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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Tek-Himmel, der provisorisch aus Unrat gebaut war, den man nicht mal mehr in Nighttown haben wollte.
    Das Killerparkett hatte acht Meter Seitenlänge. Ein Riese hatte es über einem Schrottplatz aus Drahtseilen geflochten und straff gespannt. Es quietschte beim Bewegen, und es bewegte sich ständig und wippte auf und ab, während die Lo Teks sich auf der Holztribüne ringsum
    versammelten. Das Holz war grau vor Alter, glänzte vom vielen Begehen silbern und war über und über mit eingeritzten Initialen, Drohparolen und Liebes-schwüren bedeckt. Die Holztribüne war an eigenen Drahtseilen aufgehängt, die sich außerhalb des grellen Lichtkegels von zwei altertümlichen Flutlichtstrahlern über dem Parkett in der Dunkelheit verloren.
    Ein Mädchen mit Zähnen wie Dog landete auf allen vieren auf dem Parkett. Die Brüste waren mit indigoblauen Spiralen tätowiert. Dann war das Mädchen auf der ändern Seite des Parketts und raufte kichernd mit einem Jungen, der eine dunkle Flüssigkeit aus einer Literflasche trank.
    Lo Tek-Mode, das waren Narben und Tätowierungen. Und Zähne. Daß sie Strom anzapften, um
    das Killerparkett zu beleuchten, schien eine Ausnahme ihrer allgemeinen Ästhetikauffassung zu sein, ein Kompromiß - zugunsten des Ritus, des Sports, der Kunst? Ich wußte es nicht, bemerkte aber, daß das Killerparkett etwas Besonderes darstellte. Es erweckte den Eindruck, über
    Generationen hinweg zusammengefügt worden zu sein.
    Ich hielt die nutzlose Knarre unter meiner Jacke. Das harte Metall, der Griff wirkten beruhigend, auch wenn ich keine Patronen mehr hatte. Und dabei erkannte ich, daß ich keinerlei Ahnung hatte, was eigentlich passieren würde oder passieren sollte. Und das lag in der Natur meines Spiels, denn ich war im Leben meist blinder Empfänger des Wissens andrer Leute, das
    schließlich wieder abgerufen wurde, wobei ich in synthetischer Sprache aufsagte, was ich nicht verstand. Ein recht technischer Knabe. Klar.
    Und dann fiel mir auf, wie leise die Lo Teks geworden waren.
    Da stand er am Rande des Lichtkegels und betrachtete das Killerparkett und die Tribüne der stillen Lo Teks mit der Gelassenheit eines Touristen. Als unsre Blicke sich zum ersten Mal begegneten und wir einander wiedererkannten, wurde in mir die Erinnerung wach an Paris und die lange Fahrt im elektrischen Mercedes durch den Regen zur Notre Dame; an mobile
    Glashäuser, japanische Gesichter hinter den Scheiben und aberhundert Nikons, die in blindem Phototropismus als gläsern-stählerne Blumen aufragten. Hinter seinen Augen, die mich fixierten, surrten die gleichen Irisblenden.
    Ich schaute mich nach Molly Millions um, aber sie war verschwunden.
    Die Lo Teks teilten sich und ließen ihn auf die Tribüne. Er verbeugte sich lächelnd, stieg geschmeidig aus seinen Sandalen, die er fein säuberlich nebeneinander hinstellte und zurückließ, und trat hinunter aufs Killerparkett. Er näherte sich mir über das schwankende Alteisen-Trampolin, lässig wie ein Tourist über den Synthetic-Belag irgendeines anonymen Hotels
    wandelt.
    Molly landete auf dem Parkett und machte eine Bewegung.
    Das Parkett dröhnte.
    Es war mit Mikros und Verstärkern bestückt; Tonabnehmer steckten auf den vier fetten
    Spiralfedern an den Ecken, und Kontaktmikros hafteten an beliebigen Stellen an rostigen
    Maschinenteilen. Irgendwo hatten die Lo Teks einen Verstärker samt Synthesizer, und
    mittlerweile entdeckte ich die Umrisse von Lautsprechern droben hinter dem gleißenden,
    unbarmherzigen Flutlicht.
    Ein elektronischer Schlagzeugbeat setzte ein, hämmernd wie ein Herz, gleichmäßig wie ein
    Metronom.
    Sie hatte ihre Lederjacke und Stiefel ausgezogen; ihr T-Shirt war ärmellos; schwache Spuren von Chiba City-Elektronik liefen an ihren dünnen Armen entlang. Ihre Lederjeans glänzte im
    Flutlicht. Sie fing zu tanzen an.
    Sie beugte, mit weißen Füßen auf einem plattgewalzten Benzinkanister stehend, die Knie, und das Killerparkett begann sich daraufhin zu heben und zu senken. Der dabei entstehende Lärm glich einem Weltuntergang, hörte sich an, als würden die Trosse, die das Firmament tragen, reißen, und durch den Himmel schnellen.
    Er ließ sich einige Momente lang schaukeln, und dann bewegte er sich, wobei er die Bewegung des Parketts gewandt einschätzte, als würde er in einem Ziergarten von einem flachen Stein zum nächsten treten.
    Er zog mit einer gelassenen, selbstverständlichen Geste die Spitze von seinem Daumen ab und warf sie nach ihr. Im

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