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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Mannhardt bemerkte – half ihnen über ihren toten Punkt hinweg.
    Siegfried erzählte, daß sich Inge und er in einem Reiseführer über Portugal entdeckt hätten, wie sie da als deutsche Rucksacktouristen durch die Lande zogen, obwohl sie nie selber dort gewesen seien; der Autor, ein Freund von ihnen, habe über diesen Gag gewiehert.
    Peter dozierte viele hundert Meter lang über den Zusammenhang von Herrschaft und Sprache, daß Mensch und Mann gleichgesetzt seien, Mädchen sich dagegen von Magd herleite, auf die Bestimmung zum Dienen hinweise.
    Mannhardt schließlich erfreute sie mit der Schilderung eines Falles aus Mettmann, Nähe Düsseldorf, wo es einer Mutter von neun Kindern fast zwanzig Jahre lang gelungen war, den Tod eines ihrer Söhne zu vertuschen, «obwohl der inzwischen schul- und wehrpflichtig geworden war. Bis er achtzehn geworden wäre, hat sie sogar Kindergeld für ihn bezogen. Bei der Polizei hat sie ihn als ‹nach unbekannt verzogen› abgemeldet, ohne daß da was aufgefallen wäre. Dabei hat sie ihn, als er knapp drei gewesen ist, verhungern lassen und dann im Garten vergraben. Rausgekommen ist das Ganze durch einen Verlobten einer ihrer Töchter…»
    Gerade als sie Blossin erreichten und durch die einzelnen Gehöfte hindurch den See erkannten, elefantengrau und scheinbar ohne Ende, brach auch das Gewitter los, ließ ihnen kaum noch Zeit zum Überstreifen ihrer Regenjacken.
    «Mensch, das ist ja wie ein Hurrikan!»
    So stark wehte es über den Wolziger See, daß sie sich beim Rennen wie die Skispringer weit nach vorne legen konnten, ohne hinzufallen. Staub und Dreck schlug ihnen in die Gesichter, herabgerissene Zweige und Blätter, vom Wagen gefallenes Heu; Sandkörner drangen schmerzend in die Augen. Und als dann schlagartig der Regen einsetzte, nicht in Tropfen fiel, sondern sie wie ein Wogenkamm erfaßte, waren ihre Jeans und Schuhe in Sekunden völlig durchnäßt, kam Panik auf.
    «Da drüben ist das Restaurant!» Siegfried schrie es nach hinten, die Rettung war nah.
    Doch: denkste! «Schließtag» war da heute, also alles zu.
    Keine Selters zu –,11 M, kein Schnitzel mit Letscho für M 4,22, vor allem aber: kein gemütliches Plätzchen, keine Möglichkeit, die Sachen wieder trocken zu kriegen.
    In der Tat, es war zum Heulen. Und zum Lachen gleichermaßen, denn insgesamt hatten sie genau DM West 1.546 in all ihren Taschen, Traumsummen für jeden Bürger in der DDR, und litten dennoch, waren jämmerlich dran. Aber wie denn: mit einem blauen Westhunni in der Hand hier irgendwo klingeln und um neun warme Plätzchen bitten? Ja, warum denn nicht? Sie diskutierten darüber, schrien sich ihre gegenteiligen Meinungen zu. Wenn sie nun an einen mit Kontaktverbot gelangten und der sofort den Staatsschutz rief? Der sie ja möglicherweise sowieso schon auf der Abschußliste hatte. Na und? Aber da, wo wir klingeln, da kriegen doch die Leute unsertwegen womöglich unheimlich Ärger. Lieber willste dir den Tod hier holen!? Gott, wir sind doch nicht aus Pappe! Nee, hart wie Kruppstahl. Ja, verrosteter aber! Man braucht ja auch nicht gleich Westgeld anzubieten, sagen wir doch einfach, daß wir aus Pankow kommen (das einer der Ostberliner Stadtbezirke war). Meinste denn, dir sieht keiner an, wo du herkommst!
    «Ich schlage vor, wir laufen weiter jetzt!» Siegfried versuchte, die acht anderen wie auch den Sturm zu übertönen, doch ohne Erfolg, denn nun donnerte es auch von überall her mit ungewohnter Urgewalt, und irgendwo in Bäume und Scheunen schlugen Blitze ein.
    Sie preßten sich unters schmale Vordach des geschlossenen Kruges und verfluchten Gott und die Welt, hätten jetzt am Kurfürstendamm gemütlich bei Möhring oder Kranzler sitzen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen können, anstatt sich hier von seinem Strafgericht erschüttern zu lassen.
    «Ich komm mir vor wie ‘n Baby in ‘ner nassen Windel bei zehn Grad unter Null!» stöhnte Carsten Corzelius.
    «Wieso…?» fragte Horst. «Laßt ‘n ihr Yemayá bei solchen Temperaturen immer aufm Balkon draußen liegen?»
    «Wo soll sie denn hin, wenn Jessica zu singen anfängt?»
    Zur Strafe für ihre lästerlichen Reden schlug der Blitz nun im Restaurant oben ein, und sie zuckten ganz schön zusammen.
    «Wenigstens kann man sich vor Angst in die Hosen machen, ohne daß es auffällt; nasser geht’s ja ohnehin nicht mehr.»
    «Vom Geruch mal abgesehen…»
    Nach einer knappen halben Stunde entschloß sich das Unwetter, die neue

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