Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin
zusammen.
Und weil wir gerade bei den Statistiken sind: Jeder Dritte hat schon einmal an einer psychischen Erkrankung gelitten oder leidet noch daran. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung sucht jedes Jahr wegen psychischer Probleme den Hausarzt auf, etwa fünf Prozent Fachärzte und Psychotherapeuten. Auch das summiert sich über die Jahre.
Sie haben also gerade die schockierende Nachricht erhalten, dass Sie erst in ein paar Monaten einen Therapieplatz bekommen können. Jetzt dürfen Sie keinen Fehler machen.
Einfach aufzulegen und sich hinterher noch mieser zu fühlen wäre jedenfalls ein grober Schnitzer. Ich habe schon einige Patienten gehabt, die an dieser Stelle den Mut verloren haben und sich ein halbes Jahr später am liebsten in den Allerwertesten gebissen hätten. Festzustellen, die Probleme sind noch da, zu wissen, man hätte jetzt anfangen können, und einsehen zu müssen, man hat’s vergeigt – das ist nicht schön.
Legen Sie also nicht auf, sondern fragen Sie den Therapeuten, ob er eine Warteliste führt und ob er Sie auf diese Liste setzen kann. Das kostet nichts. Es gibt also nicht den mindesten Grund, es nicht zu tun. Sie können sich auch bei mehreren Therapeuten auf die Liste setzen lassen und sehen, wer das Rennen macht. Wenn Sie dann einen Therapieplatz bekommen haben, teilen Sie das aber bitte den anderen Therapeuten mit, auf deren Listen Sie stehen. Das können Sie dann ja auch gern wieder sonntags tun. Sonst haben alle Therapeuten bald nur noch Wartelisten mit Karteileichen. Und Patienten, die anrufen, bekommen zu hören, der nächste Platz sei erst in zwölf Jahren frei.
Falls Sie auf absehbare Zeit halbtags oder Schicht arbeiten, einen Tag in der Woche freihaben oder gar zeitlich total flexibel sind, vergessen Sie das bei Ihrem ersten Anruf bloß nicht zu erwähnen. Es kann Ihre Chancen auf einen baldigen Therapieplatz enorm vergrößern.
Fragen Sie den Therapeuten, ob er Ihnen zumindest schon einmal einen Termin zum Kennenlernen anbieten kann. Danach können Sie immer noch entscheiden, ob Sie sich bei ihm auf die Warteliste setzen lassen wollen oder ob Sie lieber weitersuchen möchten.
Die nächsten Schritte
Jetzt sind wir schon ein ganzes Stück weiter. Sie haben bei einem Psychotherapeuten angerufen, und Sie haben einen ersten Termin dort, zum gegenseitigen Beschnuppern. Schauen wir mal, woran Sie noch denken müssen, bevor Sie sich auf den Weg machen.
Was braucht der Therapeut von Ihnen?
Für die kassenzugelassenen Psychotherapeuten, also die, auf deren Schild »Psychologischer Psychotherapeut« oder »Ärztlicher Psychotherapeut« steht, gilt das sogenannte Erstzugangsrecht. Das heißt, Sie können dort einen Termin ausmachen, ohne eine Überweisung Ihres Hausarztes zu haben.
Eigentlich. Jetzt wird es wieder kompliziert.
Falls Sie in dem betreffenden Quartal noch nicht beim Hausarzt waren, legen Sie beim Psychotherapeuten Ihre Versichertenkarte vor, zahlen 10 Euro und erhalten dafür eine Quittung. Falls Sie in diesem Quartal noch einmal zu Ihrem Hausarzt müssen oder Überweisungen zu anderen Ärzten von ihm brauchen, legen Sie dem Hausarzt diese Quittung vor, dann darf er nicht noch einmal abkassieren.
Überweisungen zu anderen Fachärzten kann ein Psychologischer Psychotherapeut nicht ausstellen, weil er kein Arzt ist. Er kann darum auch nicht darüber befinden, ob Ihre Bauchschmerzen völlig harmlos sind, ob Sie damit am besten zu einem Gynäkologen gehen (falls Sie eine Frau sind, so viel können meistens sogar wir Therapeuten erkennen), oder zu einem Internisten. Das alles können wir, wie gesagt, nicht entscheiden. Wir sind für eine andere Sorte von Innereien zuständig.
Falls Sie in diesem Quartal schon einmal beim Hausarzt waren, lassen Sie sich von ihm eine Überweisung zum Psychotherapeuten ausstellen. Eine Diagnose ist auf dem Überweisungsschein nicht erforderlich. Ihr Hausarzt braucht sich da also nicht zu verrenken. Es ist uns lieber, er schreibt gar nichts hin, als dass er Ihnen etwas andichtet, das Sie gar nicht haben. Die Überweisung dient lediglich dazu, nachzuweisen, dass Sie schon die Praxisgebühr bezahlt haben.
Das gleiche Vorgehen gilt auch für alle folgenden Quartale, in denen Sie in psychotherapeutischer Behandlung sind. Sie waren noch nicht beim Hausarzt: 10 Euro plus Versichertenkärtchen. Sie waren schon beim Hausarzt: Überweisung plus Versichertenkärtchen.
Das gilt zumindest so lange, bis die Krankenkassen sich wieder etwas Neues
Weitere Kostenlose Bücher