Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
Rekordernte der LPG Blossiner Heide nicht länger zu gefährden, und funktionierte sich alsbald zum tüchtigen Landregen um, so daß Siegfried endlich sagen konnte: «Los jetzt, weiter! Nach Dolgenbrodt sind es von hier aus dreieinhalb Kilometer, höchstens vier, und dann sind wir mit der Fähre in ‘n paar Minuten bei unsern Autos drüben und können uns da aufwärmen und die Sachen trocknen lassen.»
    «Gibt’s denn nicht ‘ne Taxe hier?» fragte Mannhardt und verwies auf die dicke Blase, rechts am Hacken unten.
    «Frag doch mal, wo hier die U-Bahn ist?» konterte Corzelius.
    Übellaunig setzten sie sich in Bewegung.
    «In vierzig Minuten sind wir an der Dahme unten, steigen in die Fähre und sind dann im Warmen!»
    Man stärkte sich mit Äpfeln, Schokolade und Studentenfutter, dann ging es los, fast schon in olympischem Tempo, denn alle sehnten sich nach der aufgedrehten Autoheizung.
    Auf der Chaussee, die von der Autobahnauffahrt Friedersdorf herkam, marschierten sie in Dolgenbrodt ein, und das überraschend stattliche Fährhaus war auch in Sekundenschnelle gefunden.
    Doch von einem Fährmann und einem geeigneten Schifflein weit und breit keine Spur.
    Siegfried griff zum amtlichen Wanderatlas, schlug ihn auf und las: «…gehen zur Fähre hinunter, Mai bis September, überqueren die Dahme und wandern dann am kleinen Friedhof vorbei weiter nach Prieros…»
    «Wann ist ‘n der gedruckt worden – 1937?»
    «Nein…» Siegfried sah nach. «Voriges Jahr…»
    Sie suchten die nähere Umgebung nach Mann und Fähre ab, bei dem nun wieder stärker werdenden Regen gewiß kein Vergnügen, fanden aber nichts.
    «Schwimmen wir rüber…» schlug Jürgen vor.
    Doch nicht nur Horst, der die kaum hundert Meter niemals geschafft hätte, ohne heldenhaft unterzugehen, auch die anderen waren dagegen: die Kälte, und wohin denn mit den ganzen Sachen?
    Die Stimmung auf dem absoluten Nullpunkt, merde, Scheiße!
    Schweres Rheuma war ihnen sicher, eine Lungenentzündung, kaputte Nieren, auf ewig ruinierte Nebenhöhlen.
    Welch ein verlorenes Häuflein, lost in the GDR, absolut ratlos.
    «Die ganze Strecke wieder zurück», sagte Peter. «Was bleibt’n uns sonst weiter übrig!»
    «Da baun wir doch lieber ‘n Floß», sagte Horst und begann schon Balken und Bretter zu sammeln.
    «Oder klaun uns da den festgemachten Angelkahn…!» Siegfried versuchte es schon, doch die Kette hielt. «Nicht mal darauf kann man sich verlassen, daß die volkseigenen Produkte allesamt nur Schrott sind…!»
    Ein Veteran schlurfte vorbei, wurde sogleich angesprochen, ob er denn nicht wüßte, wo und wie denn der Fährmann…
    «Gar nicht, der ist doch seit zwei Jahren tot! Und ‘n Nachfolger gibt es noch nicht.»
    Da war es dann die liebe Stefanie, die die Idee des Tages hatte; sie zu Corzelius: «Wenn du den Wuthenow kennst und der hier seine freien Tage verbringt, dann wird der doch auch ‘n Motorboot haben, so als Spitzengenosse…»
    Lang anhaltend war der Beifall der Menge, und Corzelius sollte auf der Stelle lostraben, sich das vermutete Wuthenowsche Boot für eine halbe Stunde auszuleihen, maulte aber sehr, blockte ab und wollte nicht, ohne indes einen konkreteren Grund für sein Zaudern zu nennen als den, die Leute doch nicht so einfach stören zu können, mußte geradezu gezwungen werden («Sonst kannst du uns mal…!»), ging da erst los, nicht ohne vorher Mannhardt als Begleitung angefordert zu haben.
    Mit quatschnassen Hosen und Socken, mit Schuhen, die sie in Matsch und Schlamm immer wieder zu verlieren drohten, machten sie sich auf den Weg und hatten einige Schwierigkeiten mit der richtigen Richtung («…irgendwo am Ortsausgang nach Königs Wusterhausen zu», mehr wußte auch Corzelius nicht), mußten einige Male regenfeste Kinder fragen, bis sie das eher bescheidene Landhäuschen am Ostufer des Sees endlich erreichten.
    «Ich kenn’ Müllwerker bei uns, die ‘ne feudalere Laube ihr eigen nennen», sagte Mannhardt.
    «Seine Frau will hier nicht weg…»
    Sie blieben stehen, bibbernd in der nassen Kleidung, fühlten sich so schwach und elend wie im ersten Stadium einer schweren Grippe. Das war es aber nicht, was ihre Mattigkeit und ihre Lähmung recht eigentlich erklärte. Vom Wasser, das wärmer als die Luft darüber war, stiegen Nebelschwaden hoch und hüllten sie ein.
    «Wassergeister, wendische…» sagte Mannhardt, zwar grinsend, aber auch nicht gänzlich cool. «Suchen ihre Opfer, tränken uns mit ihrem Gift, ziehen uns zum Ufer

Weitere Kostenlose Bücher