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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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es so machen«, sagt er. »Morgen beim Testspiel.« Er nimmt seine Tasche und lässt sich vom Lift hinunter in den ewigen Verkehr bringen.
    Das Dr.-Sampurnanand-Stadion ist eine weiße Betonmulde, die unter einem beigefarbenen Himmel simmert, eine Schüssel voller Hitze und Erwartung, die eine Schale aus frischem, gewässertem, mikroklimatisch kontrolliertem Grün umringt. Varanasi war nie eine der großen Cricket-Städte Indiens gewesen wie zum Beispiel Kolkata oder Chennai oder Hyderabad oder selbst Patna, ihre Nachbarin und frühere Konkurrentin um den Hauptstadttitel. Das Stadion des Doktors war einst kaum mehr als ein holpriger, versengter Streifen aus verdorrtem Gras gewesen, eine Crease, auf der kein Bowler von internationalem Ruf einen Wurf riskieren würde, den kein Schlagmann abwehren würde. Dann kam Bharat, und dieselbe umgestaltende Hand der Ranas, die aus Sarnath eine Zitadelle der gewagten Architektur und Hochtechnologie machte, verwandelte den Sportplatz der alten Sanskrit University in eine Arena mit hunderttausend Plätzen. Es ist ein klassischer staatlicher weißer Elefant, es war nie mehr als zur Hälfte gefüllt, nicht einmal zum dritten Test von 2038, als Bharat ein angeschlagenes australisches Team fertigmachte und die Serie gewann, zum ersten und einzigen Mal. Heute sperrt die Klimasenke eine Linse aus kühler Luft ein, während es in der Umgebung vierzig Grad heiß ist, aber die weißen Männer auf dem Feld brauchen trotzdem die Platikbeutel mit Wasser, die auf den Pitch geworfen werden. Bharat steht bei 55 für 3, es ist noch eine Stunde bis zur Mittagspause, und hoch über dem Stadion jagen sich gegenseitig die Flugzeuge von Awadh und Bharat. Im Moment ist das Geschehen in der Stratosphäre interessanter als das auf dem Grün, zumindest für die Cricket-Ladys im Schatten der Überdachung von Block 17. Der Block gehört Mrs. Sharmas Ehemann, ein Bauunternehmer aus Sarnath, der es zur Steuervergünstigung gekauft hat, um sich Freunden, Klienten und Geschäftspartnern gegenüber gastfreundlich zeigen zu können. Während der Saison ist es ein beliebter Treffpunkt für die Damen der Gesellschaft. Sie ergeben einen hübschen Farbklecks, wie ein unerwarteter Blumenkasten in der Fassade eines Mietshauses. Sie blinzeln durch ihre westlichen Marken-Sonnenbrillen hinauf zu den verschraubten Spuren der Kondensstreifen. Alles ist anders, seit Bharats mutige Jawans in der Nacht von Allahabab mit ihrem kühnen Vorstoß begannen und den Kunda-Khadar-Damm eroberten. Mrs. Thakkur ist der Meinung, dass sie einen Awadhi-Angriff auskundschaften.
    »Gegen Varanasi?« Mrs. Sharma ist empört. Mrs. Chopra glaubt, dass das typisch für Awadh wäre, eine rachsüchtige, feige Nation. Die Jawans konnten Kunda Khadar so leicht besetzen, weil die Truppen von Awadh bereits gegen die Hauptstadt vorrücken. Mrs. Sood fragt sich, ob sie Seuchen ausbreiten. »Ihr wisst schon, wie man Nutzpflanzen besprüht.« Ihr Ehemann ist im mittleren Management einer großen Biotech-Firma, die Flugzeuge mietet, um Monokulturen in der Größe ganzer Distrikte zu bestäuben. Die Ladys hoffen, dass das Gesundheitsministerium früh genug eine Warnung ausgibt, damit sie in ihre Sommerbungalows in den Hügeln umziehen können, bevor der Ansturm erfolgt.
    »Ich würde erwarten, dass die wichtigeren Elemente der Gesellschaft zuerst informiert werden«, sagt Mrs. Laxman. Ihr Ehemann ist ein höherer Beamter. Aber Mrs. Chopra hat ein anderes Gerücht gehört, dass der idiotische Eisberg der Banglas nun tatsächlich Wirkung zeigt und dass die Winde sich drehen und schließlich den Monsun bringen werden. Als sie an diesem Vormittag auf der Veranda ihren Tee genommen hat, war sie sich sicher, ganz sicher, eine Schattenline am südöstlichen Horizont gesehen zu haben.
    »Nun gut, dann wird niemand irgendwen erobern müssen«, erklärt Mrs. Laxman, aber die Begum Khan, die mit dem Privatsekretär von Sajida Rana verheiratet ist und immer das Neueste aus der Bharat Sabha erfährt, hat dafür nur Verachtung übrig.
    »Im Gegenteil, das wird einen Krieg umso wahrscheinlicher machen. Selbst wenn der Monsun morgen käme, würde es eine Woche dauern, bis der Wasserstand des Ganges ansteigt. Glaubt ihr wirklich, die Awadhis würden uns auch nur einen kleinen Teil davon abgeben? Sie sind genauso durstig wie wir. Nein, ich sage euch: Betet, dass es nicht regnet, denn sobald der erste Tropfen fällt, wird Delhi seinen Damm wiederhaben wollen. Das alles hängt

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