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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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hin…»
    «Hast du deine mystische Periode, was…!?»
    «Wieso? Ist doch in jetzt, steht doch überall was von der Wendepolitik, die sie betreiben…»
    Ob Blödeln gut war gegen böse Wassergeister? Schien nicht so, denn irgendwo saß ein Käuzchen oben im Geäst der Birken und klagte laut. Der Totenvogel?
    Schwarze Erde, schon Morast, schmutzige Erlengebüsche und Huflattichblätter, riesig und unheimlich, geschaffen, um Leichen darin zu verstecken. Mannhardt ließ Corzelius wissen, was er da dachte, und wurde seiner professionellen Deformation wegen heftig beschimpft.
    Wo waren sie hier eigentlich? In Dolgenbrodt? Nein. In den Tropen! Ringsum doch nichts als grüne Hölle, dichter Regenwald. Quatsch, bei dieser subpolaren Kälte hier! Amazonas oder Grönland?
    «Ich glaub, ich spinne langsam…» Corzelius spürte, und das ließ ihn grausam frösteln, wie sich die, wie sich seine Wirklichkeit langsam verlor, Gewißheit einer absoluten Leere wich. Gab es außerhalb dieser Nebelschwaden überhaupt noch eine Welt? War West-Berlin, der Kudamm nicht bloße Fiktion, Jessica, Yemayá nicht lediglich ein Traum, hier in dieser grüngrauen Einöde gewachsen, um sich daran hochzuziehen…? Dolgensee, Dolgensee…? Nie gehört. Gab es doch gar nicht.
    Angst stieg hoch in ihnen, daß die alten Wendengötter sie als Opfer haben wollten, Nykus, der wödny muz, der Wassermann, mit seinem Wasserweib, die auf Wanderer scharf sein sollten, darauf aus waren, sie zum Baden zu verleiten, und dann ertränkten. Sie hörten sie wispern: Pradu so, pradu belu wolmu / Za goru we dnju a z nocu. Eine Zeitmaschine hatte sie ins vergangene Jahrtausend zurückgerissen.
    Die Wuthenowsche Datsche war ein karbolineumdunkles Holzhäuschen mit höchstens anderthalb Räumen plus Küche und Klo und nicht eben hohen Schlafräumen unterm schrägen Dach, ergänzt von einem schiefen Wellblechschuppen ganz sicher aus Vorkriegszeiten und einer selbstgemauerten Garage sowie einem weit in das Wasser hineinragenden Steg nach Ponton-Art, das heißt, eine Reihe langer Gitterroste, verzinkt, wie Mannhardt sie aus Fabrikanlagen kannte, war auf leer schwimmende Benzinfässer aufgeschraubt worden. Und an diesem Steg, na siehste!, lag gut vertäut, mit einer grauen Plane abgedeckt, ein kleines Motorboot, heiß begehrt, faßte mindestens die Hälfte von ihnen.
    «Da kommt Freude auf!» sagte Mannhardt.
    «Noch haben wir’s nicht…»
    Sie taten die letzten Schritte auf den Gartenzaun zu, und der eh sehr schlechte Schotterweg verlief sich in einer knöcheltiefen Seenplatte.
    Der Garten war auch nicht das, was sie von ihren Bausparkassenblättchen kannten, war ungepflegt und kärglich zu nennen. Eine Hollywoodschaukel war mit einer kackbraunen Folie geschützt, Plaste und Elaste, und glänzte naß und abschreckend, und die Tischtennisplatte stand so schief, als hätte Wuthenow vorhin mit einem Gartenzwerg gespielt. So jedenfalls Hans-Jürgen Mannhardt, während C. C. nur noch schwieg. Allein das intensive Blau des Rittersporns kam noch an gegen diese wendische Tristesse, nicht einmal die pflichtgemäß gepflanzten roten Nelken schafften dies.
    An einer alten Schwengelpumpe hantierte ein kugelförmiges menschliches Wesen, eingepellt in Regensachen von scheußlichsten schiefergrauen, borkenbraunen Farben. Wie alter Labskaus auf dem Abwaschteller, fand C. C. mit einem Bild aus Bramme-Nord, wie die Kotze eines Frolic fressenden Hundes, meinte Mannhardt dagegen.
    Die Gestalt fuhr herum, als Mannhardt hustete, und erwies sich als Wuthenows Frau. Die Tochter des Ministers, wie er bereits erfahren hatte, eine einflußreiche Frau in Gewerkschaft und Partei, Ökonomin, und für die Karriere ihres Mannes wichtiger als die Sonne für das Wachstum von Tomaten; so jedenfalls Corzelius.
    Der war es auch, der jetzt über den Jägerzaun rief, daß er ein Bekannter ihres Mannes sei und ob er den wohl sprechen könne.
    Sie kam zum Gartentor und streifte sich die Regenhaut ein wenig von Gesicht und Haar herunter, und Mannhardt erschrak, hatte Angst, seine Augen könnten ihn verraten, den Inhalt dessen preisgeben, was er bei ihrem Anblick dachte: häßlich, grimmig, fürchterlich, Mannweib, Hilde Benjamin, Tamara Press, Hexe und Xanthippe; Gott, was für ‘n Drachen! Als sie, Corzelius und er, nachher darüber sprachen und die beiden Namen fielen, mußten sie den Jüngeren erklären, daß Tamara Press eine flußpferdhaft füllige sowjetische Kugelstoßerin gewesen war und die Benjamin die

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