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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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– was er sofort wieder bereute. Es war zu schön, um wahr zu sein – trotzdem, er war verwirrt. Warum hatte Durham ihn angelogen – indem er behauptete, sie hätte ihn am liebsten abschalten lassen –, wenn sie in Wirklichkeit so mitfühlend war, daß sie die anstrengende Prozedur eines Besuchs auf sich nahm?
    Er lag auf einer Pritsche, die Ähnlichkeit mit einem Zahnarztstuhl hatte; den Raum hatte er noch nie gesehen. Er trug einen Patientenkittel; sein rechter Arm hing an einem Tropf, in seiner Harnröhre steckte ein Katheter. Wenn er den Blick hob, erkannte er dicht über seinem Kopf einen an einem Bügel herabhängenden Interfacehelm, eine klobige Halbkugel voller dicht an dicht angeordneter magnetischer Nerveninduktoren. Er dachte: Nicht schlecht, für ihren Besuch eine virtuelle Umgebung zu modellieren, die wie der Raum aussah, in dem sich ihr wirklicher Körper befinden mußte. Aber ihn auf diese Liege zu verfrachten und alle Symptome eines erwachenden Besuchers fühlen zu lassen, das ging seiner Meinung nach zu weit.
    Ungeduldig klopfte er mit seiner Linken auf die Liege. »Was soll das hier bedeuten? Muß ich unbedingt wissen, was du im Augenblick durchmachst? Na schön, danke. Aber es ist trotzdem herrlich, dich zu sehen!« Er schauderte. Erleichterung und ein verspäteter Schock. »Phantastisch, um die Wahrheit zu sagen.« Er lachte schwach. »Ich dachte wirklich, daß er mich abschalten lassen würde. Dieser Mann ist vollkommen wahnsinnig, glaub mir – du sprichst mit seiner besseren Hälfte.«
    Elisabeth beugte sich auf ihrem Stuhl zu ihm herunter und sagte: »Paul … Bitte versuch, mir jetzt ganz genau zuzuhören. Dein Gedächtnis wird in Kürze vollständig wiederhergestellt sein, aber es wird dir helfen, wenn ich die Sache zuerst mit dir bespreche. Zunächst: Du bist keine Kopie …Du bist aus Fleisch und Blut.«
    Paul hustete und hatte mit einem Mal einen scheußlich sauren Geschmack im Mund. Durham mußte Elisabeth veranlaßt haben, irgend etwas mit seinem Verdauungssystem anzustellen.
    »Fleisch und Blut … ich? Was für ein grausamer Scherz soll das schon wieder sein? Hast du eine Vorstellung davon, wie schwer es war, mit der Wahrheit fertig zu werden?«
    Geduldig sagte sie: »Es ist kein Scherz. Ich weiß, daß du dich im Augenblick noch nicht erinnern kannst, aber … nach dem Scan, der als Kopie Nummer fünf laufen sollte, hast du mir endlich von deinem Plan erzählt. Ich habe dich überredet, die Kopie nicht in Betrieb zu nehmen – bevor du nicht ein weiteres Experiment durchgeführt hast: nämlich dich an ihre Stelle zu versetzen. Um endlich herauszufinden, was es heißt, das durchzustehen.
    Du warst einverstanden. Du hast dich in die virtuelle Umgebung begeben, die die Kopie bewohnen sollte, während deine Erinnerungen an die Zeit nach dem Scan unterdrückt wurden – so daß du unmöglich herausfinden konntest, daß du nur ein Besucher warst.«
    »Ich …«
    »Du bist keine Kopie. Verstehst du? Du hast nichts weiter getan, als die Umgebung zu besuchen, die du für Kopie Nummer fünf vorbereitet hattest. Und jetzt bist du zurückgekehrt. Du bist wieder in der richtigen Welt!«
    In ihrer Miene war keine Spur von Unaufrichtigkeit zu entdecken – aber es gab natürlich Software, die das regelte. Er sagte: »Ich glaube dir nicht. Wie kann ich das Original sein? Ich habe mit ihm gesprochen. Was wollt ihr mir einreden? Daß er die Kopie war – eine Kopie, die glaubte, das Original zu sein 7 .«
    »Natürlich nicht. Dazu hätte man die Kopie schließlich in Betrieb nehmen müssen, nicht wahr? Aber der fünfte Scan wurde nie benutzt. Ich habe die Maske gesteuert, die für dich das ›Original‹ spielte; deine Sprechweise und deine Körpersprache wurden von der Software generiert, und ich mußte nur noch ›an den Fäden ziehen‹. Du hattest mir vorher genaue Anweisungen gegeben, was ich sagen und tun sollte. Sicher wirst du dich in Kürze an alles erinnern.«
    »Aber … die Experimente?«
    »Die Experimente waren fingiert. Wie hätten sie auch funktionieren können, wenn die ›Versuchsperson‹ ein Besucher war? Mit einem lebenden Gehirn?«
    Paul schüttelte verzweifelt den Kopf und flüsterte: »Abulafia.«
    Aber kein Interface erschien.
    Er hielt sich mit beiden Händen an der Liege fest und schloß die Augen. Dann begann er zu lachen. »Du sagst, ich war mit alledem einverstanden? … Was für ein Masochist muß man sein, um so etwas über sich ergehen zu lassen! Ich bin auf dem

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