CyberCrime
warum er Chinesisch lernte. »Wenn China sich für die Außenwelt öffnet, werden wir in der Abteilung für organisiertes Verbrechen bald Leute brauchen, die Mandarin sprechen«, erwiderte er. Diese Antwort sprach für ihn, und er bekam die Stelle.
In der türkischen Hauptstadt schrieb der junge Polizist sich für einen Master-Studiengang an der Universität ein, den er wiederum auf eigene Faust und in seiner Freizeit in Angriff nahm. Er wählt sich ein Thema, das in der Türkei unbekannt und nicht erforscht war: »Chancen und Risiken der E-Verwaltung«. Darin untersuchte er die Zusammenhänge zwischen Privatsphäre, Bürgerrechten und Cyberkriminalität.
Von nun an beobachtete Bilal Şen die Zunahme der Internetkriminalität in seinem Land. Als einer von wenigen türkischen Polizisten besaß er die notwendige Qualifikation – die einzigen anderen staatlichen Organe, die bereits über die strategische Bedeutung der Cybersicherheit Bescheid wussten, waren die militärischen und zivilen Geheimdienste, aber die stellten natürlich weder ihre Fähigkeiten noch ihre Motive zur Schau.
Zusammen mit einem Kollegen machte Bilal sich an die Herkulesaufgabe, das schwerfällige Innenministerium dazu zu bewegen, dass es einen Teil seiner kostbaren Mittel in den Aufbau einer Einheit zur Bekämpfung von Cyberkriminalität steckte. Dazu waren drei Jahre der Bettelei, Schmeichelei und politischen Winkelzüge erforderlich. Glücklicherweise beherrschte sein Mitstreiter die osmanische Kunst, bei den richtigen Bürokraten im Innenministerium den richtigen Ton anzuschlagen.
Wie alle Einheiten zur Bekämpfung von Cyberkriminalität, die nun bei den Polizeikräften auf der ganzen Welt eingerichtet wurden, so konnte auch die neue türkische Abteilung sich die Tatsache zunutze machen, dass außer ihr praktisch niemand im Ministerium über die Schattenseiten der Computer Bescheid wusste. Nachdem die beiden Männer einmal grünes Licht bekommen hatten, waren sie auf eine seltsame Weise von äußeren Eingriffen befreit: Niemand anderes hatte eine Ahnung, was sie taten, und für den Etat stellten sie kaum eine Belastung dar.
Während die eigene Regierung des Inspektors seine Arbeit also kaum wahrnahm, waren seine Kollegen auf der anderen Seite des Atlantiks sehr schnell auf seine Leistungen aufmerksam geworden. Im Sommer 2007, während die Polizei in Deutschland und Großbritannien die DarkMarket-Administratoren Matrix 001 und JiLsi festnahm, hatte das türkische Team zur Bekämpfung von Cyberkriminalität den berüchtigten Cyberkriminellen Maksik hinter Gitter gebracht. Maksim Jastremski aus der Stadt Charkow im Norden der Ukraine, einer der wichtigsten Mitspieler auf DarkMarket (er hatte unter anderem den französischen Hacker Lord Kaisersose in Marseille mit »Dumps« beliefert), hatte angenommen, er sei in der Türkei sicher – dort hatte man nicht nur noch nie einen Cyberkriminellen festgenommen, sondern die Beziehungen zwischen der Ukraine und der Türkei waren insbesondere in der Unterwelt noch nie herzlicher gewesen.
Die Ukrainer liebten das Land auch wegen seiner großartigen Küste – die schönen Strände von Antalya waren zu angesagten Urlaubsorten für Cyberdiebe aus beiden Staaten geworden.
Der US -amerikanische Secret Service war schon seit zwei Jahren hinter Maksik her. Im Jahr 2006 war es gelungen, die Geheimnisse seines Laptops zu stehlen, und dann hatte man Treffen mit einem verdeckten Ermittler des Secret Service in Thailand, Dubai und der Türkei anberaumt. In der Vergangenheit hatte sich die Zusammenarbeit mit der türkischen Polizei als schwierig oder regelrecht unmöglich erwiesen. Mit der Festnahme Maksiks, der sich gerade in der sengenden Sonne von Antalya räkelte, hatte die türkische Polizei signalisiert, dass sie in Sachen Cyberkriminalität kooperieren wollte und auch über das notwendige Know-how verfügte.
Aber auch wenn die JiLsis und Matrixes dieser Welt sich nicht mehr auf den Foren von DarkMarket herumtrieben, war der Rest der Mannschaft nach wie vor aktiv – DarkMarket erlebte sogar wieder einmal eine Welle der kriminellen Aktivität. Ironischerweise lag der Schlüssel zu dieser Wiederbelebung in der Festnahme eines anderen Cyberkriminellen: Iceman.
Im September 2007 hatten US -amerikanische Polizisten Max Vision endlich in seinem versteckten Apartment in der Innenstadt von San Francisco ausfindig gemacht. CardersMarket war mit Icemans Abgang zerfallen; während mazafaka nach wie vor die
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