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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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haben, hätte es einen Sinn ergeben … Aber ich verstehe auch, warum Sie es nicht riskieren konnten.«
    Durham schien das alles nicht sonderlich zu berühren. »Wissen Sie, was ich meinen Klienten anbiete? Den Leuten, die Ihre Arbeit finanzieren?«
    »Eine geheime Zuflucht. Einen privaten Computer an einem sicheren, vor jedem Zugriff geschützten Ort.«
    »Das stimmt beinahe – je nachdem, welche Bedeutung Sie den Worten geben.«
    Maria lachte ironisch. »Tatsächlich? Und welche Worte sind es, die Ihnen am meisten Schwierigkeiten machen? ›Privat‹ vielleicht?«
    »Nein. Computer und Ort.«
    »Jetzt werden Sie kindisch.« Sie nahm das elektronische Notizbuch, schob ihren Stuhl vom Tisch zurück und erhob sich. Während sie noch über eine passenden Bemerkung zum Abschied nachdachte, die sie ihm entgegenschleudern konnte, ging ihr zum ersten Mal auf, was das Frustrierendste von allem war: Dieser Mann hatte sie bezahlt, wie er es versprochen hatte. Er hatte sie belogen, zur Mittäterin gemacht – aber er hatte sie nicht betrogen.
    Durham musterte sie kühl. Er sagte: »Ich habe nichts verbrochen. Meine Klienten wissen genau, was sie kaufen. Das Betrugsdezernat und die Nachrichtendienste sind selbst für die absurden Schlüsse verantwortlich, die sie daraus ziehen. Ich habe die volle Wahrheit gesagt, aber sie haben es vorgezogen, mir keinen Glauben zu schenken.«
    Maria stand vor dem zerkratzten Tisch, eine Hand auf der Stuhllehne. »Mir hat man erzählt, Sie würden jede Auskunft verweigern.«
    »Das ist schlicht gelogen. Sie wollten einfach nicht auf das hören, was ich zu sagen hatte.«
    »Und was haben Sie zu sagen?«
    Durham blickte sie prüfend an. »Werden Sie zuhören, wenn ich es erkläre? Wollen Sie sich setzen und mir bis zum Ende zuhören?«
    »Vielleicht.«
    »Wenn Sie nicht die ganze Geschichte hören wollen, sollten Sie besser gleich gehen … Nicht alle Kopien sind auf mein Angebot eingegangen – aber jene, die die Polizei informiert haben, haben eines gemein: Sie haben mich nicht ausreden lassen.«
    Maria war wütend. »Warum machen Sie sich Gedanken, was ich über die Sache denke? Sie haben doch von mir bekommen, was Sie wollten: Jetzt können Sie mit Ihrem Halbwissen über das Autoversum um sich werfen, so oft es Ihnen nützen kann. Über Ihre Betrugsmanöver weiß ich nicht mehr als die Polizei auch, und sie haben keinen Grund, mich gegen Sie in den Zeugenstand zu rufen, solange ich nicht mehr zu berichten habe als: ›Detektiv-Sergeantin Hayden hat dies gesagt, Detektiv-Sergeantin Hayden hat jenes gesagt‹. Warum hören wir nicht auf, bevor ich Ihnen gefährlich werden kann?«
    Durham erwiderte: »Weil Sie auch nicht im entferntesten begreifen, worum es eigentlich geht. Und weil Sie sich eine Erklärung verdient haben.«
    Maria warf einen Blick hinüber zur Tür, aber sie ließ ihre Hand auf der Stuhllehne. Ihre Arbeit hatte ihren Sinn in sich selbst gehabt – aber sie war doch neugierig, was Durham mit den Früchten ihres Fleißes anfangen wollte.
    »Ich hatte diesen Nachmittag sowieso nichts vor, außer die Überlebenschancen von Autobacter hydrophila in der Gischt zu untersuchen.« Sie setzte sich wieder. »Fangen Sie an, ich höre.«
    Durham sagte: »Es ist ungefähr sechs Jahre her – grob gesagt –, daß ein mir bekannter Mann eine Kopie von sich selbst herstellte. Als die Kopie erwachte, geriet sie in Panik und wollte aussteigen. Aber das Original hatte die Software manipuliert, und eine Deaktivierung war nicht möglich.«
    »Das ist illegal!«
    »Ich weiß.«
    »Wer war dieser Mann?«
    »Er hieß Paul Durham.«
    »Sie? Sie waren das Original?«
    »O nein – ich war die Kopie.«
     

16
    (Stell dir vor, Spielzeugmensch)
    Juni 2045
     
    Paul spürte eine Hand, die seinen Unterarm hielt. Er wollte sie abschütteln, aber sein Arm gehorchte ihm nicht. Statt dessen fuhr ein unerträglicher, stechender Schmerz durch seine Schulter. Er wollte die Augen öffnen, aber gräßliche Schmerzen hinderten ihn auch daran. Wieder und wieder probierte er es, und beim fünften oder sechsten Versuch erblickte er hinter einem Schleier von Tränen ihr Gesicht im blendenden Licht.
    Elisabeth.
    Sie hielt ihm eine Tasse an die Lippen. Er nahm einen kleinen Schluck, spuckte, hustete, aber dann gelang es ihm, ein wenig von der süßen, wäßrigen Flüssigkeit zu schlucken.
    Sie sagte: »Gleich geht's dir besser. Bleib ruhig und entspann dich.«
    »Warum bist du hier?« Er hustete und schüttelte den Kopf

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