Cyberabad: Roman (German Edition)
im Westen hinter den Türmen der Finanzstadt zu einem Globus aus Blut anschwillt. Er zieht Schrauben fest und reinigt Werkzeug, bis er hört, wie unten die Tür geschlossen wird und Parvatis Stimme abwechselnd mit dem tieferen, wortlosen männlichen Brummen erklingt. Das Gespräch wird mit jeder Stufe deutlicher, die er hinabsteigt. Sie bittet ihn, fleht ihn an, verlangt von ihm, dass er mit ihr ausgeht. Sie will irgendwohin gehen, raus aus diesem hoch gelegenen Apartment. Seine Stimme ist müde und tonlos, und Krishan ist klar, das er alles ablehnen wird, was sie vorschlägt. Er stellt seine Tasche ab und wartet an der Tür. Er lauscht gar nicht, redet er sich ein. Die Türen sind dünn, und die Worte haben ihre natürliche Lautstärke. Der Polizist ist jetzt ungeduldig geworden. Seine Stimme wird härter, wie ein Vater, der genug von einem unersättlichen Kind hat. Dann hört Krishan ein wütendes Bellen, einen Stuhl, der scharrend vom Tisch abgerückt wird. Er nimmt seine Tasche und zieht sich über die Haupttreppe zurück. Die Tür fliegt auf, und Mr. Nandha schreitet die Treppe hinunter zur Tür zum Foyer, das Gesicht wie eine Skulptur erstarrt. Er streicht an Krishan vorbei, als wäre er nicht mehr als eine Eidechse an der Wand. Parvati kommt aus der Küche. Sie und Mr. Nandha stehen sich an den entgegengesetzten Enden der Treppe gegenüber. Krishan ist unsichtbar zwischen ihren Stimmen gefangen.
»Dann geh doch!«, ruft sie. »Es ist ja offensichtlich sehr wichtig.«
»Ja«, sagt Mr. Nandha. »Es ist sehr wichtig. Aber ich will dich nicht mit Angelegenheiten der nationalen Sicherheit behelligen.«
Er öffnet die Tür zum Aufzugsvorraum.
»Ich werde allein sein, ich bin ständig allein!« Parvati lehnt sich über das verchromte Geländer, aber die Tür ist geschlossen, und ihr Ehemann ist ohne einen weiteren Blick gegangen. Jetzt sieht sie Krishan.
»Werden Sie auch gehen?«
»Ich sollte.«
»Lassen Sie mich nicht allein. Ich bin hier ständig allein. Ich finde es schrecklich, allein zu sein.«
»Ich glaube, ich sollte wirklich gehen.«
»Ich bin hier ganz allein«, wiederholt Parvati.
»Sie haben Ihr Stadt und Land «, versucht Krishan es.
»Das ist doch nur eine dumme Soap!«, fährt Parvati ihn an. »Ein dummes Fernsehprogramm. Glauben Sie wirklich, ich würde daran glauben? Halten Sie mich für ein Landei, das den Unterschied zwischen einer Fernsehsendung und dem wahren Leben nicht erkennt?« Sie kämpft ihre Wut zurück. Das Training durch die Frauen von Kotkhai macht sich bemerkbar. »Tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen sollen. Es war nicht gegen Sie gerichtet. Das alles hätten Sie gar nicht hören sollen.«
»Nein, mir tut es leid«, sagt Krishan. »Er sollte nicht so mit Ihnen sprechen, als wären Sie ein Kind.«
»Er ist mein Ehemann.«
»Verzeihen Sie, meine Bemerkung war unangemessen. Ich sollte gehen. So ist es am besten.«
»Ja«, flüstert Parvati. Sie steht im Gegenlicht der sinkenden Sonne, die durch die Apartmentfenster hereinstrahlt und ihre Haut golden schimmern lässt. »So wäre es das Beste.«
Das Licht hält den Moment fest wie in Bernstein. Krishan wird übel vor Anspannung. Die Zukünfte balancieren auf einer Nadelspitze. Wenn sie herabstürzen, könnten sie ihn erschlagen, sie erschlagen, sie alle hier in diesem Penthouse-Apartment. Er hebt seine Tasche auf. Doch sein innerer Kitzel reißt ihn mit.
»Morgen«, sagt er und spürt das Zittern tief in seiner Stimme. »Morgen findet ein Cricketspiel im Dr.-Sampurnanand-Stadion statt. England gegen Bharat, das dritte Testspiel. Das letzte, glaube ich. Die Engländer werden ihr Team sehr bald zurückrufen. Würden Sie ... könnten Sie ... möchten Sie mitkommen?«
»Mit Ihnen?«
Krishans Herz schlägt wie Donner, dann wird ihm alles klar. »Nein, natürlich nicht, man könnte Sie sehen ...«
»Aber ich würde mir sehr gern ein Testspiel ansehen, und gegen England erst recht. Ich weiß! Die Ladys aus dem Quartier gehen hin. Wir wären in verschiedenen Bereichen des Stadions, verstehen Sie. Aber wir wären zusammen dort, könnten das Erlebnis teilen. Ein virtuelles Date, wie die Amerikaner sagen würden. Ja, ich werde morgen hingehen und den feinen Ladys zeigen, dass ich keine Ignorantin vom Land bin, was die hohe Kunst des Cricket betrifft.«
Die Sonne ist untergegangen, und Parvatis Haut ist nicht mehr golden, der bernsteinfarbene Schein ist erloschen, aber Krishans Herz leuchtet immer noch nach.
»Dann werden wir
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