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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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und Eliset sehr nahe beieinander. Ein leises Schaben war zu hören - der Perlengürtel löste sich und fiel zu Boden.
    Cyrion tauschte seinen Pokal mit dem rauen Stiel gegen Mevarys angeschlagenen Becher aus. Dann lehnte er sich abwartend zurück.
    Bald darauf tauchte Mevary wieder auf, Eliset, ohne Gürtel, folgte eine Minute später. Mevary aß mit gutem Appetit. Eliset und Cyrion fasteten.
    Es dauerte nicht lange, und Mevary griff nach seinem Becher. Er hob ihn hoch, betrachtete ihn und hob statt dessen die Augenbrauen. Den Becher niederstellend, wandte er sich mit einem wohlwollenden Lächeln an Cyrion. »Oh, tatsächlich?« sagte Mevary.
    Cyrion schaute verwirrt.
    Eliset glich einer Ikone.
    »Es scheint«, verkündete Mevary, »daß ich nicht mehr meinen eigenen Becher habe. Hast du deinen noch, Eliset?«
    Die Ikone senkte den Blick und überzog ihren Wein mit einer Eisschicht.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Und du, mein Ingwerpudding. Wessen Becher hast du?«
    »Verrückt«, bemerkte Cyrion aus einem geschwollenen Mundwinkel.
    »Hmm.« Mevary trank nicht.
    Ohne Vorwarnung ertönte aus dem Hof eine abscheuliche, quiekende Musik, die dem Klang nach wohl auf einer Mausefalle hervorgebracht wurde.
    Mit einem Fluch stürmte Mevary aus dem Pavillon und schrie etwas nach unten. Die erbarmungswürdigen Laute verstummten.
    »Roilant«, sagte Eliset eisig. »Wie ich sehe, gefällst du dir immer noch in der Rolle unseres Opfers.« Sie beugte sich über den Tisch. Mit einer entschiedenen Bewegung vertauschte sie Mevarys Becher, ursprünglich Roilants, mit ihrem eigenen. »So, wir wollen dich also vergiften?« Sie hob Roilants Becher und betrachtete>Roilant    »Ja«, sagte er.
    »Also bin ich eine Närrin. Wie es auch närrisch von mir war, dich zu heiraten. Aber wir sind verheiratet, nehme ich an. Nein. Ich werde meine Tür nicht verschließen. Mevary hat mich überredet. Ich muß meine Pflichten erfüllen. Du kannst also kommen, wenn du möchtest. Wenn du nicht allzu viel Angst vor mir hast.«
    Eingehüllt in ihren Schneesturm, schritt sie an dem eben wieder hereinkommenden Mevary vorbei und die Treppe hinab.
    Mevary sah auf die Becher.
    »Also«, meinte er. »Laß mich das klarstellen. Du hast meinen Becher, ich habe Elisets und Eliset hat deinen. Da sie und ich die Mörder sind und Eliset aus deinem Becher getrunken hat, können wir also davon ausgehen, daß der Wein nicht vergiftet war. Mit meinem Becher, den du jetzt hast, sollte auch alles in Ordnung sein, da ich ihn seit Sonnenuntergang in Gebrauch habe. Elisets Wein dagegen, den ich jetzt habe - das ist alles ein bißchen verschwommen. Könnte es sein, liebster Pudding, daß du selbst in die Giftmischerei eingestiegen bist?« Und Mevary schüttete den Wein aus Elisets Pokal auf den Boden und die Kissen.
    »Siehst du wohl!« sagte Mevary mit beunruhigender Fröhlichkeit. Dann trat er an eine der Türen des Pavillons und schrie: »Zimir, Harmul, bringt Weinbecher. So viel ihr tragen könnt. Du bist«, fügte er an Cyrion gewandt hinzu, »tatsächlich sehr viel schlauer, als ich dir zugetraut hätte.«
    Cyrion schaute indigniert.
    Er schaute noch sehr viel indignierter, als die zerlumpten Diener ungefähr zehn Becher die Treppe hinaufschleppten, die alle irgendwelche Beschädigungen aufzuweisen hatten, und sie auf den Tisch knallten. Mevary, der die Teller und Schüsseln beiseite geschoben hatte, füllte die Pokale mit einem breiten Schwall aus einem der Krüge. Dann schob er sie schwappend und klirrend hin und her, wobei er seinen, Cyrions und Elisets Becher in das Durcheinander mit einbezog.
    »Jetzt«, sagte er dann, »nehmen wir jeder einen Becher, liebster Cousin, und trinken ihn aus.«
    Cyrion erhob sich mit dem undeutlich, aber nachdrücklich geäußerten Wunsch, sich zu entfernen.
    Mevary schnippte mit den Fingern.
    Die überraschend starken Hände Zimirs senkten sich auf Cyrions Schultern und drückten ihn auf seinen Platz zurück. Cyrion setzte sich. Einen halben Zentimeter vor seinem linken Auge tauchte eine dünne, schmutzige Messerklinge auf.
    »Es könnte jetzt jeder Becher sein oder nicht? In jedem Becher könnte sich das tödliche Mittel befinden, das ich geschickt genug war, vor deinen Augen in den Wein zu mischen. Da«, fuhr Mevary fort,

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