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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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Menschen nur tun, wenn ihr Hass ein größeres Ziel gefunden hat. Shaheen Badoor Khan weiß, wohin sie mit den Fackeln in den Händen unterwegs sind. Die Nachricht ist an die Öffentlichkeit gelangt. Er hat gehofft, dass es etwas länger dauert.
    Shaheen Badoor Khan blickt sich um. Die Straße ist immer noch frei.
    »Bringen Sie mich von hier weg.«
    Gohil gehorcht ohne Nachfrage. Der große Wagen setzt zurück, wendet und hupt wütend den Verkehr an, als er über den Betonmittelstreifen fährt und knirschend auf die andere Straßenseite wechselt. Bevor Shaheen Badoor Khan das Fenster verdunkelt, erkennt er im Osten eine Rauchwolke am Himmel, ölig wie brennendes Fett von einem Scheiterhaufen vor der gelben Morgendämmerung.

28 Thal
    Das Phatphat hat kein Ziel, es fährt einfach nur. Thal hat dem Taxifahrer einen Strauß Rupien zugeworfen und genau das gesagt: einfach nur fahren.
    Ys muss verschwinden. Den Job aufgeben, die Wohnung, alles, was ys sich in Varanasi aufgebaut hat. Irgendwohin gehen, wo niemand sys Namen kennt. Mumbai. Zurück zu Mum. Zu nahe. Zu zickig. In den tiefen Süden. Bangalore, Chennai. Dort gibt es große Medienindustrien. Ein guter Designer findet dort immer Arbeit. Aber selbst Chennai ist vielleicht nicht weit genug weg. Wenn ys sys Namen ändern könnte, noch einmal sys Gesicht ... Ys könnte sich über Patna absetzen, nach einer weiteren Behandlung durch Nanak. Setz es auf die Rechnung. Falls ys bei Nanak noch kreditwürdig ist. Ys müsste sich bald einen neuen Job besorgen. Ja, das ist es. Alles zusammenpacken, dann zum Bahnhof und nach Patna fahren, sich eine neue Identität zulegen.
    Thal tippt dem Fahrer auf die Schulter. »Zum White Fort.«
    »Da fahre ich nachts nicht hin.«
    »Ich zahle Ihnen den doppelten Preis.«
    Ys hätte das Geld annehmen sollen. Das Bargeld in sys Handtasche versickert wie Wasser in trockenem Sand. Die Karten, die noch nicht am Limit sind, stehen kurz davor. Eine Crore Rupien, unauffindbar, unaufhaltsam, eine Abhebung, damit könnte ys überall hinkommen. An jeden Ort des Planeten. Aber das würde bedeuten, dass ys sys Rolle annimmt. Wer hat geschrieben, dass ys bestraft werden muss? Was hat ys getan, um diese globale Schmach ertragen zu müssen? Thal betrachtet sys kleines Leben, dröselt die furchtbaren Schwachstellen auf, die ys in eine gedankenlose politische Waffe verwandelt haben. Fremd, allein, isoliert, neu. Man hat ys von dem Moment an beobachtet, als ys aus dem Shatabdi gestiegen ist. Tranh, die Nacht des lodernden Rausches im Flughafenhotel – der beste Sex, den ys je hatte –, die Tempelparty, die cremefarbene Einladung mit Goldrand, die ys wie ein Kultobjekt im Büro herumgezeigt hat ... Jeder einzelne der Chota Pegs, die durch sys goldene Kehle rannen ... Man hat mit ys gespielt wie mit einer Bansuri.
    Thal bemerkt, dass ys die Hände zu wütenden Fäusten geballt hat. Ys staunt über die Hitze sys Zorns. Es wäre sicher, vernünftig und weise, wenn das Neut die Flucht ergreifen würde. Aber ys will mehr wissen. Ys möchte einen klaren Blick auf das Gesicht werfen, das ys all dies angetan hat.
    »So, mein Freund, weiter geht es nicht.« Der Fahrer hebt sein Radio. »Diese Shivaji-Wahnsinnigen sind unterwegs. Sie sind aus dem Sarkhand Roundabout ausgebrochen.«
    »Sie lassen mich hier mit diesen Leuten allein?«, brüllt Thal dem zurückfahrenden Phatphat nach. Ys hört den Zorn der Hindutva, der rhythmisch in den Straßenschluchten widerhallt. Die Straßen selbst sind auf den Beinen, alle Geschäfte, Stände, Kioske und Dhabas. Ein Pick-up wirft Bündel mit Morgenzeitungen auf den Betonmittelstreifen. Die Zeitungsjungen stürzen sich wie schwarze Milane darauf. Thal schlägt den Kragen hoch, um sys verräterische Gesichtszüge zu verbergen. Sys rasierter Schädel fühlt sich schrecklich verletzlich an, wie ein zerbrechliches braunes Ei. Zwei Wege in die Sicherheit. Ys kann die mit Satellitenschüsseln gespickten Mauern des White Fort hinter den Wassertanks und Sonnenkollektoren auf den Dächern erkennen. Thal schiebt sich an der Fahrzeugschlange vorbei, den Kopf gesenkt, einem Blickkontakt mit den Ladenbesitzern ausweichend, die die Rollläden hochziehen, den Nachtarbeitern, die von ihrer Schicht in der US-Westküstenzeitzone zurückkehren. Eher früher als später wird jemand sehen, wer ys ist. Ys blickt auf die Zeitungsbündel. Erste Seite, Hauptschlagzeile, Farbbild.
    Hinter ys bewegt sich der Lärm des Mobs, von links nach rechts und dann

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