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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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aus dem Spiel in grellen Farben vor seinem geistigen Auge auf.
    Wie einst, als er mit dem Glücksspiel aufgehört hatte, so entschloss er sich jetzt, mit den Videospielen aufzuhören. Er fasste die Maschine nie wieder an. Leider betraf seine Entscheidung zu jener Zeit jedoch nur Street Fighter, nicht aber seine wachsende Neigung zu Alkohol und Drogen.
    Sein Bruch mit den Videospielen bedeutete auch nicht, dass Computer ihn nicht mehr fasziniert hätten. Er mochte sie, seit er in Sri Lanka als Neunjähriger zum ersten Mal mit einem gespielt hatte. Aus Geldmangel hatte er nie regelmäßigen Zugang zu Rechnern gehabt, aber dieses Problem hatte er mit wenig mehr als zwanzig Jahren gelöst: Er bekam an der Londoner Westminster University einen Studienplatz in Informatik.
    Wenig später war Renu auf Warez gestoßen, geraubte Softwareprogramme, deren Sicherheitsmechanismen man geknackt hatte. Sie wurden unter den Anhängern, die man allgemein The Scene nannte, freigebig verteilt.
    Es war eine Welt, in der er allein und gleichzeitig mit Freunden zusammen sein konnte.

10 Spieltheorie
    Eislingen, Baden-Württemberg, 2001
    Während Renu sich zum ersten Mal in der Szene umtat, stieß 800 Kilometer weiter, in Süddeutschland, ein anderer junger Computernutzer auf dieselbe rätselhafte Gemeinschaft.
    Der 15-jährige Matrix 001 hatte sich verliebt. Allerdings nicht in ein Mädchen. Matrix war berauscht von Computerspielen. Anfangs waren sie nur ein Aspekt im Leben eines ganz normalen, ausgeglichenen Jugendlichen; in seiner Freizeit standen sie in Konkurrenz zu Sport und dem Schulorchester, wo er Klarinette spielte. Er hatte nichts übermäßig Auffälliges an sich. Seine heimliche Versessenheit auf die Spiele ließ sich leicht verbergen. Niemand wusste davon – seine Freunde nicht, seine Eltern nicht, seine Geschwister nicht; die einzige Ausnahme war vielleicht sein jüngerer Bruder.
    Er liebte die Computerspiele nicht nur, sondern beherrschte sie auch in der Praxis gut. Als sein Abitur näher rückte, erstreckten sich die Sitzungen am Computer bereits bis tief in die Nacht. Mit den neuesten Spielen auf dem Laufenden zu sein, erwies sich als teure Angelegenheit, vor allem wenn es (wie bei Matrix und seinen Spielerkollegen) eine besondere Ehre war, zu verkünden, man habe ein gerade erst erschienenes Spiel gespielt und sei Sieger geblieben.
    Im Jahr 2000 strömte eine Fülle neuer Spiele mit atemraubender Grafik auf den Markt. Die Pokemon-Welle rollte breit und schnell heran, und auf der eher extremen Seite war WWF Smackdown 2: Know Your Role ein großer Hit, ebenso Grand Theft Auto; in beiden enthielt die Handlung gewalttätige und pornografische Aspekte. Matrix war stets erpicht darauf, die neuesten Spiele in die Hände zu bekommen, aber er konnte sich schlicht nicht alle leisten.
    Was die Computerspiele anging, glich sein Leben dem von Renu. Ansonsten hatten die beiden nichts gemein.
    Entschlossen, seine Leidenschaft zu befriedigen, entdeckte Matrix im Internet eine Community namens fXP Scene. Dieses Phänomen bedeutete nicht nur für Matrix’ Leben einen Einschnitt, sondern auch für die sich schnell wandelnden Parameter der Internetkultur.
    In den zwei Jahrzehnten seit Einführung der Personal Computer war ihre Nutzung unter Entwicklern, Propheten und den besonders engagierten Nutzern zum Gegenstand einer leidenschaftlichen, aber auch abgehobenen Diskussion über ihre Rolle in der Gesellschaft geworden. Viele kriminelle Aktivitäten im Web erwuchsen aus einer entscheidenden Zweiteilung in der philosophischen Diskussion, die durch das Internet losgetreten wurde.
    Mit einfachen Worten kann man die Debatte so beschreiben: Die Vertreter der einen Seite halten die kommerzielle Funktion des Internets für entscheidend, für die anderen ist es in erster Linie ein gesellschaftliches und intellektuelles Hilfsmittel, das mit seinem ganzen Wesen den grundlegenden Moralkodex der Massenkommunikation verändert. Für die erste Gruppe ist jedes Kopieren von Computer-»Code« (ein Kurzbegriff für die Computersprache, in der Softwareprogramme geschrieben werden), das nicht ausdrücklich gestattet wurde, eine kriminelle Handlung. Die Anhänger der zweiten Meinung sind überzeugt, dass man mit der Freigabe von Software auch das Urheberrecht aufgibt.
    Der Kern der Diskussion wurde schon im Februar 1976 offenkundig: Damals wandte sich Bill Gates in einem offenen Brief an die »Hobbyisten«, eine unausgegorene Versammlung von Computernutzern,

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