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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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auf den Modus umstellte,
    beschleunigten sie allmählich, bis die schillernden Hauben-federn massive Farbbögen wurden.
    Die LED-Sekunden- anzeige auf der Plastikuhr an der Wand wurde zu sinnlos pulsierenden
    Gittern, und Molly und der Knabe mit dem Mao-Gesicht wurden verschwommen, wobei ihre
    Arme gelegentlich insektenhaft in schematischen Gesten zuckten. Und dann verblaßte alles zu kaltem, statischem Grau und einem endlosen Lautgedicht in künstlicher Sprache.
    Da hockte ich und leierte drei Stunden das geklaute Programm des toten Ralfi herunter.
    Der schattige Promenadenweg zieht sich über vierzig Kilometer von einem Ende zum ändern.
    Verschachtelte Füller-Kuppeln überdachen die einstige Vorstadtstraße. Werden an einem klaren Tag die Lichtbögen abgeschaltet, dann dringt trübes Tageslicht durch den Graufilter des
    vielschichtigen Acryls, was insgesamt an die Kerker von Piranesi erinnert. Die drei südlichen Kilometer überspannen Nighttown. Nighttown zahlt keine Steuern, keine Abgaben. Das
    Neonlicht ist tot, und die geodätischen Kuppeln sind im Laufe der Jahrzehnte durch die
    Kochstellen verrußt. Wem fallen in der fast völligen Dunkelheit des Nighttown-Mittags schon ein paar Dutzend wilder Kinder auf, die durch die Speicher irren? Wir stiegen seit zwei Stunden über Betontreppen und Stahlleitern mit perforierten Trittflächen an verlassenen Gerüsten und staubbedecktem Werkzeug vorbei. Losmarschiert waren wir von einem zweckentfremdeten
    Werkstatthof, der vollgeschlichtet war mit dreieckigen Dachsegmenten. Alles dort war überzogen mit der einheitlichen Graffiti-Schicht aus der Sprühdose: Bandennamen, Initialen, Daten, die bis zur Jahrhundertwende zurückreichten. Das Graffiti folgte uns nach oben und wurde dann
    allmählich spärlicher, bis nur mehr ein einziger Begriff in loser Folge auftauchte: LO TEK. In zer-laufenen schwarzen Großbuchstaben.
    »Wer ist Lo Tek?«
    »Nicht wir, Boß.« Sie erklomm eine wacklige Aluminiumleiter und verschwand in einem Loch in einer gewellten Plastikabdeckung. »Low Tech.« Das Plastik dämpfte ihre Stimme. Ich rieb mir das schmerzende Handgelenk und folgte ihr. »Die Lo Teks, die würden deine Schießnummer für dekadent halten.«
    Eine Stunde später zog ich mich durch ein weiteres Loch, das diesmal schlampig in eine
    durchhängende Sperrholztafel gesägt war, und traf meinen ersten Lo Tek.
    »Alles okay«, sagte Molly und tippte mir auf die Schulter. »Es ist nur Dog. Hallo, Dog.«
    Im schmalen Lichtkegel ihrer Taschenlampe musterte er uns mit einem Auge, wobei er langsam ein dickes, graues Stück Zunge herausstreckte und sich über die monströsen Eckzähne leckte. Ich fragte mich, wie sie Zahnbett-Implantate vom Dobermann-Gebiß als Low Tech abtun konnten.
    Immun-suppressiva wachsen nicht unbedingt auf Bäumen.
    »Moll.« Das vergrößerte Gebiß behinderte seine Sprache. Ein Speichelfaden hing von der
    verzerrten Unterlippe. »Hörte euch kommen. Lang schon kommen.« Er hätte fünfzehn sein
    können, aber die Reißzähne und ein buntes Mosaik von Narben vereinigten sich mit der
    klaffenden Augenhöhle zu einer total bestialischen Fratze. Es hatte viel Zeit und eine Art von Kreativität gefordert, um ein solches Gesicht zu schneidern und seine Haltung verriet mir, daß er gern hinter dieser Maske lebte. Er hatte eine abgetragene Jeans an, die schwarz vor Dreck war und speckige Nähte hatte. Brust und Füße waren bloß. Was er nun mit seinem Mund anstellte, erinnerte entfernt an ein Grinsen. »Es folgt euch jemand.«
    Weit weg in Nighttown drunten pries ein Wasserverkäufer seine Dienste an.
    »Fäden wackeln, Dog?« Sie schwenkte die Taschenlampe zur Seite, und ich sah dünne Fäden
    durch Ringbolzen laufen und am Rand verschwinden.
    »Mach das Scheißlicht aus!«
    Sie knipste es aus.
    »Wie kommt's, daß der, der euch folgt, kein Licht hat?«
    »Braucht keins. Er bedeutet Ärger, Dog. Wenn deine Aufpasser ihm in die Arme laufen, dann kriegst du sie als handliche Einzelteile zurück.«
    »Ein Freund, Moll?« Er klang nervös, und ich hörte ihn auf dem abgenutzten Holz hin und her treten.
    »Nein. Aber er gehört mir. Und der da«, und dabei tippte sie mir auf die Schulter, »das ist'n Freund. Alles klar?«
    »Sicher«, sagte er ohne große Begeisterung und schlurfte zum Rand der Plattform, wo die
    Ringbolzen waren. Er begann an den straff gespannten Fäden zu rupfen und eine Art Meldung zu übertragen.
    Nighttown lag unter uns ausgebreitet wie eine

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