Cyberabad: Roman (German Edition)
Rückständigkeit und Isolation es vor Diljit Ranas idiosynkratischer Mixtur aus Hinduismus und Zukunftsvision schützen würde. Aber die Männer redeten im Dhaba, lasen sich die Artikel in den Abendnachrichten vor, in denen es um nationale Armeen und bewaffnete Milizen ging, um Blitzüberfälle, mit denen ein paar bitterarme Dörfer wie Kotkhai für das nationale Territorium erobert und gehalten werden sollten. Jai Bharat! Die jungen Männer gingen zuerst. Parvati hatte gesehen, wie ihr Vater ihnen nachgeschaut hatte, als sie mit dem Landbus abgefahren waren. S. J. Sadurbhai hatte seiner Ehefrau nie verziehen, dass sie ihm nur Töchter geboren hatte. Täglich beneidete er die Mittelklasse, die es sich leisten konnte, das Geschlecht ihrer Kinder auszusuchen. Sie bauten eine starke Nation auf, die nicht so schwach und verweiblicht war wie das alte Indien, das sich zu Tode gezankt hatte. Es war fast wie eine Erleichterung im Hause Sadurbhais, als er bekanntgab, dass er und sein Lehrling Gurpal aus der Autowerkstatt in den Krieg ziehen würden. In einen guten Krieg. In einen männlichen Krieg. Sie fuhren davon, und in ganz Kotkhai gab es nur zwei Gefallene. Diese beiden kamen in einem Laster ums Leben, als sie einen Kaih-Kampfhubschrauber begleiteten, der Freund nicht von Feind unterscheiden konnte. Ein männlicher Krieg, ein männlicher Tod.
Drei Wochen später war eine neue Nation geboren, und der Krieg wurde von Soaps abgelöst. Nur einen Monat nach der Ausrufung des Staates Bharat trafen noch mehr Männer mit noch mehr Kabeln ein, Glasfaserkabeln, die Nachrichten und Gupshups und Soaps übertrugen. Lehrerin Jaitly wetterte gegen Stadt und Land als verdummende Propaganda, die vom Staat verbreitet wurde, um wirkliche politische Debatten zu ersticken, aber Woche um Woche schrumpften ihre Klassen, bis sie schließlich in die Stadt zurückkehrte und vor den Affären der Prekashs und Ranjans kapitulierte. Der neue Versammlungsplatz des Dorfes bildete sich rund um den vom Staat zur Verfügung gestellten Breitbildfernseher. Parvati wuchs im Licht von Stadt und Land zur Frau heran. Daraus lernte sie alle Fähigkeiten, die sie brauchte, um zur perfekten Ehefrau zu werden. Sechs Monate später war Parvati in Varanasi und erhielt dort den letzten gesellschaftlichen Schliff, mit dem sie auf die besten Partys und Durbars gehen konnte. Ein weiteres halbes Jahr später, bei der Hochzeit des Cousins irgendeines Cousins, schnappte sie ein Geflüster von Deepti auf, einer Cousine zweiten Grades, und folgte der Richtung des Geflüsters, quer durch den von Laternen beleuchteten Garten, bis zu jenem dünnen und gelehrtenhaft wirkenden Mann, der versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er sie beobachtete. Sie erinnert sich daran, dass der Baum, unter dem er stand, mit kleinen Vogelkäfigen behangen war, in denen Kerzen brannten. Sie hatte ihn in einem Halo aus Sternen gesehen.
Als weitere sechs Monate vergangen waren, hatten sie alle Vorbereitungen abgeschlossen, die Mitgift war auf dem Grameen-Bankkonto von Parvatis Mutter hinterlegt und ein Taxi bestellt, das Parvatis wenige persönliche Sachen zur neuen Penthouse-Wohnung im Herzen des großen Varanasi bringen sollte. Nur dass diese Sachen wie Waisenkinder in den mit Zedernholz furnierten Schränken aussahen, und es mochte zwar ein Penthouse sein, aber inzwischen zog jeder aus dem schmutzigen, überfüllten, lärmenden Kashi weg und in das sanfte grüne Quartier, und der dünne, gelehrtenhafte, in Sterne gehüllte Mann war einfach nur ein Polizist. Doch auf ein Wort oder einen Wink von ihr waren die Prekashs und Ranjans wieder da, jederzeit abrufbar, und sie waren in Kotkhai genauso glücklich wie in Varanasi, und sie kannten weder Standesdünkel noch Kaste, und ihre Erlebnisse und Skandale waren immer wieder interessant.
Am Donnerstag arbeitet Krishan länger auf dem Dach. Es gibt noch viele Kleinigkeiten, die erledigt werden müssen, die Stromversorgung der Tröpfchenbewässerung, die Verfugung des Pfads aus runden Steinen, die Halterungen der Bambusschirme rund um das Meditationsbecken. Er redet sich ein, dass er nicht eher gehen kann, bis er all diese kleinen Aufgaben abgeschlossen hat, aber in Wirklichkeit ist Krishan neugierig darauf, diesen Mr. Nandha, diesen Krishna Cop wiederzusehen. Er weiß aus den Zeitungen und aus dem Radio, was diese Leute tun, aber er versteht nicht, warum das, was er jagt, eine so gefährliche Bedrohung darstellt. Also arbeitet er, bis die Sonne
Weitere Kostenlose Bücher