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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Hühnerbrust
    trockenrubbelte.
    »Das sag ihr mal selber Cowboy. Ich dreh 'ne Runde.«
    Damit ging ich hinaus in die Nacht und das Neon und ließ mich von der Menge mitschleifen, ließ mich gern blind treiben als Teil dieses Massenorganismus, als ein denkendes Stäubchen mehr unter den geodätischen Kuppeln. Ich überlegte nicht, sondern setzte bloß einen Fuß vor den ändern, aber nach 'ner Weile überlegte ich doch, und da machte alles Sinn. Sie hatte das Geld gebraucht.
    Ich dachte auch an Chrom. Daß wir sie getötet, ermordet hatten, so sicher, als hätten wir ihr die Kehle durchgeschnitten. Die Nacht, die mich durch die Gassen und Plazas trieb, würde sie
    mittlerweile jagen, und dabei hatte sie keinen Platz mehr, wo sie hätte hingehen können. Wie viele Feinde hätte sie allein in dieser Menschenmenge? Wie viele würden was unternehmen, wo sie doch nicht mehr von ihrem Geld eingeschüchtert wurden. Für uns war sie das gewesen, was ihr gehörte. Jetzt saß sie wieder auf der Straße. Ich bezweifelte, daß sie den Morgen erleben würde.
    Schließlich fiel mir das Cafe ein, wo ich Tiger kennengelernt hatte.
    Ihre Sonnenbrille verriet alles. Große schwarze Gläser mit einem vielsagenden fleischfarbenen Schminkeschmierer an einer Ecke. »He, Rikki«, sagte ich und war darauf gefaßt, als sie die Brille absetzte.
    Blau. Tally-Isham-blau. Das klare Blau der berühmten Marke: ZEISS IKON rankte in winzigen goldglänzenden Lettern rund um jede Iris.
    »Wunderschön«, sagte ich. Die lädierten Stellen waren mit Schminkstift betupft. Narben gab's keine bei so 'ner erlesenen Arbeit. »Du bist zu Geld gekommen.«
    »Ja.« Sie schüttelte sich. »Aber das mach ich nicht mehr, nicht auf die Art.«
    »Ich denke, der Schuppen ist jetzt dicht.«
    »Oh.« Aber ihr Gesicht blieb ohne Regung. Die neuen blauen Augen waren ruhig und sehr tief.
    »Das macht nichts. Bobby wartet auf dich. Wir haben gerade einen großen Fang gemacht.«
    »Nein. Ich muß weg. Das wird er zwar nicht verstehn, aber ich muß weg.«
    Ich nickte und beobachtete, wie der Arm hochklappte, um ihre Hand zu nehmen. Ich hatte das Gefühl, der Arm gehöre kein bißchen zu mir; trotzdem hielt sie ihn fest, als wäre er mein.
    »Ich hab ein Einfach-Ticket nach Hollywood. Tiger kennt da jemand, wo ich bleiben kann.
    Vielleicht komm ich sogar noch nach Chiba City.«
    Sie hatte in bezug auf Bobby recht. Ich ging mit ihr zurück. Er verstand es nicht. Aber sie hatte ihren Zweck bereits erfüllt für Bobby, und ich wollte ihr sagen, wegen seiner jetzt nicht zu leiden, dann ich sah, daß sie litt. Er wollte nicht mal mit in den Flur kommen, nachdem sie ihre Taschen gepackt hatte. Ich setzte die Taschen ab und küßte sie und verschmierte dabei die Schminkstifttupfer, und da kam was in mir hoch, wie das Killer-Programm in Chroms Daten
    hochgeschossen war. Ein plötzlicher Atemstillstand an einem Ort, wo kein Wort ist. Aber sie mußte ja ihren Flug erreichen.
    Bobby flackte in seinem Drehstuhl vor dem Monitor und starrte auf die Reihe von Nullen. Er hatte seine Sonnenbrille auf, und ich wußte, daß er spätestens bis zum Abend im Loser sein würde, um nach dem Wetter zu sehen, gespannt nach einem Zeichen Ausschau zu halten, nach
    jemand, der ihm sagen könnte, wie sein neues Leben sein werde. Ich konnte es mir nicht viel anders vorstellen. Komfortabler vielleicht; aber er würde immer darauf warten, daß die nächste Karte falle.
    Ich versuchte, sie mir nicht im Haus der Blauen Lichter vorzustellen bei ihren dreistündigen Schichten, wo sie im künstlich induzierten REM-Schlaf anschaffte mit dem Körper und einem Bündel konditionierter Reflexe. Die Freier hatten keinen Grund zur Klage, daß sie ihnen was vormache, denn es waren lauter echte Orgasmen. Allerdings empfand sie sie, falls sie sie
    überhaupt spürte, als schwachen Silberstreif am Rande des Schlafs. Tja, es ist so beliebt, daß es fast schon legal ist. Die Freier sind hin-und hergerissen, weil sie jemand brauchen und zugleich allein sein wollen, worum es vermutlich schon immer gegangen ist bei diesem Spaß, auch als es noch keine Neuroelektronik gab, um beide Erfahrungen zu ermöglichen.
    Ich griff zum Telefon und wählte die Nummer ihrer Airline. Ich nannte ihren richtigen Namen, ihre Flugnummer. »Das ändert sich«, sagte ich, »auf Chiba City. Ganz richtig, Japan.« Ich steckte meine Creditcard in den Schlitz und drückte meine ID-Nummer. »Erste Klasse.« Fernes
    Rauschen, als sie meine Zahlungsmoral

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