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Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Titel: Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ausgedacht haben. In ein paar Jahren werden wir voll Nostalgie an die Zeiten zurückdenken, als ein Dutzend und mehr Kärtchen aller Art unser Portemonnaie ausgebeult hatte. Vielleicht bekommen wir dann alle kurz nach der Geburt, wie manche Hauskatzen heute schon, einen Chip implantiert. Der Arzt, der Psychotherapeut oder die Supermarktkassiererin gehen kurz mit dem Scanner drüber, und das war’s dann.
    Rein theoretisch braucht Ihr Hausarzt übrigens gar nicht zu wissen, dass Sie eine Psychotherapie machen. Wenn Ihnen das unangenehm ist oder Ihr Hausarzt seltsam darauf reagiert, wenn jemand das Wort Psychotherapie ausspricht, müssen Sie in den sauren Apfel beißen, auf die Überweisung verzichten und die 10 Euro in jedem Quartal beim Psychotherapeuten noch einmal bezahlen. Andererseits – warum sollte man verschweigen, dass man eine Psychotherapie macht? Sie sind wie gesagt nicht auf die Zustimmung Ihres Hausarztes angewiesen.
    Für einige meiner Patienten war die skeptische Reaktion des Hausarztes auf ihre Ankündigung, sie wollten eine Psychotherapie machen, ein Grund, darauf zu verzichten. Nein, nicht auf die Psychotherapie. Auf diesen Arzt.
    Sie sind Kassenpatient? Nicht privat versichert? Oje, das ist aber doof. Häufig zumindest. Nicht so bei der Psychotherapie. Hier ist es allenfalls für die privat Versicherten manchmal schwierig mit der Kostenübernahme durch die Kasse. Viele privat versicherten Patienten haben beim Abschluss ihrer Krankenversicherung nicht darauf geachtet, einen Tarif zu wählen, in dem auch Psychotherapie einigermaßen großzügig erstattet wird. Wenn Sie privat versichert sind, erkundigen Sie sich an dieser Stelle, wie es bei Ihrer Kasse und für Ihren Tarif aussieht. Die Kassenpatienten hingegen können sich ausnahmsweise freuen. Sie leben in einem Land, in dem die Kassen eingesehen haben, dass Patienten, die eine Psychotherapie gemacht haben, in Zukunft seltener krank werden und deshalb in anderen Bereichen weniger Kosten verursachen.
    Stimmt die Chemie?
    Jetzt können Sie sich tatsächlich auf den Weg machen. Seien Sie pünktlich, der Therapeut ist es auch.
    Vielleicht haben Sie ein komisches Gefühl, wenn Sie auf den Klingelknopf drücken, und schauen sich verstohlen um, ob Sie auch niemand gesehen hat. So, wie es vielen Menschen peinlich ist, beim Betreten eines Sexshops beobachtet zu werden. Hoffentlich sieht Sie jetzt keiner und denkt: »Oh, das ist jemand, der Probleme hat!«
    Atmen Sie tief durch und seien Sie stolz auf sich. Sie gehören zu den Tapferen, die es zumindest schon einmal bis hierher geschafft haben. Nehmen Sie die Papiertüte ab, die Sie sich über den Kopf gestülpt haben, lächeln Sie Vorbeigehende freundlich an und denken Sie sich: Du armes Ding, du hast noch einen langen Weg vor dir. Und ein halbes Jahr Wartezeit.
    Natürlich wird der Psychotherapeut oder die Psychotherapeutin völlig anders aussehen, als Sie es erwartet haben. Das ist ja immer so.
    Dieser allererste Moment des Kennenlernens ist auch für mich etwas ganz Besonderes, etwas, das ich auch nach vielen Jahren noch immer aufregend finde. Da kommt jemand die Treppe hoch, den ich über einige Zeit (eventuell sogar ziemlich lange) häufiger sehen werde als meine beste Freundin, und über den ich vielleicht mehr erfahren werde als dessen beste Freundin.
    Was in der ersten Sitzung auf Sie zukommen kann, wissen Sie ja nun schon so ungefähr, wenn es sich je nach persönlicher Arbeitsweise des Therapeuten auch immer ein bisschen anders gestalten wird. Und dass Sie dabei nichts verkehrt machen können, wissen Sie auch. Ein flaues Gefühl im Magen, das sich ein bisschen wie Angst anfühlt, ist völlig in Ordnung. Es ist lediglich ein Zeichen dafür, dass die Bewohner Ihres Seelenhäuschens Habtachtstellung eingenommen haben, weil sie ahnen, dass sich demnächst etwas ändern wird, und weil sie noch nicht ganz wissen, was sie davon halten sollen. Im Gegenteil, wer völlig locker und entspannt beim Therapeuten einläuft, hat vielleicht noch nicht so ganz die nötige Behandlungsreife. Und der Therapeut wird den kostbaren Therapieplatz eventuell lieber jemandem geben, der ihn wirklich nötig braucht. Das flaue Gefühl im Magen sollte sich normalerweise aber im Verlauf des Gesprächs etwas abmildern. Wenn nicht, müssen Sie noch einmal genauer hinschauen, woran das liegt.
    Sollten Sie den Eindruck haben, der Therapeut ist mit dem, wie oder was Sie erzählen, nicht zufrieden, sollten Sie sich fragen, ob Sie auch

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