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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
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fahren ab!«

Vergangenheit
    »Besingen werden wir die Fabriken, die mit ihren sich hochwindenden Rauchfäden an den Wolken hängen; die Brücken, die wie gigantische Athleten Flüsse überspannen, die in der Sonne wie Messer aufblitzen; die abenteuersuchenden Dampfer, die den Horizont wittern; die breitbrüstigen Lokomotiven, die auf den Schienen wie riesige, mit Rohren gezäumte Stahlrosse einherstampfen.«
    Futuristisches Manifest , »Le Figaro«, 20. Februar 1909

-12
Die Fahrt nach Nirgendwo
    O tto sah die Landschaft durch die schmalen Fenster des Waggons wie im Zeitraffer an sich vorbeiziehen und wurde schlagartig wach.
    Es war schon heller Tag. Otto reckte und streckte sich und klappte ein paarmal die Augen auf und zu, um zu verstehen, wo er sich befand und woher dieses Schaukeln kam. Es dauerte nicht lange, bis er sich erinnerte; er musste sich nur die schwarz-weißen Vorhänge mit dem geometrischen Muster anschauen, die Möbel mit den abgerundeten Ecken, den schwarzen kleinen Tisch, auf dem ein Stapel vergilbter Bücher lag, und seine Tante Medea, die darin blätterte.
    »Guten Morgen«, begrüßte sie ihn ganz entspannt.
    »Wo sind wir?«
    »Jago meint, in Frankreich.«
    »In Frankreich?«
    »In Burgund, um genau zu sein.«
    Galeno saß links von Medea, auch er hielt ein Buch in der Hand, allerdings verkehrt herum.
    »Und was macht er … hier?«
    »Ich glaube, er imitiert uns. Aber immerhin ist er eine nette Gesellschaft und schnarcht nicht.«
    »Aber wenn er hier ist … Wer steuert dann den Zug?«
    »Niemand, denke ich«, antwortete Jago, der im Abteil auf und ab ging, »er fährt automatisch, und das in rasendem Tempo.«
    Jago hatte recht. Die Geschwindigkeit, mit der sie durch die sanften Hügel Burgunds brausten, war in der Tat atemberaubend.
    »Ich hoffe nur, dass dieses Raketengefährt auf einem Vorfahrtsgleis unterwegs ist, ich habe keine Lust, mit dem nächsten TGV Paris-Lyon zusammenzustoßen.«
    Als Antwort streckte sich Otto ein zweites Mal und gähnte lautstark.
    Galeno legte das Buch auf den Tisch und fragte: »Wünschen der junge Herr Otto Frühstück?«
    »Wow! Aber sicher!«
    Jago strich sich über den Oberlippenbart. »Ich weiß nicht, wie sie funktioniert, aber im Nebenabteil steht eine von Zisch konstruierte Maschine, die so verführerisch duftende Croissants ausspuckt, dass sie sogar einen Toten wiedererwecken könnten.«
    »Toten?« , fragte Galeno, der immer neugierig auf Wörter war, die er noch nicht kannte.
    »Vergiss es«, empfahl Medea, »›tot‹ ist ein zu schwieriges und schmerzliches Wort, um es zu erklären. Vor allem am frühen Morgen.«
    »Tot«, rekapitulierte Galeno, »ein zu schwieriges und schmerzliches Wort, um es zu erklären. Vor allem am frühen Morgen.« Dann verschwand er in Richtung des besagten Abteils und setzte den »Zischetizer« in Gang. Nach ein paar Minuten kehrte er mit einem Silbertablett zurück, das mit einem Spitzendeckchen ausgelegt war. Darauf stand eine Tasse Kaffee, daneben lagen zwei köstlich duftende Croissants.
    »Ich habe es mir überlegt«, meinte Jago, während das Tablett unter seiner Nase vorbeigetragen wurde, »kann ich noch ein zweites Frühstück haben?«
    »Habt ihr euch schon eine genauere Vorstellung von unserem Ziel machen können?«, fragte Otto kurze Zeit später.
    Medea sah zu Jago hinüber. »Wir haben schon darüber gesprochen. Jago hat den ganzen Waggon durchsucht, und ich habe die Bücher der kleinen Reisebibliothek durchgesehen. Das hat uns auf einige Ideen gebracht.«
    Otto nickte auffordernd.
    »Nach der Zahl der Liegeplätze kann der Zug etwa zehn Personen befördern, wenn man sich zusammendrängt, höchstens fünfzehn. Der Waggon ist elegant und sehr geschmackvoll eingerichtet.«
    »Anfang des 20. Jahrhunderts, würde ich meinen.«
    »Genau, dieser Einrichtungsstil war etwa vor einem Jahrhundert groß in Mode.«
    »1916?«
    »Ja, aber ein 1916, das seiner Zeit voraus war. Sehr weit voraus.«
    »Ein futuristisches 1916?«, vermutete Otto.
    »Etwas in der Art. Auch weil … Habt ihr euch nicht gefragt, wie dieser Motor funktioniert? Es riecht nicht nach Diesel oder Benzin, auch nach keinem anderen Treibstoff, und die Oberleitung benutzt der Zug auch nicht. Das heißt …«
    »Lumen«, flüsterte Otto.
    Jago zog die Augenbraue hoch. Er konnte mit dem Begriff nichts anfangen. Medea klärte ihn auf.
    »In jedem Fall …«, fuhren die beiden Erwachsenen fort, dabei ergänzte der eine den anderen, »wer auch immer diesen

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