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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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leichtgläubige Millionäre um ihr Geld brachte – oder ihnen auch nur Versicherungen verkaufte. Maria hielt es für unwahrscheinlich, daß die Wohnung Teil des Schwindels war – daß sie nur dazu diente, seine Geschichte plausibel erscheinen zu lassen: von einem Mann, der sich das Essen vom Mund absparte, um Forschungsaufträge wie den ihren finanzieren zu können. Seine Einladung war aus heiterem Himmel gekommen. Sie hätte nie einen geeigneteren Vorwand erfinden können, um sich bei ihm zu Hause umzusehen.
    Sie legte ihr elektronisches Notizbuch auf den zerkratzten Eßtisch und drehte es so, daß er die Diagramme lesen konnte. »Das sind die letzten Ergebnisse von zwei vielversprechenden Spezies. A. lithophila besitzt eine höhere Mutationsrate – von Generation zu Generation –, vermehrt sich aber langsamer und ist empfindlich gegenüber Klimaveränderungen. A. hydrophila besitzt ein stabileres Genom und vermehrt sich schnell. Es ist eigentlich nicht widerstandsfähiger, aber im Meer besser geschützt.«
    Durham sagte: »Was würden Sie rein gefühlsmäßig vorziehen?«
    »Und Sie?«
    »Aus diesen A. lithophila werden neue, vielversprechende Arten entstehen – die alle mit einem Schlag aussterben, wenn sich die Umweltbedingungen drastisch ändern. A. hydrophila wird sich sehr schnell vermehren und eine Reihe von überlebensfähigen Mutationen hervorbringen, von denen sich einige für ein Leben an Land als nützlich erweisen könnten. Die ersten paar hunderttausend Spezies, die das Meer verlassen, werden es nicht schaffen – was aber nichts schadet, denn es wird immer mehr von ihnen geben … Oder denke ich zu sehr in den Begriffen unserer eigenen Evolution?«
    »Die Leute, die Sie überzeugen wollen, werden mit Sicherheit ebenso denken.«
    Durham lachte. »Es dürfte nicht schaden, wenn die Lösung sowohl richtig als auch überzeugend wäre – vorausgesetzt, das eine schließt das andere nicht aus.«
    Maria antwortete nicht. Sie starrte auf ihr elektronisches Notizbuch, um Durham nicht in die Augen sehen zu müssen. Es war noch erträglich gewesen, durch ein vorgeschaltetetes Softwarefilter mit ihm zu telefonieren, und ihre Arbeit konnte sie um ihrer selbst willen tun; die Beschäftigung mit dem Autoversum und seiner Biochemie war sowohl Spiel als auch geistige Herausforderung, weshalb sie ohne Überwindung hatte fortfahren können, gleich, welchem Zweck die Arbeit letztlich diente. Andererseits hatte sie so gut wie nichts unternommen, was Durham dazu hätte bewegen können, sie weiter in sein Vertrauen zu ziehen. Nur aus diesem Grund war sie zu dem Treffen bereit gewesen – sie mußte es ausnutzen.
    Das Problem war nur, daß sie sich, seit sie Durhams Wohnung betreten hatte, so beklommen und unsicher fühlte, daß sie kaum über rein technische und unverfängliche Dinge reden konnte, ohne daß ihre Stimme versagte. Wäre er mit neuen aberwitzigen Lügen gekommen – etwa: wie sehr er sich wünschte, diesen hochnäsigen Verein von Experten, die alles über künstliches Leben zu wissen glaubten, in der Cellular Automaton World in Grund und Boden zu diskutieren –, hätte sie angefangen zu schreien. Nein, wahrscheinlich hätte sie sich gleich auf den Linoleumboden geworfen und um sich geschlagen.
    Er sagte: »Übrigens habe ich heute morgen verfügt, daß Ihr Honorar überwiesen wird. Der Treuhänder hat den Auftrag, den gesamten Betrag auszuzahlen. Das scheint mir nur fair, wenn man bedenkt, wie weit Sie mit Ihrer Arbeit gekommen sind.«
    Maria sah ihn erstaunt an. Er blickte unschuldig in ihre Augen, aber sie konnte nicht anders als sich (nicht zum ersten Mal!) zu fragen, ob er von ihrer Begegnung mit der Detektiv-Sergeantin wußte – und davon, was Hayden ihr über ihn erzählt hatte. Sie errötete. Sie versteckte sich schon zu viele Jahre hinter Telefonen und Softwarefiltern und hatte völlig verlernt, ihre Gefühle zu verbergen.
    Sie sagte: »Ich danke Ihnen. Haben Sie keine Angst, daß ich jetzt das nächste Flugzeug nach Südamerika nehme? Es gibt schließlich noch einiges zu tun.«
    »Ich denke, ich kann Ihnen vertrauen.«
    Wirklich, nicht die kleinste Spur von Ironie in seiner Stimme – aber das war auch nicht nötig.
    Er sagte: »Da wir gerade von Vertrauen sprechen – es könnte sein, daß Ihr Telefon abgehört wird … Tut mir leid, ich hätte es Ihnen früher sagen sollen.«
    Maria starrte ihn an. »Woher wissen Sie das?«
    »Wissen? … Sie meinen, es wird abgehört? Sie haben etwas

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