Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
Vom Netzwerk:
fuhr Medea fort, »und dazu noch einen Schuss Weiblichkeit und Sinn fürs Praktische beisteuert.«
    »Und einen kreativen Kopf wie Professor Zisch, diesen genialen Mathematiker mit handwerklichem Geschick!«
    »Und wie soll das gehen?« Jago war nicht überzeugt. »Mit algebraischen Formeln?«
    Otto sah zu Galeno hinüber, der reglos vor ihnen saß. »Nein, Jago, indem man Automaten wie ihn konstruiert.«
    Jagos Blick streifte Galenos ausdruckslose Augen.
    »Roboter, die pausenlos arbeiten können, Tag und Nacht. Maschinen, die produzieren, Maschinen, die bauen oder reparieren …«
    »Und sogar Gärtner«, murmelte Jago, dessen Gesicht sich plötzlich verdüsterte, »gewiss, möglich ist das.« Gedankenversunken sah er aus der Fensterscharte und schwieg einige Minuten. Urplötzlich sprang er auf. »Mein Gott!«, schrie er aufgeregt. »Schaut mal nach draußen!«
    Otto und Medea stellten sich neben ihn und trauten ihren Augen nicht: Die Gleise mündeten in eine weit geschwungene parabolische Kurve, die an einem Abhang endete.
    »Die Gleise führen ins Nichts!«
    »Wir fahren direkt auf den Abgrund zu!«
    »Galeno! Tu was!«
    Der Automat klickte irritiert: »Tu was, bitte. Sicher. Galeno hat eine solche Anweisung schon einmal erhalten und keinen Erfolg gehabt. Genauere Anweisungen, bitte!«
    »Halt den Zug an!«
    Galeno blieb ungerührt. »Es ist nicht möglich, den Zug des Südens anzuhalten.«
    »Aber du musst! Schau dir den Abhang an!«
    »Die Gleise führen direkt dorthin!«
    »Bald sind wir alle tot!«
    »Tot, eine schwierige und schmerzliche Frage, vor allem am frühen Morgen«, rief ihnen Galeno ins Gedächtnis.
    »Zum Teufel!«, schrie Jago wütend, während der Zug unaufhaltsam ins Nichts raste. Er griff nach dem kleinen Tisch, an dem sie gefrühstückt hatten, und versuchte, allen Protesten Galenos zum Trotz, die Fensterscheiben einzuschlagen.
    »Lass das, Jago! Denk doch mal nach!«, brüllte Medea ihn an. »Auch wenn du die Scheiben einschlägst, wie sollen wir da rauskommen?«
    Jago ließ den Tisch sinken und begutachtete die schmalen Fenster, überlegte kurz und begann wie ein Berserker auf die Tür einzuschlagen, durch die sie in den Zug gestiegen waren. »Mach diese verdammte Tür auf, du seelenloses Ungeheuer! Mach sie auf, sonst schlage ich alles kurz und klein!«
    »Mein Herr! Mein Herr! Ich bitte Sie!«, versuchte Galeno ihn zu besänftigen.
    Der Zug raste mit unverminderter Geschwindigkeit weiter und begann sich in die parabolische Kurve zu legen, keine vierhundert Meter mehr vom Abhang entfernt.
    Nach mehreren vergeblichen Versuchen zerbrach der Tisch, danach prügelte Jago mit den Fäusten erst auf die Tür, dann auf Galeno ein. »Aufmachen! Sofort aufmachen! Aufmachen, verdammt noch mal!«
    Der Roboter kippte nach hinten und verlor dabei seinen weißen Hut. Erst jetzt reagierte er. Er betätigte einen Mechanismus, der ihn plötzlich größer und bedrohlicher aussehen ließ, und schnarrte: »Selbsterhaltungsprozess aktiviert.«
    »Hört auf, ihr zwei!«, versuchte sich Otto einzuschalten, aber er kam zu spät. Aus dem rechten Arm des Roboters zuckte ein bläulicher Blitz, der Jago ans andere Ende des Abteils schleuderte, wo er reglos liegen blieb. Danach fuhr Galeno den Arm ein, ließ das vertraute Ticken hören und schrumpfte wieder zu normaler Größe. Er griff nach dem Hut und setzte ihn wieder auf. In aller Seelenruhe, während der Zug weiter ins Verderben raste.
    »Es ist zu spät«, sagte Medea, den Blick starr nach draußen gerichtet.
    Noch dreihundert Meter.
    Zweihundertfünfzig.
    Otto machte einen letzten Versuch. »Galeno, als Bürger von Cyboria befehle ich dir den Zug zu stoppen.«
    »Galeno … kann den Zug nicht stoppen.«
    »Ich weiß, aber du musst es versuchen. Ich bitte dich als Freund. Versuche es : Wir stürzen sonst ab. Wir stürzen ab, verstehst du?«
    »Galeno versteht abstürzen … Aber er versteht nicht, warum wir abstürzen werden.«
    »Wie, du verstehst das nicht?«, schrie Medea und packte seine mechanische Hand, die Jago in die Ecke geschleudert hatte. »Siehst du überhaupt, was da vor uns ist?«
    Noch etwa hundert Meter bis zum Abhang. Einige Vögel flogen über dem Flussbett auf, aufgescheucht von dem dahinrasenden Zug.
    »Das sehe ich«, antwortete Galeno ungerührt, »aber ich verstehe immer noch nicht.«
    »Tante!«, rief Otto.
    Noch fünfzig Meter bis zum Ende der Gleise. Wie aus dem Nichts baute sich am Rand des Flusses plötzlich ein Metallskelett auf:

Weitere Kostenlose Bücher