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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
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war unlogisch.
    »Wartet einen Moment …«, sagte Otto. In seinem Kopf war plötzlich eine Leere, als ob etwas Wichtiges bevorstünde, das aber noch versteckt und weit entfernt war. Etwas, das er nicht greifen konnte, von dem er aber wusste, dass es da war. »Ich … ich weiß …«
    »Otto?«
    Der Junge nahm seinen Kopf zwischen die Hände und begann laut zu denken. »Es stimmt nicht, dass Zahlen logisch und rational sind.«
    »Wie das?«, protestierte Jago. »Zwei plus zwei gibt vier. Wenn selbst die Zahlen nicht mehr logisch sind, dann können wir uns auf gar nichts mehr verlassen!«
    »Nicht alle Zahlen sind logisch. Es gibt auch Zahlen, die keine richtigen Zahlen sind, die es eigentlich gar nicht geben kann«, beharrte Otto, »wir hatten das in der Schule, sie heißen … sie heißen …«
    »Verrückte Zahlen?«, schlug Medea vor.
    »Verkleidete Zahlen?«
    Otto rief: »Irrationale Zahlen!«
    »Tatsächlich?«, sagte Jago, die Hände in die Hüften gestützt. »Na ja, ich habe es ja immer gesagt: Ich hätte lieber Maler werden sollen.«
    »Otto, du bewegst dich auf einem Gebiet, von dem ich keine Ahnung habe«, warnte ihn seine Tante, »ich kann dir nicht mehr folgen.«
    »Irrationale Zahlen. Genau. Zahlen, die unter den Mathematikern auf der ganzen Welt für Unruhe gesorgt haben, weil sie … nicht logisch sind.«
    »Und erinnerst du dich noch an eine dieser Zahlen?«, fragte Medea leise.
    »Vielleicht«, sagte Otto unsicher, »vielleicht, aber … ich bin nicht sicher.«
    »Wir könnten es zu Hause überprüfen«, sagte Jago.
    »Wir können nicht nach Hause«, erinnerte ihn Medea.
    »Dann eben im Hotel, oder in einem Internetcafé.«
    Es war bestimmt vernünftig, von hier wegzugehen, ein Internetcafé zu suchen, sich ins Netz einzuloggen und zu überprüfen, ob Ottos Intuition richtig war. Wenn die Frage bewusst irrational gestellt war und deshalb eine irrationale Antwort verlangte, dann sollte man das am besten mit einer sehr rationalen Recherche überprüfen.
    Oder vielleicht auch nicht.
    Vielleicht musste man sich auch nur auf sein Gefühl verlassen. Auf das, was Otto deutlich in sich pulsieren spürte.
    Auf seinen inneren Drang, zu antworten.
    Geh du!
    Das hatte sein Ururgroßvater geschrieben, als er die Schachtel mit dem Ikosaeder Großvater Primo übergeben hatte. Und um zu gehen, musste man den ersten Schritt machen. Dann den zweiten, den dritten. Alle Schritte, die notwendig waren.
    Auch wenn sie …
    … irrational …
    … erschienen.
    Die Möglichkeiten kommen nie wieder , hatte sein Großvater geschrieben. Nie . Und Otto spürte, dass seine Chance hier lag, hier auf diesen Gleisen.
    Und nicht wiederkommen würde.
    Er streckte den Zeigefinger aus und legte ihn auf das Tastenfeld des Roboters. »Mein Freund«, flüsterte er so leise, dass Galeno ihn vielleicht nicht einmal hören konnte, »deine Funktion wird nicht erlöschen, oder?«
    Er erinnerte sich an eine irrationale Zahl, eine Zahl, die unendlich viele Dezimalstellen hatte und deren Sequenz sich niemals wiederholte. Und nicht nur das. Ottos Zahl war noch mehr, sie hatte etwas, das über die Irrationalität hinausging: Es war eine Zahl, die in den Köpfen der Menschen schon immer Leidenschaften entfacht hatte, weil sie auch in der Natur vorkommt, die »Goldene Zahl«, die auch als der »Goldene Schnitt« bezeichnet wird. Der Inbegriff von Ästhetik und Harmonie.
    Die Göttliche Zahl.
    War es möglich, dass diese ideale Zahl auch die Mechanismen der Intelligenz beschrieb?
    War die Intelligenz vielleicht ein göttlicher Funke?
    Geplagt von diesen mathematischen Betrachtungen, die so alt und so vielschichtig waren, dass sie sein Vorstellungsvermögen überstiegen, beschloss Otto aufs Ganze zu gehen. Er versuchte die langen Gespräche mit seinem Großvater in seinem Gehirn abzurufen, um sich an die genauen Dezimalstellen dieser Zahl zu erinnern.
    Er wollte mit der »Zwei« beginnen, dann zögerte er, die Fingerkuppe berührte schon das Metall.
    Nein, nicht die Zwei. Die Eins, dann ein Komma …
    Genau, eins Komma … sechs.
    Er drückte beide Tasten, sie rasteten ein, dann kam die »Eins« wieder nach oben. Otto schauderte. Es schien, als wäre die Taste wie von Zauberhand wieder nach oben gekommen. Denn mit dieser Ziffer ging die Zahl weiter.
    Eins Komma Sechs … und dann wieder die Eins.
    Und dann die Acht.
    Die Null.
    Die Drei.
    Danach verschwand die Tastatur wieder in Galenos Körper, das übliche Zischen ertönte. Otto hielt den Atem

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