Cynster 07 - Nur mit deinen Kuessen
Rückweg könnten wir ein wenig durch das Dorf bummeln.«
»Das wäre schön.« Francesca sah an ihrem Kleid herunter. »Aber vorher muss ich mich noch umziehen.«
»Wir brauchen uns nicht zu beeilen. Ich muss vorher sowieso noch mit Gallagher reden, warum kommst du nicht zu uns ins Arbeitszimmer, wenn du fertig bist?«
Sie bemühte sich, nicht zu blinzeln und ihre Verwunderung erkennen zu lassen. »Ja, natürlich.« Sie bemühte sich, in aller Ruhe ihren Tee zu trinken, und wartete, bis er gegangen war und genug Zeit hatte, sein Arbeitszimmer zu erreichen, ehe sie die Treppe hinaufraste.
»Millie?« Sie eilte ins Zimmer und sah die kleine Magd an einem der Kleiderschränke stehen. »Mein Reitkleid. Schnell.«
Sie schälte sich aus ihrem Kleid und zwängte sich in den Samtrock. »Ob ich reiten möchte - ha!« Bis dahin hatte er es vermieden, sie zu fragen. In sein Arbeitszimmer kommen? Sie wusste, wo es war, hatte es jedoch nie betreten, weil sie nicht unaufgefordert in seine Privaträume eindringen wollte.
Sie stellte sich vor den Spiegel, knöpfte die kurze Jacke zu und schüttelte die Spitzenmanschette aus. Dann warf sie einen Blick zur Decke. »Danke, lieber Gott.«
Es gab nichts Schlimmeres, als jemanden zu lieben und nicht zu wissen, ob dieser Jemand sich erlauben würde, einen ebenfalls zu lieben.
Ihre Stiefelabsätze klapperten, als sie rasch die Treppe hinunterging und sich seinem Arbeitszimmer näherte. In der einen Hand trug sie die Handschuhe, in der anderen schwenkte sie die Reitpeitsche. Die smaragdgrüne Feder an ihrer Kappe tanzte über ihrem Auge keck auf und ab. Ein Lakai eilte an ihr vorbei, um die Tür für sie zu öffnen. Sie lächelte unbeschwert und fegte über die Schwelle.
Gyles saß hinter seinem Schreibtisch, Gallagher in einem Stuhl davor. Gallagher stand auf und verbeugte sich. Gyles sah auf und lächelte entspannt. »Wir sind fast fertig. Setz dich doch, wir können in ein paar Minuten aufbrechen.«
Francesca folgte seiner Handbewegung und erblickte einen bequemen Stuhl, der in einer Ecke stand. Sie setzte sich und lauschte dem Gespräch der beiden Männer, die über die Häuser der Mieter redeten. In Gedanken machte sie sich Notizen, denn sie war zu klug, um offenes Interesse zu bekunden. Noch nicht. Dafür wäre noch genug Zeit, wenn er sie um ihre Meinung bitten würde. Nur weil er sie zu einem Reitausflug eingeladen hatte, hieß das noch lange nicht, dass er bereit war, sie an diesem Bereich seines Lebens teilhaben zu lassen.
Das Anwesen selbst war ein Bereich, den er rechtmäßig für sich beanspruchen konnte. Viele Adelige seines Standes taten das, aber sie hoffte, dass er sie nicht nur am Rande daran teilhaben lassen würde. Große Anwesen waren nicht gerade einfach zu bewirtschaften, diese Aussicht faszinierte sie; nicht so sehr Angelegenheiten wie Einkommen, Erträge und wie viele Säcke Getreide jedes Feld erntete, sondern die Leute, der Gemeinschaftsgeist, die gebündelten Energien, die jedes erfolgreiche Gruppenprojekt vorantrieben. Auf einem Anwesen wie Lambourn erinnerte dieser Gemeinschaftsgeist an eine große, weit verzweigte Familie, und das Wohlergehen aller war abhängig davon, wie jeder Einzelne die ihm zugeteilten Aufgaben verrichtete.
Seine Ansichten über Wahlrecht deckten sich im Großen und Ganzen mit ihren. Im Augenblick jedoch verbrachte sie ihre Zeit damit, den rechten Moment abzuwarten.
Und sich untätig im Zimmer umzusehen.
Genau wie in der Bibliothek waren die Wände des Arbeitszimmers von Bücherregalen gesäumt. In diesem Fall aber standen keine Bücher, sondern Buchhaltungsunterlagen auf den Regalen. Francesca hätte wetten können, dass sich auch Geschäftsbücher aus der Zeit vor der Gründung der Grafschaft darunter befanden. Sie ließ ihren Blick über die nach einem strengen System geordneten Reihen wandern und hielt inne, als sie ein Regal erblickte, in dem nur alte Bücher standen und ein in rotes Leder gebundener Band mit einem Buchrücken, der mindestens fünf Zentimerter breit war.
Sie stand auf und ging hinüber. Das Buch war tatsächlich die alte Bibel, nach der sie gesucht hatte.
Hinter ihr wurde ein Stuhl weggerückt. Sie drehte sich herum und sah, wie Gallagher sich vor Gyles und dann vor ihr verbeugte. »Mylady. Ich hoffe, Sie genießen Ihren Ausritt.«
Francesca schenkte ihm ein Lächeln. »Danke, das werde ich ganz bestimmt tun.«
Bei diesen Worten sah sie ihren Ehemann an, der eine Braue hochzog und um seinen
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