Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cut

Cut

Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
Vom Netzwerk:
ihr Chaos, nicht meines. Ich antworte ihnen nicht. Ich bin nicht da, um sie zu trösten.
    Die Zeitungen haben mich Monster genannt. Ich glaube, Sie wissen es besser. Was haben die Profiler Ihnen erzählt? Dass ich intelligent bin, im normalen Leben nicht auffalle und sexuell funktioniere? Schade, dass die Methoden dieser Experten nicht ausreichen, um meine zu ermessen. Sie haben den Zeitungen bestimmte Informationen über die Tatorte vorenthalten. War Ihnen bewusst, dass mich die dauernden falschen Spekulationen zu einer Reaktion zwingen würden? Und was sagt Ihnen Ihre Erfahrung über diesen Brief, dieses neue Hilfsmittel für Ihre Ermittlung? Entweder sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass ich sowohl angeberisch als auch sadistisch bin oder dass ich ein tiefes und dringendes Bedürfnis habe, gefasst und bestraft zu werden. Und bestimmt fragen Sie sich, ob ich tatsächlich die Person bin, die Sie suchen. Soll ich Sie überzeugen?
    Schon um zehn Uhr war es an diesem Morgen drückend heiß, und die Luft in der Küche war stickig und feucht von dem Topf mit kochendem Kohl. Ich spürte eine Brise durch das offene Fenster, als ich neben dem Tisch stand und auf sie hinabschaute. Da rührte sie sich schon nicht mehr, und als ich sie umdrehte, um mein Zeichen zu setzen, wirkte sie so klein.
    Das Letzte, was sie hörte, abgesehen von ihrem eigenen Wimmern, war das Klicken meiner Kamera und das leise Knacken ihres Genicks, als würde ein Wunschknochen entzweibrechen.

6
    E r hat ihr das Genick gebrochen», sagte ich leise und lehnte mich zurück. In der Hand hielt ich das Foto von Lei Koto, verrenkt und blutüberströmt auf dem Boden ihrer Küche, den Kopf unnatürlich weit nach links gebogen.
    «Das ist die Todesursache», meinte Rauser. «Was hältst du von dem Hinweis auf den Wunschknochen?»
    Ich drängte meine Gefühle beiseite. Ich drängte sie beiseite, so wie ich es immer getan hatte, und wechselte zu meinem ausgebildeten Ich, zum meinem distanzierten Ich. Als Wunschknochen wird das gegabelte Brustbein von Geflügel bezeichnet. Wenn zwei Personen jeweils an einem Ende ziehen und den Knochen auseinanderbrechen, so sagt der Brauch, hat diejenige, die den längeren Teil erwischt, das Recht auf die magische Erfüllung jedes Wunsches. «Macht, Dominanz, Manipulation des Opfers, des Körpers des Opfers», antwortete ich.
    «Was in diesem Brief steht, entspricht den Tatsachen, bis hin zum Kohl auf dem Herd. Wir geben die Todesursache oder Einzelheiten vom Tatort nie an die Presse weiter. Das Original des Briefs ist im Labor. Wenn wir Glück haben, finden wir auf dem Umschlag einen Fingerabdruck oder Speichelspuren. Viel mehr haben wir bisher nicht.»
    «Du hast einen Brief des Mörders. So ein psychologisches Beweismaterial bekommt man nicht alle Tage.»
    Rauser nickte. «Dieser Fall ist anders gelagert, Keye. Es gibt kein Motiv, die Tatorte geben nichts her. Es gibt praktisch kein handfestes Beweismaterial. Ich schätze, wir finden diesen Kerl nur, wenn wir seine Inszenierungen verstehen.»
    Irgendwo tief in mir schrillte eine winzige Alarmglocke. Ich spürte die vertraute Verlockung, ein Psychogramm zu erstellen und mich mit den Gewalttaten von Straftätern auseinanderzusetzen. Ja, dieser Fall war anders, dachte ich. Meine Hände begannen zu schwitzen.
Alle wollen sie ein bisschen Frieden inmitten des Chaos.
Sie war nicht sein erstes Opfer, hörte ich mich zu Rauser sagen. Ja, dieser Fall liegt anders. Der Täter ist nicht nur irgendein Opportunist, irgendein Gewaltverbrecher, sondern etwas anderes, ein grausames und gieriges Wesen, das Angst und Schmerz auslöst und sich daran weidet.
    «Wir wissen von vier Opfern.» Rausers graue Augen waren kalt wie Winterregen. «In Florida ist ein Detective auf ungelöste Fälle angesetzt worden, er hat die Details in die Datenbank eingegeben. Zwei Fälle dort wiesen Ähnlichkeiten mit einem Fall von hier, aus den nördlichen Vororten, auf. Bei dem Koto-Fall entdeckten wir sofort das gleiche Muster. Kein Zweifel, es ist die gleiche Handschrift. Die Position der Leiche, die vielfachen Stichwunden, die Inszenierung, das Fehlen von Spuren. Außerdem lagen die Opfer in allen Fällen mit dem Gesicht nach unten, die Beine gespreizt, und sie wiesen sowohl Stichwunden an verschiedenen Körperstellen auf, die ihnen vor dem Tod zugefügt wurden, als auch Stichwunden an bestimmten Stellen wie den Oberschenkeln, dem Gesäß und der unteren Rückenpartie, die ihnen nach Eintritt des Todes

Weitere Kostenlose Bücher