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Da muss man durch

Titel: Da muss man durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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hilflos mit den Schultern. «Tut mir leid   …»
    Günther sieht mich an und seufzt. «Gibt es hier ’n Krankenhaus? Ich bräuchte ein paar Pflaster und wahrscheinlich auch ’ne
     Tetanusspritze.»
    Ich habe mich inzwischen aufgerappelt und reiche Günther die Hand, um ihm ebenfalls auf die Beine zu helfen. |132| «Ich fahr dich hin. Willkommen übrigens. Schön, dass du da bist.»
    Günther lächelt schief. «Danke. Ich freu mich auch, dich zu sehen.»
    Am Boden erblicke ich den metallischen Gegenstand, den ich für einen Schlagring gehalten habe. Es ist ein silbernes Etui.
     Gleich daneben liegt die von Fred zerbissene Sonnenbrille.
    Auf dem Weg zum Krankenhaus darf Günther vorn sitzen. Fred überlässt ihm ganz selbstverständlich seinen Stammplatz und verkrümelt
     sich auf den Rücksitz. Er muss also ein sehr schlechtes Gewissen haben. Ich sehe im Rückspiegel seine kleinen dunklen Augen.
     Er ist besorgt und scheint zu überlegen, was ihn wohl als Strafe für den Angriff auf Günther erwartet. Bekommt er einen Monat
     lang nur Trockenfutter? Oder gilt ab sofort verschärfte Maulkorbpflicht? Muss er am Ende vielleicht sogar zurück ins Tierheim?
     Fred blickt zwischen uns hin und her, als würde er auf eine Antwort warten. Günther und ich schweigen. Die Fahrt dauert nicht
     lange, außerdem müssen wir uns erst mal sammeln. Das weiß Fred natürlich nicht. Er sitzt also da und rechnet mit dem Schlimmsten.
    Günther erlöst ihn schließlich, indem er sich nach hinten wendet und Fred den Kopf tätschelt: «Sei nicht traurig, alter
     Junge. Du hast es ja nur gut gemeint.»
    Fred öffnet das Maul, lässt die Zunge heraushängen und scheint aufzuatmen. Dann zieht er den Kopf ein wenig zur Seite, weil
     er es eigentlich hasst, getäschelt zu werden.
    Derweil Günther verarztet wird und Unschuldslamm Fred in den Grünanlagen der Klinik die Hasen aufmischt, suche ich nach einem
     Kaffeeautomaten. Dabei sehe ich zu meinem Erstaunen Schamski, der auf einer Bank sitzt und |133| gelangweilt in einer Zeitung blättert. Mein erster Gedanke ist, dass irgendwas mit seinem Herzen nicht stimmt. «Was machst
     du denn hier?», frage ich unbehaglich. «Alles okay?»
    Schamski blickt auf und ist ebenfalls erstaunt, mich zu sehen. «Ja, alles okay.» Er legt die Zeitung beiseite. «Mir ist
     nur gerade was sehr Seltsames passiert. Aber was ist mit dir? Wolltest du nicht zu Hause sein?»
    «Doch», erwidere ich und setze mich. «Mir ist nur auch gerade was sehr Seltsames passiert.»
    Schamski sieht mich an. «Ich vermute, so seltsam wie meine Geschichte ist deine noch lange nicht.»
    Ich würde zwar dagegen wetten, sage aber: «Ich bin gespannt.»
    «Ich hab gerade Bronko angefahren», sagt Schamski sachlich.
    Ein weiteres Mal an diesem Abend bin ich baff. «Himmel! Und? Was ist mit ihm? Ist er schwer verletzt?», stammele ich erschrocken.
    Schamski schüttelt den Kopf. «Nein. Es geht ihm gut. Sie wollen nur sichergehen, dass nichts gebrochen ist. Reine Routine.»
    Ich atme durch. «Wie ist das passiert?»
    Schamski zuckt mit den Schultern. «Er ist mir einfach vor den Wagen gelaufen. Ich bin sofort in die Eisen gegangen, hab ihn
     aber trotzdem noch am Bein erwischt. Wie gesagt, nicht schlimm, aber wir waren beide geschockt.»
    Ich versuche meine Gedanken zu sortieren. «Wieso ist Bronko überhaupt in der Stadt? Und wieso hat er sich nicht gemeldet?
     Oder ist er gerade erst angekommen?»
    Schamski macht ein ernstes Gesicht. «Das ist der andere Teil der seltsamen Geschichte. Im ersten Moment dachte |134| ich, ich hätte einen Penner angefahren. Bronko sieht völlig heruntergekommen aus. Kann es sein, dass er schon ’ne Weile
     auf der Straße lebt?»
    «Unmöglich», erwidere ich. «Ich hab ihn im Fernsehen gesehen und   …»
    «Ich weiß», unterbricht Schamski. «Deshalb war ich ja überrascht.»
    Ich denke angestrengt nach, kann mir aber auf Schamskis Geschichte beim besten Willen keinen Reim machen.
    «Und du? Was hast du Seltsames erlebt?»
    «Fred hat Günther angefallen.»
    Schamski muss lachen.
    «Das ist nicht witzig», sage ich. «Günther sah aus wie ein Schlägertyp. Fred hat ihn nicht erkannt.»
    «Ich dachte, Hunde könnten das riechen.»
    Ich zucke mit den Schultern. «Mein Hund ist ein ziemlicher Trottel, was das betrifft. Der wittert einen Hasen erst, wenn
     er drüber stolpert. Jedenfalls hat Fred Günther nicht erkannt. Und ich übrigens auch nicht. Ich dachte schon, Gordon hätte
     mir jemanden

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