Cyberabad: Roman (German Edition)
Premierminister Ashok Rana auf dem Weg von der Treppe bis zum Wagen. Mit dicken Reifen rast er über das nasse Flug vorfeld davon. Ein Anruf ist in der Warteschleife. N. K. Jivanjee. Schon wieder. Er sieht gar nicht so aus, wie man es vom Innenminister einer Regierung der Nationalen Rettung erwarten würde. Er hat unerwartete Neuigkeiten.
Wenn sie in dieser Menge seine Hand loslässt, ist sie verloren.
Die bewaffneten Polizisten versuchen das Flussufer zu räumen. Die Ansagen über Megafone und Lastwagenlautsprecher fordern die Menge auf, sich zu zerstreuen. Die Menschen sollen wieder nach Hause oder zu ihrer Arbeit gehen. Die Ordnung wurde wiederhergestellt, ihnen droht keine Gefahr, überhaupt keine Gefahr. Einige, die von der allgemeinen Panik mitgerissen wurden, die eigentlich gar nicht die Stadt verlassen wollten, kehren um. Einige misstrauen der Polizei oder den Nachbarn oder den widersprüchlichen Bekanntmachungen der Regierung. Einige wissen nicht, was sie tun sollen, sie laufen hierhin, dorthin, nirgendwohin. Zwischen den drei Gruppen und den Armee-Hummers, die sich durch die schmalen Galis rund um den Vishwanath-Tempel zwängen, sind die Straßen völlig verstopft.
Lisa Durnau hat die Finger fest um Thomas Lulls linke Hand geschlossen. In der rechten hält er die Lade wie eine Laterne in einer dunklen Nacht. Ein letzter Rest in ihr, der sich für Regierungen und ihre Strategien verantwortlich fühlt, macht sich Sorgen wegen der eingebauten Selbstvernichtungssequenz für den Fall, dass die Lade einsam zurückgelassen wird. Aber sie glaubt nicht, dass Lull sie lange brauchen wird. Was auch immer hier geschehen soll, wird bald ein Ende finden.
Nandha. Der Krishna Cop. Der lizensierte Terminator der ungenehmigten Kaihs. Das körnige Tabernakel-Bild hat sich in ihr Vorderhirn eingebrannt. Es hat keinen Sinn, sich zu fragen, wie ein Krishna Cop in eine Maschine gelangen konnte, die älter ist als das Sonnensystem. Das Gleiche gilt für sie und die anderen. Aber in einem Punkt ist sie sich ganz sicher: Dies ist der Ort und die Zeit, wo alle diese Bilder entstanden sind.
Thomas Lull bleibt abrupt stehen, mit enttäuschter Miene, während er die Menge mit der Lade scannt und nach einer Übereinstimmung mit dem Bild auf dem Flüssigkristallbildschirm sucht.
»Der Wasserturm!«, ruft er und zerrt Lisa Durnau mit sich. Die großen rosafarbenen Betonzylinder ragen am Ufer alle paar hundert Meter von den Ghats auf, und jeder ist durch rosa lackierte Gerüste mit den obersten Stufen verbunden. Lisa Durnau kann kein Gesicht in der Masse der Flüchtlinge und Gläubigen erkennen, die sich rund um die Basis des Wasserturms drängen. Dann kommt der Senkrechtstarter über die Ghats herangeflogen, so tief, dass sich alle Leute instinktiv ducken. Alle, wie Lisa bemerkt, bis auf eine einsame Gestalt in Grau hoch oben auf dem Laufsteg rund um den Wasserturm.
Jetzt hat er sie. Er ist über seinen Hoek mit dem Gyana-Chakshu-System verbunden, und durch die Extrapolationen und Simulationen und Vektorierungen und Vorhersagen kann er die Kaih wie ein sich bewegendes Licht sehen, das durch Menschen, Verkehr und Gebäude scheint. Aus fünf Kilometern Höhe und Entfernung beobachtet er, wie sie sich durch das Labyrinth aus Straßen und Gassen hinter dem Flussufer bewegt. Mit seinen privilegierten Einsichten kann Mr. Nandha der Pilotin Richtungsanweisungen geben. Sie fliegt mit dem Senkrechtstarter in einem weiten Bogen heran, und Mr. Nandha blickt hinunter auf die Flutwelle der Menschen, die sich in den Straßen sammeln, und sie ist ein strahlender Stern. Er und die Kaih sind die einzigen beiden materiellen Lebewesen in dieser Stadt der Geister. Oder, überlegt Mr. Nandha, ist vielleicht genau das Gegenteil zutreffend?
Er befielt der Pilotin, sie über den Fluss heranzubringen. Mr. Nandha ruft seine Avatare herbei. Sie kochen in seinem Sichtfeld hoch wie Gewitterwolken, umzingeln die fliehende Kaih von allen Seiten, ein Belagerungsring von Göttern, die Waffen und Attribute erhoben, an den Wolken kratzend, während das Wasser Gangas ihre Vahanas umwirbelt. Eine unsichtbare Welt, die nur von den wahren Gläubigen gesehen werden kann ... Der fliehende Lichtklecks hält an. Mr. Nandha befielt Ganesha, dem Eröffner, die Überwachungskameras der Umgebung abzusuchen, bis die Mustererkennung die Exkommunikantin auf dem Wasserturm des Dasashvamedha Ghat ausfindig gemacht hat. Sie steht mit den Händen am Geländer und starrt über den
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