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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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unter sich, schlug auf das pausbäckige Gesicht ein und hielt mit der anderen Hand den Dolch zum Stoß bereit.
    Die Klinge zuckte hinab.
    Es gab einen einstimmigen Aufschrei und dann eine atemlose Stille.
    Dem ingwerhaarigen jungen Mann, der rettungslos verloren schien, war es irgendwie gelungen, sich beiseite zu werfen. Der wuchtige Stoß hatte den harten Boden getroffen - und die Klinge war zerbrochen.
    Mit einem Schrei sprang der große Mann auf. Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen, bahnte er sich einen Weg durch die Menge und stieß jedes Hindernis rücksichtslos beiseite, ob es sich nun um Mensch oder Gegenstand handelte. Bald war er verschwunden, und falls es Verfolger gab, so holten sie ihn nicht ein.
    Cyrion, in seiner Rolle als Roilant, kniete auf der Straße. Er hielt sich ein mit Dattelsaft beschmutztes Tuch vor den Mund und stand auf. Mit durch das Tuch etwas undeutlicher Stimme, dankte er den Sänftenträgern und Harmul überraschend ironisch für ihre Hilfe.
    Eliset hatte die Träger, die vorher ihre ungeteilte Aufmerksamkeit dem Kampf zugewandt hatten, endlich dazu gebracht, die Sänfte niederzusetzten. Sie stieg aus und trat zu ihrem Cousin, ohne die neugierige Menschenmenge zu beachten.
    »Bist du verletzt?«
    »Nicht tödlich. Darf ich dir mein Bedauern aussprechen?«
    »Was?« fragte sie.
    »Ein abgebrochener Zahn oder zwei. Er hat mich nicht umgebracht. Zu deiner Enttäuschung.«
    Ihr Gesicht hinter dem Schleier brannte vor Kälte.
    »Es ist weder die Zeit noch der Ort für Scherze«, bemerkte sie.
    »Willst du damit sagen, daß dies hier nicht von dir geplant war? Mir kam die ganze Sache ein wenig plump vor. Und auch etwas verfrüht. Ich hatte angenommen, du würdest die Dunkelheit abwarten... kühler erfrischender Stahl zwischen den Kissen.«
    »Roilant«, sagte sie, »der Mann war ein Dieb.«
    »Der nichts gestohlen hat, nicht einmal den Versuch machte, etwas zu stehlen.«
    Die Menge war begeistert. Die Leute drängten sich heran und lächelte über sie, die zornige adlige junge Frau mit Haaren wie eine lodernde Fackel und geröteten Wangen, die fast ihren Schleier in Brand setzten und den hochgewachsenen, aber dicklichen jungen Mann, dessen Haar bereits in Flammen stand.
    »Willst du mir damit sagen«, fragte sie, »daß du glaubst, ich hätte dich nur geheiratet, um dich anschließend ermorden zu lassen?«
    »Warum nicht? Genau das war der Inhalt der Gerüchte.«
    »Darüber haben wir doch schon gesprochen. Du hieltest Gerüchte für niederträchtig, hatte ich angenommen.«
    »Hattest du?«
    »Wenn nicht, warum bist du dann so dumm gewesen, hier herzukommen und mich zu heiraten?«
    »Todessehnsucht?« murmelte Cyrion. »Denn ganz sicher, liebes Frauchen, jetzt, da wir eins sind, ist mein Leben nicht«, er schaute auf den Matsch zu seinen Füßen, mußte über das offensichtlich erst eine Weile nachdenken und fügte hinzu, »eine Feige wert.«
    Und dann, was sie mehr erschütterte, als wenn er sie geschlagen hätte, nahm er das Tuch von den Lippen und bedachte sie mit dem herrlichsten und boshaftesten Lächeln, das sie je gesehen hatte. So schön, daß sein gesamtes Gesicht sich veränderte und keine Ähnlichkeit mit Roilant mehr hatte, so boshaft, daß sie einen halben Schritt zurückgetreten war, noch bevor es ihr zu Bewußtsein kam. Und zu ihrem größten Entsetzen trat sie auf eine zu Boden gefallene Orange, die prompt zerplatzte, woraufhin die Zuschauer sich vor Vergnügen schier am Boden wälzten.
    Obwohl es sie ungeheure Mühe kostete, gelang es Eliset, sich zu beherrschen, aber ihr Gesicht, das erst weiß und dann rot gewesen war, wirkte jetzt grau.
    »Ob du es nun tatsächlich glaubst«, sagte sie, »oder ob du dir einen Scherz erlaubt hast, in beiden Fällen bist du verachtungswürdig. Das Unglück ist geschehen, aber es kann ungeschehen gemacht werden. Ich bin nur dem Namen nach deine Frau, und daran wird sich nichts ändern. Wenn du an meine Zimmertür klopfst, wirst du sie verschlossen finden.« Einige der Zuschauer johlten begeistert. Sie beachtete sie nicht. »Geh zurück«, fuhr sie fort, »auf dein feines Gut bei Heruzala, ohne mich. Geh und mach irgendeinem hirnlosen Mädchen den Hof, falls eine dumm genug ist, dich zu erhören. Ja, du kannst die Scheidung haben. Mit Vergnügen. Und sonst nichts.« Sie wirbelte zu dem glotzäugigen, weinseligen Harmul herum und rief: »Steig ab.«
    Harmul nickte ruckartig und gehorchte. Eliset, die es mit großartiger, beinahe akrobatischer

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