Da muss man durch
Zeichen dafür
ist, dass er sich vor Müdigkeit kaum auf den Beinen halten kann.
Schamski und ich tauschen einen besorgten Blick.
|138| Bronkos Zielauge zoomt auf die Pasteten. «Darf ich?»
«Klar! Bedien dich!», erwidert Schamski, gießt Bronko Rotwein ein und schiebt ihm einen Stuhl hin.
Während Bronko sich mit Heißhunger über das Abendessen hermacht, hüllen Schamski und ich uns in Schweigen. Bronko scheint
die Situation unangenehm zu sein, also werden wir ihn jetzt nicht mit Fragen bestürmen. Wenn er erzählen will, wird er das
schon tun.
Fred liegt in seiner Ecke und beobachtet uns. Sein Fertigfutter hat er immer noch nicht angerührt. Während Bronko isst, hängen
Schamski und ich unseren Gedanken nach. Weiterhin herrscht Schweigen.
«Ich werd übrigens gleich wieder verschwinden», verkündet Bronko plötzlich. Es klingt sachlich.
Wieder tauschen Schamski und ich einen Blick.
«Willst du dich nicht erst mal ausschlafen?», erwidere ich möglichst beiläufig, derweil ich die Schränke abklappere, um
für Fred ein Abendessen zu finden, das ihm genehm sein könnte.
Bronko kaut schweigend und nimmt dann einen großen Schluck Rotwein.
«Überhaupt kein Problem», setze ich nach. «Du hast hier immer ein Zimmer. Und du musst nichts erklären. Bleib einfach, solange
du willst.»
Bronko legt ein Stück Brot mit Pastete, das er sich gerade in den Mund schieben wollte, zurück auf den Teller, greift dann
zu seinem Weinglas und nimmt erneut einen tiefen Zug. «Ich glaube, das ist keine gute Idee», erwidert er. Sein Blick flattert
durch die Küche, sein Zielauge zoomt auf mich. «Könnte gut sein, dass ich ein paar Probleme mit den Triaden habe.»
Das Wort habe ich mal gehört, weiß aber gerade nicht, |139| was es bedeutet. «Aha. Und die Triaden sind … was nochmal?», überlege ich laut.
«Die chinesische Mafia», wirft Schamski ein.
«Genau», erwidert Bronko, gönnt sich noch ein Stück Brot mit Pastete und spült großzügig mit Rotwein nach.
Schweigen. Wir hängen wieder eine Weile unseren Gedanken nach und sehen dabei wahrscheinlich wie ziemlich ratlose ältere Herren
aus.
«Die Verträge waren in Chinesisch. Ich weiß nicht, was ich da unterschrieben hab», beginnt Bronko. «Erzählt haben sie mir,
dass sie ein paar Dutzend Bilder kaufen und mich groß rausbringen wollen. Zuerst lief auch alles gut, ich hab sogar einen
Kunstpreis bekommen.»
«Das hab ich per Zufall im Fernsehen gesehen», unterbreche ich.
«Wirklich?», erwidert Bronko erstaunt.
Ich nicke. «Ich hab Schamski davon erzählt. Wir dachten, das wäre dein internationaler Durchbruch.»
Bronko verzieht gequält das Gesicht. «Ja, das dachte ich auch. Aber kurz danach hieß es, man hätte meine Bilder als regimekritisch
eingestuft.»
Schamski und ich sind gleichermaßen erstaunt. Wir wären beide nie auf die Idee gekommen, dass man in Bronkos Bildern politische
Aussagen entdecken könnte. Ehrlich gesagt kann ich persönlich überhaupt ziemlich wenig darin entdecken. Bronko ahnt, was
wir denken.
«Ich weiß, dass ich kein begnadeter Künstler bin. Ich hab trotzdem immer gehofft, irgendwann mal ein paar passable Bilder
hinzukriegen. Dass ich jetzt per Zufall regimekritisch male, damit konnte ja keiner rechnen.» Er seufzt. «Jedenfalls hatte
ich die Wahl, in den Knast zu gehen oder mein letztes Geld für ein Ticket zusammenzukratzen. Das |140| hab ich dann gemacht. Keine Ahnung, ob sie mir noch auf den Fersen sind. Ich hab jedenfalls beschlossen, niemanden in die
Sache reinzuziehen und eine Weile unterzutauchen, bis Gras über alles gewachsen ist.»
«Und woher weißt du, dass die Triaden dahinterstecken?», frage ich.
«Weiß ich gar nicht», sagt Bronko. «Aber ein paar ziemlich gefährlich aussehende Typen haben das behauptet.»
«Dann wollten sie dir wahrscheinlich nur Angst machen», erwidere ich.
«Das ist ihnen erstklassig gelungen», gibt Bronko zurück.
«Und was ist mit deinen Bildern? Und dem Geld, das du verdient hast?», fragt Schamski und greift nun auch zur Pastete.
Bronko zuckt mit den Schultern. «Alles futsch. Die Bilder wandern wahrscheinlich in irgendeinen Keller. Das Geld haben sich
die Leute, die mir das alles eingebrockt haben, unter den Nagel gerissen.» Er gießt sich Wein nach. «Was soll’s? Ist ja
nichts Neues, dass ich pleite bin.» Entspannt wendet er sich wieder der Pastete zu.
Ein kurzes Schweigen. Ich ahne, was Schamski denkt, denn ich habe
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