Cyberabad: Roman (German Edition)
Sajida Ranas Atem zittern. »Gott sei Dank sind Sie es. Ich dachte schon, unser Land wäre angegriffen worden.«
Shaheen Badoor Khan stellte sich die Frau in ihrem Bett vor. Es musste weiß sein, groß und weiß. Das Licht wäre ein kleiner, seichter Teich um eine Lampe. Sie würde sich über einen Nachtschrank beugen. Ihr Haar wäre offen, und es würde ihr dunkel über das Gesicht fallen. Er versuchte sich vorzustellen, was sie im Bett trug. Du hast deine Regierung verraten, deine Nation, deinen Glauben, deine Ehe, deine Würde, und du überlegst dir, ob deine Premierministerin nackt schläft? Narendra wäre an ihrer Seite, zu einem weißen Zylinder zusammengerollt, der sich herumdreht. Schlaf weiter, Staatsangelegenheiten. Es war allgemein bekannt, dass sie immer noch zusammen schliefen. Sajida Rana war eine lustbetonte Frau, aber sie hatte auf ihrem Familiennamen beharrt.
»Premierministerin, ich muss mit sofortiger Wirkung meinen Rücktritt einreichen.«
Ich hätte die Trennwand hochkurbeln sollen, dachte Shaheen Badoor Khan. Es hätte eine Glasscheibe zwischen mir und Gohil sein sollen. Aber wozu die Mühe? Am Morgen wird er alles sehen können. Jeder wird alles sehen können. Wenigstens hat er dann eine gute Geschichte zu erzählen, durchsetzt von Tratsch und Mitgehörtem.
»Shah, was ist das für ein Blödsinn?«
Shaheen Badoor Khan wiederholte sich wortwörtlich und fügte dann hinzu: »Premierministerin, ich habe mich in eine Position gebracht, die eine Gefährdung der Regierung darstellt.«
Ein leiser Seufzer wie eine entschwindende Seele. Ein müder, erschöpfter Seufzer. Ein Rascheln von feinem, frischem, sauber riechendem weißem Leinen.
»Ich glaube, Sie sollten herkommen.«
»Ich bin schon unterwegs, Premierministerin«, sagte Shaheen Badoor Khan, aber sie hatte die Verbindung bereits unterbrochen, und er hörte nur noch das cyberstatische Zenrauschen in der Abgeschiedenheit seines Schädels.
Sajida Rana steht an der weißen Balustrade, die Hände fest um das Geländer geschlossen.
»Wie detailliert sind die Aufnahmen?«
»Mein Gesicht ist deutlich erkennbar. Niemand wird daran zweifeln, dass ich es bin. Premierministerin, man hat mich fotografiert, wie ich dem Neut Geld gebe.«
Sie bleckt die Zähne, schüttelt den Kopf, zündet sich eine weitere Zigarette an. Shaheen Badoor Khan hat sich niemals vorgestellt, dass sie rauchen könnte. Ein weiteres Geheimnis seiner Premierministerin, ähnlich wie ihr loses Mundwerk. Das muss der Grund sein, warum sie ihn mit nach draußen genommen hat, um den Rauch aus dem Rana Bhavan fernzuhalten. Erstaunlich, wie viele Details ihm auffallen.
»Ein Neut.«
Jetzt beginnt das innere Absterben. In dieser einen Silbe liegt all ihre Abscheu und Verständnislosigkeit, all ihre Enttäuschung und Wut.
»Sie sind ... ein Gender ...«
»Ich weiß, was sie sind. Dieser Club ...«
Ein weiterer Brocken wird ihm aus dem Körper gerissen. Der Schmerz ist grausam, verflüchtigt sich aber schon im nächsten Moment. Es ist eine große Erleichterung, ausnahmsweise die Wahrheit sagen zu können.
»Dorthin gehen Leute, die Neuts treffen wollen. Leute, für die Neuts sexuell attraktiv sind.«
Rauch steigt senkrecht von Sajida Ranas Zigarette auf, bevor er sich in träge Zickzackschwaden auflöst. Die Luft ist wunderbar still. Selbst das ewige Dröhnen der Stadt ist gedämpft.
»Verraten Sie mir eins. Was haben Sie gedacht, was Sie mit ihnen tun könnten?«
Es ging nie darum, etwas zu tun, möchte Shaheen Badoor Khan erklären. Das ist etwas, das du nie verstehen wirst, wenn du aus deinem warmen, weichen Bett kommst und immer noch den Geruch deines Ehemannes an dir hast. Das ist etwas, das die Neuts immer verstanden haben. Es geht nicht ums Tun. Es geht ums Sein. Deshalb gehen wir dorthin, in diesen Club, um zu sehen, um im Kreis der Wesen aus unseren Phantasien zu sein, Wesen, nach denen wir uns schon immer gesehnt haben, aber zu denen wir selbst nie werden, weil wir nicht den Mut dazu haben. Für dieses kurze stechende Brennen der Schönheit.
Doch Sajida Rana gibt ihm gar nicht die Gelegenheit, all das zu sagen. »Ich muss gar nicht mehr wissen. Es besteht natürlich keine Hoffnung, dass Sie ein Mitarbeiter der Regierung bleiben.«
»Das habe ich keinen Augenblick lang erwartet, Premierministerin. Ich wurde in eine Falle gelockt.«
»Das ist keine Entschuldigung. Im Gegenteil, dadurch wird es sogar noch ... Was haben Sie sich dabei gedacht? Nein, antworten Sie
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