Da haben wir den Glueckssalat
kann Stefs Gesicht kaum erkennen. Plötzlich weiß ich nicht mehr, wie er aussieht. Er küsst mich wieder, dann rollt er sich auf mich und presst seinen Körper gegen meinen.
» Autsch«, sage ich. » Gürtel.«
» Ich nehme ihn ab«, sagt er.
Eine leise Stimme in meinem Kopf flüstert: Du solltest nicht hier sein.
Ich schließe die Augen und ignoriere sie. Küss einfach weiter und denk nicht an Eddie, Aidan, das SchlankMobil und alles andere…
» Du törnst mich so an«, flüstert Stef und schnappt sich meine Hand, um es mir zu beweisen.
Nein.
Ich reiße meine Hand weg, schiebe ihn weg und setze mich auf. » Ich will nicht.«
» Sicher willst du«, sagt Stef.
Er hält meine Arme fest, rutscht flink ein Stück nach unten und fängt an, die Innenseite meines Oberschenkels zu küssen. Mit den Zähnen schiebt er den Saum meiner Shorts hoch. Coco hat mir vorhin geholfen, diese Shorts auszusuchen. Ist das wirklich erst ein paar Stunden her? Es fühlt sich an wie Jahre. Was zum Teufel habe ich in einer leeren Wohnung verloren mit einem fremden Kerl, der an meinen Oberschenkeln knabbert? Gott allein weiß, wo diese Zunge schon überall gewesen ist.
» Nein«, sage ich, schiebe seinen Kopf weg und ziehe die Beine an, um eine Barriere zwischen uns zu bilden. » Ich will nicht… ich will nicht hier sein.«
Stef setzt sich auf und ordnet rasch seine Frisur. Ganz der Coole, keine Frage. » Kein Problem. Wo möchtest du denn hingehen, Baby? Ich fliege am Freitag auf die Bahamas. Warum kommst du nicht mit?«
» Nein«, sage ich und klettere schwankend von der Couch. Wo sind meine Stiefel? » Ich will nach Hause.«
» Schön.«
Er schaltet um von zärtlich auf kalt. Verwöhnte Kinder machen das oft, wenn man ihnen eine Abfuhr erteilt. Sie glauben, dass man dann ein schlechtes Gewissen bekommt und zwangsläufig nach Bestätigung und Aufmerksamkeit sucht, indem man die Beine breit macht. Leider, aus Stefs Sicht, habe ich dieses Spiel zu oft mitgespielt.
» Gut«, sage ich.
Endlich entdecke ich meine Stiefel. Ich ziehe sie an und verschwinde, ohne mich zu verabschieden. Als ich sicher im Aufzug stehe, werfe ich einen Blick auf mein Handy. Es ist kurz nach fünf. Gestern war ich um diese Zeit schon auf den Beinen und habe gearbeitet. Gott, das fühlt sich so verkehrt an. Ich sollte mich schon längst um die Arbeit kümmern und Toto vom Stellplatz holen, die Salate vorbereiten, nach Manhattan aufbrechen…
Ich habe wirklich Riesenbockmist gebaut.
Die Straßen in Manhattan sind grau, es ist windig und kalt, und bis ich ein Taxi finde und zu Hause ankomme, ist die Sonne aufgegangen. O Gott, ich muss heute arbeiten. Wie konnte ich das gestern Abend völlig vergessen?
Fröstelnd schleiche ich auf Zehenspitzen ins Haus.
Verdammt. Stimmen in der Küche. Madeleine und Julia, nehme ich an. Ich versuche, die Treppe unbemerkt hochzuschleichen, aber dann…
» Pia? Wow, scheint wohl ein gutes Date gewesen zu sein!«
Ich drehe mich um. Madeleine und Julia, beide in Joggingkluft, startbereit, auf ihre perfekte und kompetente Art, bevor sie zur Arbeit gehen, die sie perfekt und kompetent erledigen, und später nach Hause kommen in ihr perfektes und kompetentes Leben.
» Falsch«, sage ich. » Es war nicht gut. Ich habe es nämlich vermasselt, und jetzt wird er nie wieder mit mir reden. Ich war dann noch was trinken, und es ging ziemlich rund. Ich habe gekokst und bin mit irgendeinem Typen in seine Wohnung. Und jetzt verpasse ich einen ganzen Tag mit dem SchlankMobil, und Cosmo wird mir am Schluss wahrscheinlich einen Zeh nach dem anderen abschneiden. Ihr kennt ja den Spruch: Wenn man schon sein Leben ruiniert, dann richtig!« Beide starren mich erschrocken an. » Ich bin ein beschissener Loser, okay?«
Bevor sie eine Antwort geben können, drehe ich mich um und stapfe nach oben in mein Zimmer. Irgendwie bringe ich noch die Energie auf, zu duschen und das klebrige Gefühl der Nacht abzuwaschen, und dann– endlich– gehe ich ins Bett.
Der Kokskick ist schon lange verflogen und hat eine bleierne Müdigkeit hinterlassen, trotzdem rast mein Verstand, ohne länger bei einem Gedanken verweilen zu können, einer Abwärtsspirale folgend. Aidan, Eddie, Toto, Mike, Jonah, Bianca, Julia, Angie, Madeleine, Coco, Cosmo, Nicky, meine Eltern… Ich finde keinen Gedanken, der mich tröstet. Mein Leben ist zu kompliziert, zu schwierig.
Gegen sieben Uhr falle ich endlich in einen traumlosen Schlaf.
23
Es ist früher Abend, und ich liege
Weitere Kostenlose Bücher