Da gewöhnze dich dran
die Auszeit vorbei.
«Diese Wurfkuh auf der halblinken Position», beendet Iosif seine Ansage, «die nehmen wir raus. Fünf plus eins, Lucy macht die Manndeckung. Alles klar? Weiter geht’s!»
Wir schreien «Let’s go!», gehen zurück aufs Feld, spielen eine gute Kombination, einen einfachen Wechsel, Doppelpass im Rückraum, Rosi legt auf den Kreis ab, Schnecke macht das Tor, 3 : 8 . Doch in der Abwehr hakt es weiterhin, Rosi nimmt die große, halblinke Rückraumspielerin in Manndeckung, verliert sie aber, die Halbrechte holt sie zum Wurf, Tor, 3 : 9 . Bis zur Pause kommen wir auf 12 : 16 ran, im Angriff läuft es besser, aber hinten stehen wir trotz Iosifs Ansprache schlecht.
«Was ist das?», brüllt Iosif in der Kabine. «Sagt mir! Was ist das? Ist das Tag der offenen Tür bei euch? Elf Tore im Angriff ist okay, ist nicht super, aber ist okay, können wir zufrieden mit sein, aber 16 Tore kriegen, das geht nicht, Mädels! 16 Tore, davon ein Siebenmeter, ein Tempogegenstoß, sonst alles Tore aus dem Spiel heraus. Was sagt uns das? Das sagt uns zwei Sachen: Ihr seid nicht aggressiv genug, und die Weiber da draußen sind verdammt langsam. Wacht auf! Lucy macht eine Pause, Lisa nimmt in der Abwehr stattdessen die Halblinke kurz, wir spielen weiter Fünf plus eins. Rosi und Kerstin tauschen Angriff-Abwehr, Rosi geht vorne auf die Mitte, Kerstin – wo ist Kerstin?»
Schnecke deutet auf Kerstin, die sich gerade hinuntergebeugt hat und ihre Schuhe neu bindet.
«Kerstin», spricht Iosif sie an, «du machst mit Nessy den Mittelblock. Macht Galle da hinten! Schreit die Mädels zusammen. Und doppelt die Kreisläuferin. Seit wir die Wurfkuh rausgenommen haben, sucht der Rückraum der Gegner den Kreis, und der setzt sich nur ab. Bleib bei der Kreisläuferin, dann kommt da nicht mehr viel.»
«Nessy», spricht er mich an. «Du bleibst zehn Minuten, dann kommt Schnecke wieder rein. Setz die Sperren da vorne. Und wenn unsere Außen einlaufen, zieh gegen, dann kann Rosi über die Mitte durchgehen oder auf einen von euch ablegen.»
Er holt tief Luft. «Weiter, Mädels! Vier Tore! Die holen wir uns!»
Wir schaffen tatsächlich den Ausgleich, 18 : 18 , aber danach geht es wieder bergab. Wir verlieren vorne den Ball, und obwohl der Gegner langsam ist, läuft er nun Tempogegenstöße. Alina kriegt die Bude voll, schreit uns von hinten an, Bunke, Mörtel, Kaleu und auch Björn, der extra aus Essen gekommen ist, feuern uns an, doch es nützt nichts. Am Ende verlieren wir deutlich mit 24 : 29 .
Mit gesenkten Köpfen schleichen wir in die Kabine, die Sporttaschen hinter uns herschleifend. Doch die Stimmung wird sofort besser, als ich unsere neu aufgestockte Beauty-Tasche präsentiere.
«Hier, Mädels», sage ich und halte eine Flasche hoch. «Neu für die Haut, die Winter-Edition ‹Après Ski›, damit riechen wir alle nach Lebkuchen und kandiertem Apfel. Außerdem eine Relax-Dusche mit ätherischen Ölen und Minze für ein anregendes Dusch-Erlebnis.»
«Die hatte ich schon mal», sagt Lucy. «Das ist Silvester für untenrum. Die Minze macht’s erst kalt, dann warm, dann explodiert die Rakete.»
«Sauber ausgesucht», sagt Schnecke.
«Und für die Haare», fahre ich fort und lese von den Packungen ab, «Seidenglanz-Shampoo Perle-Himbeer und eine Oil-Repair-Pflege-Spülung, vermindert Spliss und Haarbruch um 80 Prozent, mit hochwirksamem Feuchtigkeitskomplex.»
«Good job», sagt Katrin. «Gib mir mal ’n Tampon raus. Hast du auch Slipeinlagen?»
«Nee», sage ich. «Das ist doch hier kein Vollsortiment.»
«Was hast du denn da unten auf deinem Rücken?», fragt Katrin. «Das ist voll das rote Rechteck.»
«Das ist der Abdruck meines letzten Wärmepflasters», sage ich.
«Heftig. Bist du allergisch dagegen? Wie geht’s denn deinem Rücken?»
«Geht so.»
«Krasses Arschgeweih», meint Lucy. «Das mach ich mir heute Abend für die Disse.»
«Die Motive sind aber begrenzt», sage ich. «Es gibt nur Rechtecke.»
«Kann man sich ja zurechtschneiden.»
«Genau», sagt Schnecke. «Ein Playboy-Häschen aus ABC -Pflaster. Das ist der Rock’n’Roll des Alters.»
Vor der Halle sagt Iosif: «Morgen kein Waldlauf. Erholt euch. Geht in die Sauna. Legt euch aufs Sofa. Am Dienstag möchte ich, dass alle frisch sind. Ihr spielt schlecht. Wir haben zu tun.»
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Die Heimat ist wie eine Liebe
Die Tage und Wochen gehen ins Land, fliegen dahin, ich spiele Handball, gehe zur Arbeit, lache viel, treffe
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