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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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machen. Warum sollen wir jede Hoffnung auf etwas Ähnliches aufgeben?
    Natürlich werden wir unsere Softwarenachkommen haben – und Nachbildungen der Tiere dieses Planeten. Zweifellos auch vollkommen neue, künstliche Lebewesen … Allein sein werden wir nicht. Aber es muß auch die Möglichkeit geben, dem Fremden, völlig Andersartigen gegenüberzutreten; wir dürfen uns nicht selbst einer solchen Chance berauben – und was könnte fremdartiger sein als das Leben des Autoversums?«
    Maria spürte, daß sie eine Gänsehaut bekam. Die Logik von Durhams Gedankengebäude war unanfechtbar … Ein endlos expandierendes TVC-Universum, in dem allenthalben neue Rechenkapazität aus dem Nichts entstand, mußte irgendwann groß genug sein, um auch einen Autoversum-Planeten betreiben zu können – vielleicht sogar ein ganzes Planetensystem. Die »abgemagerte« Version des Planeten Lambert mit ihren komprimierten Datensätzen, die anstelle ganzer Berge und Flüsse summarische Skizzen enthielt, würde problemlos in einen der Computer dieser Welt passen. Durhams Kopie mußte nur warten, bis das TVC-Gitter sich weit genug ausgedehnt hatte – wenn er sich nicht einfach des Wartens müde abschaltete, um nach Myriaden das neu entstandene Universum in seiner ganzen Pracht vorzufinden.
    Durham sagte: »Ich arbeite schon seit einiger Zeit an der Software, die die ersten Augenblicke eines TVC-Universums auf einem realen Computer betreiben wird. Das werde ich wohl aus eigener Kraft zu Ende bringen. Aber unser Autoversum-Projekt ist ohne Sie nicht zu machen, Maria.«
    Sie lachte böse. »Sie wollen, daß ich weiter für Sie arbeite? … Sie belügen mich. Ihretwegen habe ich die Polizei am Hals. Sie beichten mir, in der Klapsmühle gewesen zu sein. Sie behaupten, die dreiundzwanzigste Inkarnation eines immer wiedergeborenen Millionärs aus einer Parallelwelt zu sein …«
    »Was immer Sie über die Staubtheorie denken – und erst recht über meinen Geisteszustand: Ich kann Ihnen beweisen, daß ich kein Krimineller bin. Meine Klienten werden es bestätigen. Sie wissen alle ganz genau, was mit ihrem Geld geschieht. Keiner muß befürchten, von mir betrogen zu werden.«
    »Das bestreite ich nicht. Es ist nur …«
    »Dann nehmen Sie Ihren Lohn! Bringen Sie Ihre Arbeit zu Ende! Was immer die Polizei Ihnen erzählt hat, Sie haben sich Ihren Lohn redlich verdient – und ich habe jedes Recht, Sie zu bezahlen. Niemand kann Sie vor Gericht zerren, niemand kann Ihnen mit Gefängnis drohen.«
    Maria fühlte sich überrumpelt. »Einen Augenblick, warten Siel Wollen Sie mir kein Zeit zum Nachdenken lassen?« Die sachliche Vernunft Durhams war genauso ermüdend wie die leidenschaftliche Rhetorik eines unbeirrbaren Fanatikers. In der letzten halben Stunde war ihr ständig der Boden der Tatsachen unter den Füßen weggezogen worden – sie hatte nicht eine Sekunde Zeit gehabt, die neue Situation zu überdenken, die sich ergeben hatte: weder unter juristischen oder finanziellen … noch unter moralischen Aspekten.
    Sie sagte: »Warum erzählen Ihre Klienten das nicht alles der Polizei? Wenn sie bereit sind, mir Ihre Geschichte zu bestätigen, warum dann nicht auch gegenüber der Polizei? Ihre Weigerung auszusagen nährt doch nur den Verdacht!«
    Durham nickte. »Wem sagen Sie das! Sie machen alles zehnmal schwieriger, als es ohnehin schon ist – aber mir bleibt nichts anderes übrig, als damit zu leben. Glauben Sie im Ernst, daß meine Klienten ein Interesse daran haben, daß die Wahrheit bekannt wird? Es gab bereits einige Pannen bei der Geheimhaltung, doch konnten wir bisher jedesmal mit gezielter Desinformation für Verwirrung sorgen. Kopien, die de facto milliardenschwere Geschäftsimperien steuern, wollen eher mit dubiosen Geschäftemachern und angeblichen Supercomputern in Verbindung gebracht werden – erst recht, wenn solche Gerüchte mangels konkreter Hinweise im Sand verlaufen –, als aller Welt bekanntgeben, daß sie einen Klon in ein künstliches Universum überführen, das ohne Hardware funktioniert. Die Aktienmärkte reagieren bereits nervös, wenn bekannt wird, daß eine Vorstandsetage ihre Freizeit damit verbringt, in einer VR-Welt Caligula zu spielen. Wenn auch nur ein Wort an die Öffentlichkeit gelangt, aus dem man schließen könnte, daß eine Kopie in einer Führungsposition sich möglicherweise keinen Dreck mehr um ihre Aufgaben, ihren persönlichen Reichtum oder das Überleben der gesamten Erde scheren könnte …«
    Maria

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