Cyclop
ging. Dann schob er die Wanne ins tiefe Wasser, bis sie frei schwamm. Er zerrte zwölf mal an der Anlasserschnur, bevor ein sanftes Dröhnen ertönte. Vorsichtig glitt er in sein schwankendes Gefährt. Aber das Gewicht seines Körpers und des einen ihm verbliebenen Benzinkanisters ließ das merkwürdige Boot erstaunlich stabil im Wasser liegen. Behutsam senkte er die Schraube des Außenborders ins Wasser und schob den Antriebshebel auf ›Vorwärts‹.
Langsam bewegte sich das improvisierte Boot durch die Lagune in Richtung auf den Hauptdurchlaß. Im Mondlicht zeigte sich die See ruhig, die Wogen waren kaum höher als einen halben Meter. Pitt konzentrierte sich auf die Brandung an den Riffen. Das Schwierigste war jetzt, sicher über die Brecher hinweg aufs offene Meer zu kommen. Er drehte den Motor herunter und zählte die Brecher. Nach neun hohen dauerte es immer etwas länger, bis der zehnte kam. Pitt drehte den Motor auf volle Kraft und lehnte sich im Heck zurück. Der nächste Wellenkamm überschlug sich direkt vor ihm. Er nutzte den Schwung der Gischt und ließ sich mit dem vom Strand zurückströmenden Wasser durch die Woge treiben. Die Wanne schüttelte sich, dann faßte die Schraube wieder Wasser, und das Gefährt nahm den nächsten Wellenkamm. Er war auf offener See. Pitt jubelte laut vor Begeisterung. Das Schlimmste war vorbei, jetzt konnten sie ihn nur noch durch puren Zufall entdecken. Die Badewanne war zu klein, um auf dem Radar aufzufallen. Er drehte den Motor wieder so weit wie möglich herunter, um Treibstoff zu sparen. Er griff mit der Hand ins Wasser und schätzte seine Geschwindigkeit auf vier Knoten. Bei Sonnenaufgang würde er das kubanische Hoheitsgebiet hinter sich haben.
Pitt sah kurz zum Himmel hinauf, orientierte sich an den Sternbildern und nahm Kurs auf den Bahama-Kanal.
DRITTER TEIL
»Selenos 8«
30. Oktober 1989,
Moskau, UdSSR
37
Der Start von
Selenos 8
verlief ohne jeden Zwischenfall. Für die Öffentlichkeit war es die erste bemannte russische Mondmission, und das russische Weltraumprogramm beherrschte die internationalen Schlagzeilen. Parteichef Antonow ließ es sich nicht nehmen, General Jasenin persönlich am Telefon zu beglückwünschen. Noch mußte man abwarten, ob der Mission auch der doppelte Erfolg des Schlages gegen die amerikanische Kolonie vergönnt war.
»Wer führt eigentlich unser Einsatzkommando?« erkundigte Antonow sich am Telefon.
»Major Grigorj Leuschenko. Ein Experte im Guerillakampf. Der Major hat sich beim Einsatz in Afghanistan mehrfach ausgezeichnet. Für seine Fähigkeit als loyaler und hervorragender Soldat verbürge ich mich persönlich.«
»Eine gute Wahl, General. Die Frage ist nur, was ihn bei den Amerikanern erwartet.«
»Nun, wie afghanische Banditen werden sie nicht gerade kämpfen. Es sind harmlose Wissenschaftler.«
Der Parteivorsitzende wollte eine Diskussion vermeiden. »Wir haben den Vorteil der Überraschung auf unserer Seite.«
»Nicht nur das«, bestätigte der General, »wir haben eben echte Soldaten da oben. In etwa sechzig Stunden wird es den ersten Weltraumkrieg geben, und die Sowjetunion kann ihn nicht verlieren. Es wird alles vorbei sein, bevor die Amerikaner hier unten überhaupt merken, um was es geht.«
Im Hauptquartier des KGB fand zur gleichen Zeit ein Gespräch statt, bei dem die Beteiligten sich über die Kalkulierbarkeit der Situation nicht so einig waren wie der Parteivorsitzende und sein General. Der Leiter der Auslandsabteilung Polevoj versuchte eine Regung in dem ausdruckslosen, flachen Gesicht seines Stellvertreters Maisky zu entdecken, der ihm Bericht erstattete. Maisky war ein nützliches Werkzeug, aber seine völlige Teilnahmslosigkeit und sein gleichbleibend ausdrucksloses Gesicht reizten Polevoj manchmal bis zur Weißglut. »Ich verlange eine Erklärung«, herrschte er Maisky an.
»Die Gegenwart der LeBarons war nicht eingeplant«, erklärte Maisky ruhig.
»Die Ankunft von Mrs. LeBaron und ihren Schatzsuchern war vielleicht nicht vorher einzukalkulieren. Aber warum hat Velikow sich den Kerl von den Kubanern geholt?«
»Der General dachte, Raymond LeBaron wäre vielleicht ein nützliches Unterpfand bei Verhandlungen mit dem State Department, sobald wir Castro vom Hals haben.«
»Seine guten Absichten haben die Sache erheblich gefährlicher gemacht«, sagte Polevoj.
»Velikow hat mir versichert, daß er LeBaron unter strenger Aufsicht hält und mit falschen Informationen füttert.«
»Aber es ist nicht
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