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Da gewöhnze dich dran

Da gewöhnze dich dran

Titel: Da gewöhnze dich dran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Giese
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haben noch den Hauch einer Chance, bei Neumond und gleichzeitig zwei Promille Pegel.
    In diesem Moment taucht aus dem Nichts eine brünette Schönheit in einem türkisfarbenen Kleid auf, hakt sich bei Bradley ein, stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn auf die bärtige Wange. Rosis Augen verengen sich zu Schlitzen, Lucys Lächeln fällt aus ihrem Gesicht wie eine dicke Wassermelone und zerschellt auf dem Tanzboden des Festlokals.
    Wir sind konsterniert, trösten uns mit einer Runde Caipis, werden jedoch bald wieder hoffnungsfroh, als sich die Gesellschaft mehr und mehr an der Bar versammelt. Wir mischen uns unter das Ruderervolk; ich fühle mich wie eine zierliche Elfe im Eichenwald: Die Zahl der Männer, die kleiner sind als ich, bewegt sich bei weniger als zehn. Ich möchte mich gerne überall anlehnen und meinen Kopf an die Schultern und Brustmuskeln der umstehenden Männer betten, aber ich wahre die Contenance und sauge Rohrzucker durch meinen Strohhalm.
    «Warum haben große Männer eigentlich immer kleine Frauen? Das ist doch Verschwendung», jammert Rosi neben mir.
    Ich zucke mit den Schultern.
    Der Abend endet verschwitzt, müde und friedvoll angetrunken, aber ohne auch nur die Idee von Verliebtheit. Doch irgendwas muss uns beseelt haben, denn trotz Schlafmangels spielen wir am nächsten Tag wie die Göttinnen und gewinnen unser Spiel mit bislang selten zutage getretener Eleganz.

    «Hast du gesehen? Mein Bruder saß im Publikum», sagt Katrin, als wir unter der Dusche stehen und uns mit dem Duschgel «Frühlingsgefühle» einreiben, einer Sonderedition aus der Drogerie mit «fruchtig frischer Note fürs Glücklichsein».
    Natürlich habe ich ihn gesehen, wir sind ja zusammen hergekommen. Das hat Katrin nur nicht bemerkt, weil sie es nicht bemerken sollte. Wir haben ihr noch nichts erzählt. Wir haben es niemandem erzählt, schon gar nicht Melanie.
    «Ich glaube, er steht auf dich», sagt Katrin und tritt zur Seite, damit Alina sich abduschen kann. Es gibt nur sechs Duschen. Wer sich gerade einseift und kein Wasser braucht, macht Platz für andere.
    Ich muss innerlich lachen. Denn ja, das glaube ich auch.
    «Wie kommst du darauf?», frage ich.
    «Er hat letztens von dir erzählt, als wir bei unseren Eltern waren. Er war dabei so … keine Ahnung. Es macht jedenfalls den Eindruck.»
    Ich lasse mir heute Zeit beim Abtrocknen. Am Ende stehe ich mit Katrin alleine in der Kabine, während die anderen schon Mädchenbier trinken. Katrin ist zwar immer die Erste unter der Dusche, aber auch die Letzte, die die Kabine verlässt. Dieses Gewissenhafte, die Liebe zum Detail – das muss in der Familie liegen.
    «Thorsten war nicht deinetwegen hier», sage ich, während sie ihre Badelatschen ins nasse Handtuch einrollt und beides in ihrer Sporttasche verstaut.
    Sie hält inne, runzelt die Stirn, guckt für einen Moment verständnislos, dann grinst sie.
    «Wegen dir?», fragt sie.
    Ich nicke.
    «Also steht er auf dich.»
    Wieder nicke ich.
    «Und er hat es dir schon gesagt.»
    «Ja.»
    «Und weiter?»
    «Wir sind zusammen.»
    «Nein!»
    «Doch.»
    «Seit wann?»
    «Ein paar Wochen.»
    «Und der Scheißkerl sagt mir nichts?!» Sie ist aufgestanden, kommt grinsend auf mich zu und boxt mich in die Schulter. «Und du auch nicht?»
    «Na ja», ich zucke mit den Achseln. «Wir wollten erst mal abwarten.»
    «Mensch, Schwägerin, ey.» Sie stemmt die Hände in die Hüften und mustert mich. Dann breitet sie die Arme aus. «Komm an mein Herz. So ’ne Frau hat der Thorsten sich verdient.»

    Als ich als Tabellenführerin nach Hause komme und meine Wohnungstür aufschließe, steht Gabi in der Nachbartür. Sie trägt einen pinkfarbenen Morgenmantel, hat ihren Kopf voller Lockenwickler und hält Kalle auf dem Arm.
    «Tut mir leid, dat ich dich so abfange mit meine Röllekes inne Haare, abba ich hab dich zufällich kommen hören. Et ist wat passiert.»
    Ich denke: Rainer ist wieder eingezogen. Oder ausgezogen?
    «Dat Schnüsken von dem Hausfürsten hat gestern Abend den Schirm zugeklappt. Is noch zwei Tage im Krankenhaus gewesen, abba se ham wohl nix mehr machen können.»
    «Frau Schmidtchen ist tot?», frage ich und lasse den Schlüssel sinken.
    «Ich bin ja nich so ’n mitfühlenden Menschen, abba ich mach mir’n bissken Sorge um dat alte Schlömmken da unten. Der hat doch an seine Frau gehangen wie ’n Komapatient anne Herz-Lungen-Maschine. Ohne die geht bei dem doch nix.»
    «Gabi», sage ich und hole tief Luft. «Frau

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