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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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vorstellen könnt. Und die Belohnung erwartet Euch in Form von Gold, Silber und Juwelen.«
    Der Fremde barg sein Schwert in rotem Leder, den Dolch in Seide. Es schien, daß sein Haar gleichfalls aus Seide war und silbrigblond wie der Mond, der eben über dem Forum unter ihnen aufging.
    »Gold, Silber und Juwelen sind unwiderstehliche Argumente.«
    Der Verwalter, Radri, stieß eines der großen Tore auf. Der baumbestandene Garten wurde sichtbar, bewässert von einem jetzt unsichtbaren Springbrunnen. Die Vorderfront des Hauses wurde von zwei Fackeln beiderseits des Eingangs nur unzureichend erleuchtet, aber ein Rinnsal aus rotem Licht tropfte die Stufen hinab; die bronzebeschlagene Tür stand einen Spalt offen.
    »Bitte, tretet ein«, sagte Jolan. »Und, da Ihr bereit seid, dieser Bitte Folge zu leisten, darf ich Euren Namen erfahren?«
    »Cyrion.«
    Die Bauweise des Hauses war etwas ungewöhnlich, aber in Teboras machte man Anleihen an die verschiedensten Epochen. Ein Marmorbecken beherrschte den Eingang, aber es befanden sich weder Blumen darin noch Fische, sondern nur eine dicke Schicht toter Blätter. Dahinter öffnete sich ein von Kerzen erleuchteter Raum mit Wandmalereien und kostbaren Teppichen. Dennoch wirkte das Zimmer auf eine unerklärliche Weise ungepflegt und verwahrlost. Aber es war nicht leer.
    Die beiden Anwesenden erhoben sich sofort von ihren Plätzen. Der zanächststehende war ein Mann in der schlichten Robe eines Priesters, wenn die eigenartig geformten, perlenbesetzten Amulette auf seiner Brust auch eine ungewöhnliche Konfession vermuten ließen. Sein Gesicht war lang, melancholisch und fahl. Im Gegensatz dazu stand der winzige, gierig rote Mund. Bei der zweiten Person handelte es sich um eine junge Frau, klein von Gestalt und sehr schmal. Ihr Haar war gelb wie Herbstlaub und auf eine kunstvolle Art frisiert, die daran erinnerte, daß es in Teboras gerade Mode war, remusische Fresken zu kopieren. Sie war in einfaches Schwarz gekleidet, trug aber wie auch Jolan einen Goldkragen, nur bestand der ihre aus Filigran. Ihre Handgelenke waren mit Goldstreifen geschmückt, die Finger mit kostbaren Steinen. Ihr Gesicht war zugleich ernst und sinnlich, mit großen, achtsamen Augen.
    Außer dem Verwalter Radri war kein Diener zu sehen. Die späte Stunde und die Stille, die in dem Haus herrschte, legten die Vermutung nahe, daß das Gesinde schon zur Ruhe gegangen oder fortgeschickt worden war.
    Jolan stellte den Besucher vor.
    »Und das«, sagte er, indem er sich an Cyrion wandte, »ist meine Schwester Sabara. Und dies unser Geistlicher, Naldinus, ein Gelehrter, der auch in der Heilkunst bewandert ist. Wir vier sind es, über die Ihr urteilen sollt.«
    Weder der Priester noch die junge Frau schienen über die Vorgänge erstaunt zu sein. Unzweifelhaft war die ganze Familie etwas exzentrisch.
    Radri war inzwischen an einen geschnitzten Tisch getreten und schenkte dunkelroten Wein in fünf Pokale, aus gehämmertem Silber ein. Diese reichte er herum und behielt den letzten Becher für sich.
    Cyrion roch an dem Getränk. Die blumige Süße interessierte ihn.
    »Auf unseren Gast -« In Jolans Worten lag ein feierlicher Ernst. »Und auf die Gerechtigkeit, daß sie uns zuteil werde. Endlich.«
    Der Geschmack des Weins interessierte Cyrion noch mehr. Die anderen vier nahmen einen tiefen Schluck, aber nur Radri goß den Inhalt seines Bechers auf einen Zug hinunter. Daß er sich überhaupt an dem Umtrunk beteiligte, war ein Zeichen für seine tiefe Verbundenheit mit dieser Familie.
    »Und jetzt«, sagte Jolan. Er richtete den Blick auf Cyrion. »Wenn Ihr bereit seid -«
    »Ich bin bereit«, erwiderte Cyrion. »Für eine Erklärung.«
    »Die sollt Ihr haben, sehr bald. Vorher muß ich Euch etwas zeigen. Den Grund für Euer Hiersein. Den Grund, weshalb wir verlangten - ich meine natürlich baten -, daß Ihr mit uns kommt. Radri, geh voran.«
    Der Verwalter griff nach einem schweren Leuchter, hielt ihn mit einer Mühelosigkeit, die einiges über seine Körperkraft aussagte, und verschwand wortlos hinter einem Wandbehang, den er beiseite schob. Der Priester folgte ihm sofort, ebenso das Mädchen. Jolan drängte Cyrion mit hastigen Bewegungen, sich ihnen anzuschließen, und ging selbst als letzter. Das Zimmer führte, ziemlich überraschend, in einen Garten. Sie folgten Radri auf einem Pfad zwischen hohen Büschen zu einem kleinen, von Säulen getragenen Gebäude. Auf den ersten flüchtigen Blick hätte man es für ein

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