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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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Hände. Sie liegen ruhig und sicher am Glas, genauso, wie sie früher das Mikro gehalten haben. Es ist nicht schwieriger, als auf Zwischenrufer zu reagieren.
    Siggurdson legt seine großen Fäuste auf den Tisch und beugt sich vor. Er will einschüchtern.
    »Ich glaube, Sie haben noch nicht ganz die Ernsthaftigkeit dessen verstanden, was wir Ihnen sagen wollen. Wir kennen die Firma Ihres Vaters besser, als er selbst sie kennt. Seine Entscheidung kam plötzlich, aber nicht ganz überraschend. Wir haben unsere Modelle. Es sind gute Modelle. Damit lassen sich Vorhersagen mit akzeptabler Genauigkeit treffen. Dieses Gespräch hätte in jedem Fall stattgefunden, ganz gleich, was er in Bezug auf Sie entschieden hätte. Dass dieses Gespräch hier stattfindet, spiegelt wider, wie viel wir nicht nur über Ray Power wissen, sondern auch über Sie, Mr. Ray.«
    Clementi zieht ein Zigarrenetui aus der Innentasche seiner Jacke. Er lässt es aufschnappen. Wunderschöne kleine schwarze kubanische Zigarillos wie Patronen in einem Magazin. Hungriger Schmerz schießt durch Vishrams Speicheldrüsen. Köstliches Rauchwerk.
    »Wer steht hinter Ihnen?«, fragt er mit vorgetäuschter Lässigkeit. Er weiß, dass er die Sache wie einen Gazeschleier durchschaut. »EnGen?«
    Siggurdson bedenkt ihn mit einem langen Blick, als wäre Vishram ein dummes Kind. »Mr. Ray.«
    Arthurs befeuchtet die Lippen mit der Zunge, ein zartes, rosafarbenes zuckendes Zäpfchen, wie eine winzige Schlange, die in den Höhlungen seines Gaumens wohnt. »Wir sind die offiziellen Akquisitoren eines großen transnationalen Konzerns.«
    »Und welches Interesse hat dieser große transnationale Konzern an der Forschungsabteilung von Ray Power? Könnte es etwas mit den Resultaten zu tun haben, die wir im Nullpunktlabor erzielt haben? Resultate, die zu schönen kleinen schwarzen Zahlen führen, während alle anderen nur große rote Zahlen vorweisen können.«
    »Wir haben Gerüchte in dieser Richtung gehört«, sagt Weitz, und Vishram schlussfolgert, dass er das Gehirn hinter der ganzen Aktion ist. Arthurs ist der Geldmann, Siggurdson der Baron und Clementi der Vollstrecker.
    »Mehr als nur Gerüchte«, sagt Vishram. »Aber die Nullpunkt-Geschichte steht nicht zum Verkauf.«
    »Ich glaube, Sie haben mich möglicherweise missverstanden«, sagt Siggurdson langsam und gewichtig. »Wir wollen Ihre Firma nicht komplett kaufen. Aber wenn die Resultate, die Sie erzielt haben, in kommerziellem Maßstab reproduzierbar sind, könnte diese Sparte hohe Erträge abwerfen. Wir wären sehr daran interessiert, in diese Sparte zu investieren. Was wir möchten, Mr. Ray, ist Folgendes: Wir möchten einen Anteil an Ihrem Unternehmen kaufen. Es wäre genug Geld, um eine vollmaßstäbliche Demonstration der heißen Nullpunkt-Technologie durchzuführen.«
    »Sie wollen mich nicht aufkaufen?«
    »Mr. Siggurdson sagte Nein«, erwidert Clementi gereizt.
    Siggurdson nickt. Er hat ein Lächeln wie ein Winter in Minnesota.
    »Aha. Ich glaube, ich habe Sie missverstanden. Würden Sie mich für einen Moment entschuldigen, meine Herren? Ich müsste mal das Snanghar aufsuchen.«
    Zwischen der exotischen Holztäfelung auf dem Thron sitzend steckt sich Vishram den Hoek hinter das Ohr und klappt den Palmer auf. Er will gerade Indira anrufen, als die Paranoia zuschlägt. Diese Männer in Anzügen hätten jede Menge Zeit gehabt, die Herrentoilette zu verwanzen. Er ruft eine Mail-Kaih auf, hebt die Hand wie ein Pianist, bereit, in der Luft zu tippen. Vielleicht benutzen sie Bindicams. Oder Bewegungssensoren, die das Spiel seiner Finger entziffern. Sie könnten Nanochips haben, die das Rauschen seines Palmers lesen – oder Sannyasins, die in die letzten Winkel seiner Seele blicken. Vishram Ray lässt sich auf dem Ring aus poliertem Mahagoni nieder und schickt eine Anfrage an Indira ab. Indira-im-Kopf meldet sich innerhalb einer Sekunde zurück, Kopf und Schultern materialisieren über dem Toilettenpapierhalter an der Innenseite der Tür.
    Sie leiert Namen und Verbindungen herunter, die Vishram nur von den Wirtschafts- und Börsenseiten kennt, durch die er sich klickt, um zum Unterhaltungsteil zu gelangen, und die nur dann seine Aufmerksamkeit erregen, wenn er auf unbeabsichtigt komische Firmennamen stößt. Er denkt an die Khaki-Männer mit den schneidigen Schlapphüten und Sturmgewehren. He, Jungs, ihr seid am falschen Ort. Die Tiger sind hier oben.
    Er tippt: HYPOTHETISCH: WARUM KÖNNTEN SIE MEINE FIRMA HABEN

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