Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
Vom Netzwerk:
und nippte daran. In den Käfigen, die von den Balken des offenen Holzbalkons hingen, krächzten Mainas und kommentierten den aufziehenden roten Morgen. Er legte den Kopf zurück, als der Nepali zu wirken begann.
    »Ein Sundarban überfallen.« Anand spitzte die Lippen und wippte mit dem Kopf, in der Art und Weise, wie aufstrebende Datenrajas sich beeindruckt zeigten. »Mein erster Rat lautet: Wenn du irgendwie damit durchkommen kannst, es nicht zu tun, dann tu es nicht.«
    »Und dein zweiter Rat?«
    »Beobachten, beobachten, beobachten. Ich kann dir was ranzüchten, das dich für die gewöhnlichen Überwachungs-Kaihs wahrscheinlich unsichtbar macht – nur wenige von ihnen erreichen mehr als Stufe eins, aber sie sind nicht gerade Industrie-Standard. Bis ich weiß, mit wem du es zu tun hast, ist alles nur Vermutung.« Anand blies die Wangen auf: Verblüffung bei einem aufstrebenden Datenraja.
    »Wir sind gerade dabei.«
    Yogendra müsste inzwischen fast da sein. Der Parkplatz vor dem Hotel war reserviert, eine Vereinbarung mit dem Portier. Er würde jetzt das Fenster herunterfahren, nach dem Stinger auf dem Beifahrersitz greifen. Keine Waffen. Shiv hasste Waffen. Du hast nur einen Versuch,Junge, mach es richtig.
    Shiv lehnte sich auf dem niedrigen bestickten Diwan zurück. Der Kaffee blubberte auf dem Dreifuß über der Kohlenpfanne. Anand goss zwei frische Tassen ein. Er sieht vielleicht wie ein Lavda aus, aber er macht seine Sache gut, dachte Shiv.
    »Meine nächste Frage?«
    »Wie sehr glaubst du an Verschwörungstheorien?«
    »Ich halte grundsätzlich nicht viel von Theorien.«
    »Jeder hat eine Theorie, mein Freund. Theorie ist die Grundlage von allem. Der Bruder der Frau meines Vetters macht Datenverarbeitung für die ESA, und da gibt es folgendes Gerücht. Kannst du dich daran erinnern, dass die Amerikaner und Russen und Chinesen und Europäer vor einiger Zeit bekanntgaben, dass sie eine unbemannte Mission nach Tierra schicken wollten?«
    Shiv schüttelte den Kopf. Nach der zweiten Tasse schien sich Anands Stimme in einem Schwall von Geschichten auszubreiten, als würde seine Mutter ihm eine Heldengeschichte von Rama und dem verwegenen Hanuman erzählen.
    »Der erste EXP ? Erdähnlicher extrasolarer Planet? Nein? Wie auch immer, sie fanden diesen Planeten Tierra, und es gab ein großes Trara auf den Nachrichtenkanälen, man sei dabei, eine Sonde zu bauen, die hinfliegen sollte. Und jetzt kommt die Verschwörung: Es gibt gar keine Tierra-Mission. Hat es nie gegeben. Alles ist nur ein Vorwand für das, was sie wirklich da oben treiben. Das Gerücht besagt, dass sie etwas entdeckt haben. Etwas, das Gott nicht geschaffen hat und das auch nicht von uns stammt. Eine Art Objekt, und es ist alt. Verdammt alt. Ich meine, nicht nur Millionen, sondern Milliarden Jahre alt. Kannst du dir das vorstellen? Arahbs von Jahren. Brahma-Zeitalter. Sie haben eine Menge Schiss bekommen – so viel Schiss, dass sie bereit sind, ihre Sicherheit aufs Spiel zu setzen und zu den Einzigen zu gehen, die richtig mit Quanten-Kryptologie zurechtkommen. Zu uns.« Er stieß den Daumen auf seine Brust.
    Der Amerikaner dürfte jetzt rauskommen, dachte Shiv, mit dem süßen Rauch im Luftwürfel schweben, der den Hof erfüllt, weg von den leeren Worten der Straße, wo die Frauen arbeiteten und der große Mietwagen mit der Nadel wartete. Er wird aus der Tür kommen, blass und blinzelnd und gleichgültig. Er wird nicht einmal nach dem Auto schauen. Er wird an Kaffee und Donut, Kaffee und Donut, Kaffee und Donut denken. Es ist die Gewohnheit, die uns tötet. Shiv hörte das Fauchen des Stingers. Er sah die Knie des dicken Mannes einknicken, als die Chemikalien seine motorischen Neuronen überlasteten. Er sah Yogendra, der ihn nach hinten ins Auto verfrachtete. Er lächelte über das magere Straßenkind, das versuchte, den großen Mann durch die Heckklappe zu wuchten.
    Shiv saß auf dem weichen Kissen, die Hände auf die Knie gelegt. Die frühen Wolkenstreifen verbrannten, der Himmel wurde blau. Ein weiterer knochentrockener Tag. Von fern konnte er ein Radio hören. Der Ansager schien von etwas sehr begeistert zu sein. Laute Stimmen, Debatten, eine Tonlage, die abstritt. Er legte den Kopf zurück und sah dem Dampf des Kaffees zu, der sich nach oben kräuselte, bis er ihn durch ein Blinzeln mit den Kondensstreifen eines Jets verschmelzen konnte. Der Nepali Temple Ball sagte: Glaube. Glaube, dass nichts feststeht, dass alles glaubwürdig ist. Es ist ein

Weitere Kostenlose Bücher