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Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Titel: Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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wäre, wenn ich auf Floristin umsatteln würde.
    Egal, welchen Beruf Sie erlernt haben, sei es Chirurg oder Kernphysikerin: Wie würde es Ihnen gefallen, wenn tagein, tagaus Menschen zu Ihnen kämen, die Ihnen mit hängenden Schultern und gesenktem Blick erzählen, sie hätten jahrelang vergebens versucht, sich selbst die Gallenblase zu entfernen oder zumindest im Keller einen kleinen Fusionsreaktor zusammenzustoppeln? Und es sei ihnen entsetzlich peinlich, dass sie gescheitert seien? Auch ein Kfz-Mechaniker würde dem Kunden nicht unbedingt vor Begeisterung auf die Schulter klopfen, der ewig verbissen versucht hat, ein Loch im Kühler zu reparieren und dabei alles nur noch schlimmer gemacht hat.
    Gut, bei Jürgen von der Lippe war vor vielen Jahren einmal ein Mann im Studio, der Zahnbehandlungen bei sich selbst mit der Schlagbohrmaschine vornahm und sehr zufrieden mit dem Ergebnis war. Aber Sie wissen, was ich meine.
    Jedenfalls würden der Chirurg, die Kernphysikerin und der Kfz-Mechaniker innerlich seufzen und daran denken, auf Floristin umzuschulen. Oder zumindest denken: Und warum bist du nicht einfach auf die Idee gekommen, damit zu einem Fachmann zu gehen?
    Nach all den Jahren habe ich tatsächlich noch immer nicht verstanden, warum es so schrecklich peinlich ist, wenn es einem nicht gelingt, die eigene Psyche auf dem Küchentisch mit Schraubenzieher und Heftpflaster zu reparieren.
    Ein bisschen habe ich den Verdacht, es handelt sich dabei um einen eher unerwachsenen Teil, der wie ein Zweijähriger mit dem Fuß aufstampft, wenn man versucht, ihm beim Jackeanziehen zu helfen, und der brüllt: »Kann schon ’leine!«
    Gesetzt den Fall, es ist einem endlich gelungen, sich gegen die äußeren und inneren Stimmen durchzusetzen, die einem einreden wollen, man müsse das doch selbst in den Griff kriegen oder es werde bestimmt demnächst wieder besser, stellt sich als Nächstes die Frage, wie man denn einen Psychotherapeuten findet.
    Tatsächlich kommen die meisten Patienten über ihren Hausarzt, ihren Internisten oder ihre Gynäkologin zu mir. Manche kommen über Freunde, die sich das Elend nicht länger mit ansehen wollen und die entweder selbst schon einmal eine Psychotherapie gemacht haben oder die einen kennen, der einmal eine gemacht hat und zufrieden damit war. Manche Patienten kommen über die Gelben Seiten oder übers Internet.
    Gut, jetzt wissen Sie, wie man einen Psychotherapeuten findet. Aber Sie wollen ja nicht irgendeinen finden, sondern den richtigen. Sie haben eine Empfehlung von Ihrem Hausarzt oder von einer Freundin, die ihnen einen ganz bestimmten Psychotherapeuten genannt haben. Falls Sie lediglich eine Psychotherapeutenliste Ihrer Krankenkasse haben oder einfach nur in den Gelben Seiten unter »Psychotherapie« nachgeschaut haben, haben Sie jetzt die Qual der Wahl.
    Ob ein Therapeut für Sie der geeignete ist, werden Sie so oder so erst dann wissen, wenn Sie ihn kennengelernt haben. Selbst dann, wenn man Ihnen jemanden empfohlen hat, ist das noch keine Garantie dafür, dass Sie mit dem Betreffenden gut zurechtkommen. Auch bei Bäckern, Friseuren und Ärzten muss man ja oft ein wenig herumsuchen, bis man einen gefunden hat, dessen Brötchen nach Brötchen schmecken, der hinten nicht immer so kurz schneidet und der sich nicht nur mit seinem Computer unterhält.
    Vielleicht haben Sie das Gefühl, Sie können nur zu dem Therapeuten gehen, bei dem Ihre Freundin in Behandlung war. Sie war so begeistert von ihm, dass Sie unbedingt auch dorthin wollen. Bevor Sie zu einem anderen gehen, lassen Sie es lieber bleiben. In diesem Fall tut der betreffende Therapeut gut daran, Ihnen keinen Therapieplatz anzubieten. Entweder es geht Ihnen schlecht und Sie brauchen Hilfe – oder nicht.
    Ich erwähne das deshalb, weil es tatsächlich oft vorkommt, dass Patienten weniger Angst haben, zu einem Therapeuten zu gehen, den die Freundin schon vorgetestet hat. Ein wenig Angst schadet aber nicht, um die Sache – und sich selbst – wirklich ernst zu nehmen. Auch wenn ich mir hier einen Wolf schreibe, um Ihnen die Furcht vorm Psychotherapeuten zu nehmen – etwas anderes als der Besuch bei der Kosmetikerin ist es schon.
    Außerdem – sich einen Therapeuten zu teilen wird spätestens dann schwierig, wenn die beiden Patienten sich in die Wolle geraten und jeder in der Therapie seine Version schildert. Der arme Therapeut sitzt dann dabei, durch seine Schweigepflicht gebunden, und darf nicht einmal sagen, woran es seines

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