Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz
verharrt stundenlang vor einem Bild und fühlt sich gut dabei, besser als mit mir.
Und mehr noch: Du ahnst, da ist etwas im Busch. Ein anderer Kerl. Bianca trifft sich regelmäßig mit einem Typen.
Und wenn die Liebe zuvor zwar nicht heiß wie ein Schmelzofen in dir brannte, so kochen nun Eifersucht, Kränkung und Demütigung umso brodelnder. Zumal die besondere Kränkung darin besteht, dass deine Bianca sich mit dem Mitglied einer Familie eingelassen hat, die deine eigene heilige Familie auf den Tod nicht ausstehen kann.
Also beginnst du, deiner Liebsten hinterherzuspionieren. Warum auch nicht, schließlich bist du ja im Recht! Und kurze Zeit später auch vollständig im Bilde. Da siehst du, wie Bianca Serkan im Park küsst, und zwar ausgedehnt, gefühlvoll, mit einer romantischen und fast schon beneidenswerten Lust an der Hingabe.«
»Woher wollen Sie das wissen?«, rief Frank selbstbewusst und sah zum ersten Mal seit einer Weile Bianca wieder direkt in die Augen.
»Woher? Woher?«, rief Bernstein und machte eine Geste, als werfe er einen unsichtbaren Hut in die Höhe. »Das ist nicht entscheidend. Wichtig ist, was das Erlebnis in dir ausgelöst hat. Denn du hast kurz darauf einen teuflischen Plan gefasst: Du wolltest deinen Nebenbuhler ins Nirwana jagen!«
»Nein, das stimmt nicht«, sagte Frank jetzt überraschend ruhig. »So war es nicht. Das können Sie mir nicht unterstellen.«
»Nein, wirklich nicht?«
Bernstein sprang auf den Brunnenrand mit Blick auf das Café Schirner.
»Von dort kamst du«, sagte Bernstein und deutete auf den Eingang des Cafés, »mit einem eiskalten Plan. Du wolltest Serkan zur Rede stellen, ihm eine Abreibung verpassen. Mehr noch: Du wolltest ihn kaltmachen, für immer loswerden! Du hast ihn abgepasst und ihn abgemurkst!«, rief er und machte einen Satz vom Brunnen herab.
Frank sprang zur Seite. »Nein, nein, das ist alles nicht wahr! Es ist ein Versehen gewesen, ein blödes Versehen. Ich konnte nichts dafür. Ich wusste ja nicht, dass …«
Er sah zu Bianca hinüber. Bianca stand da, einfach nur da, einsam an der Seite von Jana Cerni.
Bernstein ergriff erneut das Wort: »Du hast Serkan am Brunnen abgepasst. Du wolltest nur reden, nicht wahr? Aber du warst dir nicht sicher – was soll man mit seinem Nebenbuhler schon bereden? Soll man ihn beleidigen, soll man diskutieren? Es gibt ein schönes Bad Löwenauer Sprichwort: ›Der Liebhaber deiner Frau kann kein Arschloch sein, denn immerhin hat er sein Herz an dieselbe Person verloren wie du.‹ Da fällt dir auf, dass Serkan sich sehr langsam bewegt und sehr schwer atmet. Da stimmt etwas nicht. Du sprichst ihn auf Bianca an. Versuchte er zu leugnen?«
Frank schüttelte den Kopf.
»Serkan ringt nach Luft. Immer heftiger. Was ist das?, fragst du dich. Falls du es nicht schon längst weißt, hier die Auflösung: Serkan litt unter einem schwachen Herzen. Hast du da schon deine Chance gewittert?
Du fragst dich: Was kann ich tun? Hast du lange für die Antwort gebraucht? Und, was tust du? Du tust – nichts!
Einfach nichts. Vielleicht weißt du tatsächlich nicht, was man in solchen Fällen tut. Vielleicht willst du es auch nicht wissen.
Und dann passiert das Unglaubliche! Serkan verliert das Gleichgewicht, er kippt rücklings in den Brunnen und taucht unter. Konnte er noch etwas sagen?«
»Nein, er hat nichts mehr gesagt. Es war, wie Sie sagen, ein schrecklicher Unfall. Ich konnte nichts tun.«
»Du fragst dich jetzt: Was um Himmels willen soll ich unternehmen? Die Gelegenheit ist günstig. Niemand ist zu sehen. Vor den Fenstern der Häuser am Marktplatz sind die Läden schon geschlossen. Und wir alle wissen: Sobald die Sonne versunken ist, boxt nicht gerade der Papst im Kettenhemd auf unserem Marktplatz. Außerdem will jeder seine Ruhe und seinen Frieden und bleibt hinterm Ofen. Warum also nicht einfach das Schicksal seinen Lauf nehmen lassen, ohne sich dabei selbst die Hände schmutzig zu machen?
So musst du nichts anders tun als abwarten. Tu gar nichts, bleib, wo du bist. Dein Kopf und dein Herz sind leer wie ein leerer Swimmingpool. Mit eisiger Standhaftigkeit rührst du nicht einen Finger, wartest in unendlicher Geduld, bis Serkan tot ist.«
»Ich weiß, es war ein Fehler. Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Ich war wie gelähmt«, sagte Frank mit einer Aufregung, die auf Rubin ein wenig gespielt, ein wenig übertrieben wirkte. Wie bei einem schlechten Schauspieler sagten die gestelzten Gesten etwas
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