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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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angeworbenen Männern, war die komplette Gesellschaft. Selbst Jhanna war zurückgeblieben.
    »Ihre Anwesenheit wird kaum vonnöten sein«, hatte Eliset abgewehrt - tatsächlich schien Jhanna sich kaum jemals in ihrer Nähe aufzuhalten - »und da doch alles so unauffällig vonstatten gehen soll, ist es besser, wir sind so wenige wie möglich.«
    Niemand ließ eine Bemerkung über die Ereignisse der vergangenen Nacht fallen.
    Ob ihrer nächtlichen Umtriebe war Eliset zwar blaß, aber sie bewahrte Haltung. Nichts an ihr deutete auf das hin, was sie getan hatte, während der Brunnen leuchtete und die Geister aus ihren Gräbern stiegen. Ein dauernd gähnender, schlecht gelaunter Mevary mit dunklen Ringen unter den Augen, war ein sehr viel aufschlußreicheres Schaubild der okkulten Festlichkeiten, von denen er bestimmt gewußt und an denen er wahrscheinlich teilgenommen hatte. Andererseits blieb er, obwohl die dunklen Machenschaften seiner Geliebten seinen Beifall fanden, von den eigentlichen Riten vielleicht noch ausgeschlossen. Seine schlechte Verfassung konnte sehr wohl andere Gründe haben, wie zum Beispiel einen Besuch im Weinkeller und anschließend eine Nacht im Bett seiner schönen Sklavin, die ihn haßerfüllt willkommen hieß, weil sie keine andere Wahl hatte.
    Von Jhanna war am Morgen, als sie aufbrachen, nichts zu sehen gewesen. Während Zimir hinter den Ställen ein Grab aushob - ein schlechtes Omen für einen Hochzeitstag.
    Sie betraten die Stadt durch ein hohes Tor, dessen Steine im Sonnenlicht so weiß leuchteten wie gebleichte Mandeln.
    Dahinter lag der große Marktplatz mit seinen Gerüchen nach rohem und gekochtem Fleisch, frischem Fisch, parfümierten ölen, gebranntem Honig und reifen Früchten, den Wolken aus Pulvern, Kornstaub und Fliegen und dem ohrenbetäubenden Lärm von Musikinstrumenten und streitenden Stimmen. Sie bahnten sich einen Weg, wobei es zu einem Wortwechsel zwischen Harmul und einem Ochsentreiber kam, wichen einer fahrbaren Töpferwerkstatt aus, umgingen ein wogendes Meer von Schafen und bogen in die Straße der Seidenhändler ein, wo kostbare Stoffe aus den Fenstern hingen wie goldener Regen.
    Vergangenheit und Gegenwart waren in der Stadt gleichmäßig vertreten. Überall fand das Auge mehr oder weniger verfallene Paläste. Hier das zerbröckelnde Bauwerk, das die Sklaven des ersten Königs Hraud errichtet hatten, und dort ein anderes, erbaut zu Ehren ebendesselben Hraud, des Stiefvaters der tänzerisch so überaus begabten Hexe Zilumi. Am blauen Gestade des Ozeans waren die Kolonnaden der cassianischen Kaiser zu besichtigen, die bei Sonnenuntergang noch immer in kaiserlichem Purpur leuchteten.
    Am Ende der Straße der Seidenhändler befand sich die Straße der Vogelhändler, und diese mündete in die Straße der Wohlgerüche, aus der die Reisegesellschaft halb betäubt in einen kurzen Tunnel flüchtete. Dieser Tunnel öffnete sich auf einen kleinen, quadratischen Platz mit einem Brunnen. Stallungen und einige Gasthäuser drängten sich neben den Ständen eines Pastetenverkäufers und eines Wahrsagers. An der anderen Seite des Platzes erhob sich ernst und anmutig ein kleiner Tempel mit einer Mosaikkuppel und säulenflankiertem Eingang. Ein heidnischer Tempel, den die jetzige Kirche mit Beschlag belegt hatte; denn über der Tür stand in zwei Sprachen der Spruch, der im Osten und im Westen Gültigkeit hatte: ES GIBT KEINEN GOTT AUSSER GOTT.
    Die Sänfte wurde in dem schattigen Vorraum niedergesetzt, und Eliset stieg heraus. Die angeworbenen Männer wurden mit den Maultieren in eines der Gasthäuser verfrachtet und Harmul, der in seinen Lumpen nicht gerade ein rühmliches Bild abgab, zu seinem Mißvergnügen an einer passenden Säule abgestellt.
    Cousin Roilant führte seine Braut in den zur Kirche umgewandelten Tempel und beide zogen nach der Art des Ostens an der Schwelle ihre Schuhe aus.
    In dem Tempel war es angenehm kühl, und auf dem Altar glitzerten die Gold- und Silbergefäße. Tauben, Olivenzweige und ein Regenbogen waren in das Altartuch eingewebt, als Symbole für die erste Bestrafung und die erste Vergebung. Eliset und Cyrion traten, gemäß seinen einigermaßen verworrenen Anweisungen, in ein Seitengelaß.
    Hier erwartete sie eine kleine Versammlung vor dem zweiten Altar: Ein Mann verneigte sich, stellte die Zeugen vor und machte eine Bemerkung über ihre Eignung für dieses Amt. Während Cyrion nickte, wartete Eliset so stolz und ruhig wie einer der Balken aus Licht, der

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