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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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und schmaler Plastikgürtel in derselben Farbe wie die rosa Sandalen.
    Aber wenn ich sie jetzt manchmal vor mir sehe, während ich einzuschlafen versuche, sehe ich sie irgendwo draußen am Rande dieser ausgedehnten, zusammengewachsenen Städte mit ihrem
    Qualm - und es kommt mir vor, als wäre sie ein Hologramm, das hinter meinen Augen festsitzt -
    in einem hellen Kleid, das sie einmal getragen haben muß, als ich sie noch kannte, das nicht ganz bis zum Knie reicht. Die langen, geraden Beine sind nackt. Das brünette, blondgesträhnte Haar, das ins Gesicht hängt, weht im Wind. Ich sehe sie zum Abschied winken.
    Bobby kramte betont auffällig in einem Stapel Musikkassetten. »Schon unterwegs, Cowboy«,
    sagte ich und klemmte den Waldo ab. Sie verfolgte aufmerksam, wie ich den Arm wieder
    aufsteckte.
    »Kannst du Sachen reparieren?« fragte sie.
    »Alles, alles. Egal was, Automatic Jack kriegt's wieder JDQ]© Ich schnippte mit meinen
    Duraluminium-Fingern.
    Sie zog ein kleines Simstim-Deck vom Gürtel und zeigte mir das gebrochene Scharnier am
    Kassettendeckel.
    »Morgen«, sagte ich. »Kein Problem.«
    Und GX OLHEHV EL‰FKHQ sagte ich zu mir, als mich der Schlaf die sechs Treppen hinunter zur Straße trieb, ZLH ZLUG %REE\V =XNXQIW DXVVHKHQ EHL VR
QHU *OFNVIHH" :HQQ VHLQ 6\VWHP
    IXQNWLRQLHUW PVVHQ ZLU MHW]W MHGH 1DFKW HQGOLFK GHQ JUR‰HQ &RXS ODQGHQ Auf der Straße grinste ich und winkte gähnend ein Taxi.
    Chroms Eisburg schwindet, und Schicht um Schicht löst sich schattenhaft ab und flackernd auf unter dem Fraß der Störsysteme, die vom russischen Programm hervorschwirren und vom
    zentralen Stoß unsrer Logik ausschwärmen und das Eis in seiner Substanz verzehren. Die
    Störsysteme sind quasi kybernetische Viren, die sich selbsttätig reproduzieren und unerhört gefräßig sind. Sie mutieren ständig im Verbund und zersetzen und verschlingen Chroms Abwehr.
    Haben wir Chrom bereits lahmgelegt, oder bimmelt's irgendwo, geht irgendwo ein Blaulicht an?
    Merkt sie was?
    Rikki Wildside nannte Bobby sie, und in den ersten Wochen mußte sie den Eindruck gewonnen haben, mitten drin zu sein in der fetten Action, die extra für sie lief und sich bunt und grell im Neonlichterglanz präsentierte. Sie war neu in der Szene, und da gab's all die Gassen und Plätze zu erkunden, all die Shops und Clubs, während Bobby ihr die aufregende Kehrseite erklärte, die lichtscheue Unterwelt mit den heiklen Connections, die Spieler und deren Namen und Spiele. Er sorgte dafür, daß sie sich heimisch fühlte.
    »Was ist mit deinem Arm passiert?« fragte sie mich eines Nachts im Gentleman Loser, wo wir drei an einem Tischchen in der Ecke saßen.
    »Drachenfliegen«, sagte ich. »Unfall.«
    »Drachenfliegen über einem Weizenfeld«, sagte Bobby, »so bei Kiew. Da hängt unser Jack,
    Nacht ist's, unterm Nightwing-Gleiter mit fünfzig Kilo Radarstörgerät zwischen den Beinen, und so'n russisches Arschloch verbrennt ihm versehentlich mit dem Laser den Arm.«
    Ich wechselte, wie weiß ich nicht mehr, das Thema.
    Ich redete mir nach wie vor ein, es sei nicht Rikki, die mich fasziniere, sondern das, was Bobby mit ihr mache. Ich kannte ihn schon lange, schon seit Kriegsende, und wußte, daß er die Weiber zum Kontern im Spiel benutzte: Bobby Quine gegen das Schicksal, gegen die Zeit und die Nacht in den Städten. Und Rikki war aufgetaucht, als er gerade was brauchte, um in Schwung zu
    kommen, ein Ziel vor Augen. Also erhob er sie zum Symbol für alles, was er wollte und nicht haben konnte, was er gehabt hatte und nicht halten konnte.
    Ich mochte es nicht, wenn ich mir anhören mußte, wie sehr er sie liebte; zu wissen, daß er daran glaubte, machte es nur noch schlimmer. Hart fallen und flugs wieder aufstehn, darin war er Weltmeister, und ich hatte es dutzendmal mitansehen müssen. Er hätte praktisch DIE NÄCHSTE
    BITTE in grünleuchtenden Großbuchstaben auf der Sonnenbrille haben sollen, die sofort
    aufblinkten beim ersten interessanten Gesicht, das an den Tischen im Gentleman Loser
    vorbeidefilierte.
    Ich wußte, was er mit den Weibern machte. Er verwandelte sie in Meilensteine, Wegweiser in der Karte seines Gaunerlebens, in Leuchttürme, die ihn durchs Meer der Bars und Neonreklamen leiteten. Woran sonst sollte er sich orientieren? Er hing nicht am Geld, nicht am Geld als solchem und nicht stark genug, daß es ihm den Weg hätte leuchten können. Er wollte keine
    Macht über andre; die Verantwortung, die sie mit sich bringt, war ihm

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