Da haben wir den Glueckssalat
anstarrt.
» Wohin genau?«
» Das sage ich Ihnen unterwegs. Bringen Sie mich einfach bloß schnell weg aus Brooklyn.«
Ich tippe hektisch eine SMS an Angie. Hilfe, Hilfe, Hilfe, EDDIE
Sie ruft sofort an.
» Was zum Teufel ist los?«
» Er war im Restaurant, und ich bin ausgeflippt«, sage ich.
» Was ist mit dem Engländer?«
» Ich habe ihn stehen lassen.«
» Komm zu uns«, sagt sie. » Hier wartet ein Wodka auf dich, der so groß ist wie Maine.«
» Adresse?«
» Wir sind im West Village. Fahr zur Grove Street, Ecke Bleecker, und dann meldest du dich wieder.«
» Okay.«
Wir sind noch nicht einmal auf der Brooklyn Bridge. Ich schließe die Augen und befehle dem Taxifahrer stumm, aufs Gas zu drücken. Ich habe Lust auf Champagner, Wodka, Tequila, eine Zigarette, einen Joint, zum ersten Mal seit meinem Schulverweis sogar auf eine verdammte Line… egal, was, Hauptsache, dieses schreckliche Gefühl geht weg.
Ich bin es leid zu arbeiten. Ich bin es leid, mir Sorgen zu machen. Ich bin es leid, Risiken einzugehen. Bei mir klappt sowieso nichts. Ich habe nicht einmal mehr Lust, ich zu sein.
22
Das Nächste, was ich weiß, ist, dass es drei Uhr morgens ist.
» Pia! Wir gehen!«, schreit Angie über die Musik hinweg.
» Ihr seid langweilig!«, rufe ich zurück.
Der Kerl neben mir– Stef? Stan?– wirft den Kopf in den Nacken und lacht schallend, bevor er mich abklatscht. Er ist ein heißer Typ (langhaarig, überprivilegiert, Sohn von reichen Eltern), und ich habe das Gefühl, dass ich später mit ihm im Bett landen werde. Vor einer Stunde habe ich an der Theke mit einem anderen Typen geknutscht. Ich frage mich, wo er geblieben ist. Was soll’s. Im Moment will ich einfach nur meinen Spaß haben!
» Musst du nicht in drei Stunden in deinen Truck steigen?«, fragt Angie. Sie hat den ganzen Abend mit Ali herumgeturtelt und sich ansonsten sehr zurückgehalten. » Komm schon, ich bringe dich nach Hause.«
» Fuck the truck!«, sage ich mit dem ganzen schamlosen, unbesonnenen Übermut nach einem halben Gramm Koks und einem Eimer Champagner. » Scheiß drauf!«
» Pia, Spaß beiseite«, sagt sie mit ihrem » Hör mir zu«-Gesicht.
» Angie, Spaß beiseite «, äffe ich sie nach. Ich möchte niemandem zuhören. Ich fühle mich großartig!
» Und was ist mit morgen?«
» Scheiß auf morgen!«
Kurz darauf brechen Angie und Ali auf. Ich weiß nicht, wohin sie wollen oder wo genau wir uns befinden. Wir ziehen seit elf durch die Kneipen. Im Moment sind wir in einer Bar mit kleinen Sitznischen hinter Samtvorhängen, die die ganze Nacht geöffnet ist. Es sind nur noch vier von uns übrig: ich, Stan/Stef und Veronique und Charles, ein Pärchen, das seit zwei Stunden ineinander verschlungen ist.
» Wo gehen wir als Nächstes hin, Stef?«, fragt Charles. Ah, gut. Jetzt weiß ich wenigstens, dass er Stef heißt.
» Wir feiern in meiner Wohnung weiter«, antwortet Stef.
Charles wirft einen Blick auf mich und zwinkert dann Stef zu. Hält der mich für blind oder für dämlich?
» Das machen wir! Bereit zum Aufbruch, Ladys?«
» Du kommst mit mir«, sagt Stef und verschränkt seine Finger mit meinen. Er hat lange, kühle Finger, und sie fühlen sich falsch an. Aber ich verdränge diesen Gedanken, indem ich mir ein weiteres Glas Champagner hinter die Binde kippe. » Beeindruckend, wie schnell du Schampus trinken kannst.«
» Ich habe keinen natürlichen Würgereflex«, entgegne ich und richte die Augen auf ihn.
Er lacht. » Baby, du bist der Hammer!«
Das Nächste, was ich mitbekomme, ist, dass wir in Stefs Wohnung landen, einem geräumigen Apartment ganz in Weiß auf dem Columbus Circle, mit einem Flachbildschirmfernseher, der eine ganze Wandbreite einnimmt, und sehr kalten weißen Ledersofas.
» Seit wann wohnst du hier?«, frage ich Stef.
Wir sitzen auf einer Couch, Charles und Veronique auf der anderen.
» Seit zwei Jahren«, antwortet Stef.
» Kannst du dir keinen Innendesigner leisten?«, sage ich. » Wow, die Zeiten sind hart.«
» Ich war beschäftigt.«
» Du arbeitest?«
» Teufel, nein, Baby, ich amüsiere mich nur.«
Stef drückt mich in die Couch und küsst mich, und ich verliere mich in seinem Kuss. Unvermittelt sind wir allein.
» Lass uns noch ein Näschen ziehen, dann machen wir uns nackt«, schlägt Stef vor und küsst die Stelle hinter meinem Ohrläppchen, was mir am ganzen Körper Gänsehaut verursacht.
Im Zimmer ist kein Licht, nur aus der Diele dringt ein schwacher Schein. Ich
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