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Da gewöhnze dich dran

Da gewöhnze dich dran

Titel: Da gewöhnze dich dran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Giese
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Sülzwurst auf sein Brot, «zu meine Zeit konntesste an so ’nem Mädken drei Monate lang rumgraben, eh daste an sie dran durftes – und selbst dann wusstesse nich, ob se auch wirklich wat für dich war. Konnte ja sein, dat et nich passte, so vom Charakter her, verstehße? Dann war die ganze Mühe für de Katz.» Er schneidet sein Brot in zwei Hälften und klappt es zusammen. «Am besten hasse dat mit den Mädken deshalb im Intervall gemacht, dasse an einer schon drei Monate dran warst, an ’ner anderen zwei und so weiter. Wenn die Erste nix war, konnteste sofort auf die Nächste zurückgreifen.»
    Lisbeth lächelt gütig, macht eine wegwerfende Handbewegung und sagt: «So isser, mein Rudi: Kein Arsch inne Buxe, aber La Paloma pfeifen.» Und zu Rudi: «Als ob du immer drei Weiber inne Leitung gehabt hättes.»
    Ich lache laut. Mein Gott, sind die beiden lustig.
    «Küsschen», fährt Schmidtchen fort, «konntesste dir zwar zwischendurch ma abholen – im Dunkeln, im Hoff oder hinter de Mauer, abba mehr war nich drin.»
    Als Schmidtchen und ich eine halbe Stunde später in der Tür stehen, um uns zu verabschieden, zieht er mich noch einmal zu sich heran. «Pass auf dich auf, Etteken.» Er fasst mich sanft am Arm. «Die Männers, die wollen meist nur Sechs. Ich weiß, wovon ich rede, dat hört nie auf, selbst in meim Alter nich. Wenn ich bei meine Lisbeth liech … also, ich sach ma … auch in ’nem alten Kapellchen kann man noch ’n schönes Vaterunser beten. Und so isset auch. Liebe vergeht nich, nich im Schritt und nich im Herzen.»
    Er legt sich eine Faust auf die Brust. Verlegen tritt er von einem Bein aufs andere. «Wat ich damit sagen will: Wenn ein Mann dich wirklich lieb hat, dann muss er nich sofort mit dir inne Kiste. Dann tanzt er auch drei Monate nur um dich rum. Ich hab der Lisbeth dat nie erzählt, abba ich hätte nie ’ne andere genommen als sie. Nachdem die Lisbeth gesacht hat, dat se mich will, hab ich die andern Frauen sofort vergessen. Seitdem gab et immer nur die Lisbeth für mich. So is dat mit der Liebe: Wenn et passt, dann passt et halt. Dat merkste sofort.»
    Hinter dem Milchglas der Haustür erscheint eine Gestalt. Weit oben höre ich eine Klingel, meine Klingel.
    «Mein Besuch», hauche ich Schmidtchen zu.
    Er klopft mir noch einmal mit der flachen Hand auf den Arm und verschwindet dann in seiner Wohnung. Ich gehe zur Haustür und öffne.
    «Hey», sagt Björn. «Empfängst du deine Gäste immer persönlich im Erdgeschoss?»
    «Nee», sage ich und lache, «ich bin gerade erst nach Hause gekommen.»
    Er nimmt meinen Kopf in die Hände und küsst mich auf den Mund, einfach so, der erste Kuss, als wäre es der hundertste. «Ich wünsche dir einen wunderschönen guten Abend. Wie war’s bei deiner Oma?»
    Wir gehen in den vierten Stock.
    Ich schließe die Wohnungstür auf. Björn packt mich, schiebt mich in die Wohnung und küsst mich.
    «Du hast mir gefehlt», sagt er, nachdem er mich freigelassen hat.
    «Du bist ganz schön stürmisch», sage ich.
    Er verengt seine Augen zu schmalen Schlitzen. «Gut», sagt er und legt seine Arme auf den Rücken. «Wenn du es eher klösterlich magst. Ich kann auch das.»
    Ich verschränkte meine Hände vor dem Körper und wiege mich verschämt hin und her. «Noch einen Kuss fände ich aber nicht schlecht.»
    Er beugt sich vor und knutscht mich fest an den Hals. Ich kann nicht anders, ich muss quietschen wie eine Sechzehnjährige. «Das kitzelt», japse ich.
    Wir landen auf dem Sofa, ohne viel Aufhebens, wir küssen uns, wir necken uns, wir entkleiden uns. Es fühlt sich an wie bei unserem Telefonat: offen, überraschend, natürlich, als würde es auf der Hand liegen, es ist wie ein Geständnis, ein Bekenntnis von Zuneigung, von Anziehung, von Hinwendung. Vielleicht ist es auch wegen unseres Telefonats, unserer Worte über Liebe, Verletzungen und Fehler. Mit einem Mal ist alles selbstverständlich, ist unsere Intimität wie geübt. Seine Berührungen fühlen sich an wie ein Nachhausekommen, wie ein Ankommen.
    Björn richtet sich auf, stützt sich auf seinen Unterarm und streicht mir die Haare aus dem Gesicht. «Ich kann leider nicht hier übernachten.»
    «Warum nicht?»
    «Weil ich morgen um acht in der Firma sein muss.»
    «Bis Essen fährst du aber doch nicht so lang.»
    «Sei mir bitte nicht böse.»
    Als wir in der Wohnungstür stehen und ich Björn verabschiede, sehe ich, dass Gabis Türkranz wieder hängt. «Hier wohnen Gabi und Rainer», baumelt

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