deinem neuen Typen. Ist es immer noch ernst?»
    Diane lachte. «Es ist immer noch ernst, aber – habe ich erwähnt, dass es eine Frau ist?»
    «Äh, nein. Den Teil hast du ausgelassen.» Ich kannte Diane seit unserer Kindheit. Ich hatte keinen blassen Schimmer gehabt, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühlte. Es war nicht das Gleiche wie zu erfahren, dass Michael Jackson gestorben war, aber doch ein weiterer Beweis dafür, dass man nie genau wissen kann, was in einem anderen Menschen los ist, und dass man immer auf alles gefasst sein sollte. «Warum hast du das nie gesagt?»
    «Wir sind nie darauf zu sprechen gekommen», sagte Diane, und ich sah sie skeptisch an. «Im Ernst. Ich habe keine Ahnung, warum gerade sie, aber sie ist es.»
    «Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Gratuliert man in so einem Fall?»
    «Das wäre nett», meinte Diane lächelnd. Sie griff nach dem Telefon. «Mrs.   Haze, Keye Street ist jetzt da.»
    «Na dann, ich wünsche dir alles Gute.» Ich nahm Diane in den Arm. «Bald mal ein Kino- oder Pizzaabend, okay? Dann erzählst du mir alles von ihr.»
    «Auf jeden Fall.» Diane nickte und widmete sich wieder ihrer Arbeit auf dem Schreibtisch.
    Als ich den handgewebten Läufern durch den Empfangsbereich zu Margaret Haze’ Büro folgte, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Diane hatte etwas von mir gewollt. Nur wusste ich nicht, was. Und selbst wenn, ich war mir nicht sicher, ob ich es ihr in dem Moment hätte geben können.
    Haze erwartete mich und gab mir die Hand. Durch die Fensterfront hinter ihr konnte man über die ganze Stadt bis zu den Randbezirken sehen. Rechts lagen das CNN Center und die Philips Arena, gut dreißig Kilometer geradeaus Stone Mountain, linker Hand die Hochhäuser der Innenstadt und die nach Norden führende Interstate 75.
    Sie trug Pumps von Chanel. Die Schuhe der Mächtigen. Die hätten mir auch gefallen. Vor dem gleißenden Licht von draußen wirkte sie beinahe wie eine Silhouette. Ich hatte sie selten in anderer als schwarzer Kleidung gesehen. Die Leute in Atlanta schienen immer bereit für einen Einbruch.
    Ich öffnete meinen Aktenkoffer und reichte Margaret, nachdem sie sich gesetzt hatte, alle Unterlagen, die ich über den toten Besitzer der Abschleppfirma zusammengetragen hatte, dessen Fahrer, Margarets Mandant, dreiundzwanzigmal auf ihn geschossen hatte, laut Margaret in Notwehr.
    «Sie hatten recht», sagte ich. «Er war ein gefährlicher Typ. Lange Liste von Vorstrafen wegen Körperverletzung, saß im Gefängnis, wurde dreimal verhaftet und war in viele Prügeleien verwickelt. Freunde und Mitarbeiter sagen, dass er seine Frau und seine Kinder geschlagen hat und manchmal auf seine Fahrer losgegangen ist. Fast jeder, mit dem ich gesprochen habe, hatte Angst vor ihm. Seine Frau gibt zu, dass er cholerisch war, bestreitet aber die Schläge. Ich habe Ihnen Kopien der Krankenhausakten beigelegt. In zwei Jahren ist sie viermal in der Notaufnahme gewesen. Sechsmal musste die Polizei kommen, weil sie Notrufe wegen familiärer Streitigkeiten erhalten hatte. Der Kerl war ein Schläger. Wenn er auf mich losgegangen wäre, hätte ich auch meine Waffe benutzt.»
    «Ich hätte den Fall nicht übernommen, wenn ich meinen Mandanten für einen Mörder halten würde.»
    «Aha.»
    Margaret lächelte. «Vorsichtig, Keye, man merkt, dass Sie voreingenommen sind. Haben Sie beim FBI eine Abneigung gegen Strafverteidiger entwickelt?»
    Jetzt war es an mir zu lächeln, aber auch den Mund zu halten. Man muss wissen, wer einem die Butter aufs Brot schmiert, sagte meine Mutter immer.
    Margaret sah mich einen Moment an, ihre Augen flackerten leicht, aber eher belustigt als aggressiv. Sie versuchte nur, schlau aus mir zu werden. Dann widmete sie sich wieder den Unterlagen, die ich ihr gegeben hatte, ordentlich ausgedruckte Aussagen mit Daten, Namen und

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