Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)
glaubte.
„Ihr sagt es – und vielleicht habt Ihr für uns arme Kinder ja ein paar Florin übrig, damit wir wissen, was wir an diesem Tag essen sollen!“
Der Mann mit dem Federhut lachte schallend. Er griff an den Beutel, den er am Gürtel hängen hatte und holte ein paar Münzen heraus. Die warf er auf den Boden und ritt dann davon.
„Warte, ich hebe die Münzen auf“, kündigte Carlo an und kletterte von Marcellas Rücken herunter. Als er die Münzen aufgesammelt hatte, betrachtete er sie staunend und überprüfte mit den Zähnen ihre Echtheit. „Die teilen wir“, sagte er dann.
„In Ordnung.“
Leonardo half ihm wieder auf Marcellas Rücken.
„Da gibt’s doch nicht“, meinte Carlo. „Du hast nicht nur eine perfekte Ausrede gefunden, sondern warst auch noch so überzeugend, dass der Kerl uns ein paar Münzern gegeben hat!“
„Ich weiß nicht, ob ich wirklich so überzeugend war“, widersprach Leonardo. „Am Lagerfeuer konnte ich die Tasche nicht wieder so zurücklegen, wie sie gelegen hatte und außerdem hat er meine Fußspuren gesehen.“
„Du meinst, er zieht eine Verbindung von diesen Fußspuren zu uns?“
„Jedenfalls sind meine Spuren kleiner als die eines Erwachsenen
– und das ist bestimmt aufgefallen.“
„Du machst dir zu viele Sorgen, Leonardo. Oder willst jetzt etwa du umkehren?“
Leonardo überlegte kurz und schüttelte energisch den Kopf.
„Nein“, sagte er.
Sie folgten dem Reiter mit dem Federhut weiter bis zum nächstgelegenen Stadttor. Es war nicht die Porta di Miniato, wie Carlo versicherte. Er streckte die Hand aus und deutete ein Stück die Stadtmauer entlang. Die Mauer machte dort eine Wölbung. Mehrere hohe Wachttürme waren zu sehen. Hinter den Schießscharten patrouillierten Soldaten mit Armbrüsten. „Das ist die Festung, deren Namen du auf dem Plan gesehen hast, Leonardo! Und gleich daneben ist auch das Tor, das mein Vater immer benutzt. Aber da wir keine Waren einführen wollen, lohnt sich der Umweg für uns nicht.“
„Außerdem müssen wir ja auch dem Mann mit dem Federhut auf den Fersen bleiben“, gab Leonardo zurück.
Sie konnten beobachten, wie dieser von den Wächtern am Stadttor einfach durch gewunken wurde. Der Mann mit dem Federhut schien ihnen bekannt zu sein.
Wenig später erreichten Leonardo und Carlo das Tor. Die Wächter interessierten sich nur wenig für sie und winkten auch sie einfach weiter.
Von der Pracht der Gebäude und dem bunten Treiben in den Straßen war Leonardo überwältigt.
Die Straßen waren voll von Händlern, Gauklern und vornehmen herausgeputzten Herrschaften, die sich das alles mit Interesse ansahen.
Der Mann mit dem Federhut drohte in dem Trubel zu verschwinden. Da er noch immer im Sattel saß, ragte er über die meisten Passanten hinweg und war noch zu erkennen.
„Warte hier“, sagte Leonardo. Er schwang sein rechtes Bein über den Kopf der Stute Marcella und ließ sich von ihrem Rücken hinuntergleiten. „Pass gut auf Marcella auf!“
„Was hast du vor?“, fragte Carlo.
„Ich will dem Mann mit dem Federhut folgen. Aber mit einem Pferd unter dem Gesäß sehe ich kaum eine Chance, durch dieses Gewimmel von Menschen hindurchzukommen.“
„Wo finde ich dich?“, rief Carlo.
„Gar nicht! Ich komme wieder hier her zurück!““
Und damit war er auch schon verschwunden. Er drängelte sich durch die Menschenmenge hindurch und hielt sich ungefähr in die Richtung, in die er den Mann mit dem Federhut hatte verschwinden sehen.
Leonardo dachte schon, dass er ihn verloren hätte und alles umsonst gewesen wäre, aber dann sah er den Reiter gerade in eine schmale Seitengasse reiten. Dort herrschte Schatten, denn die Häuser zu beiden Seiten hatten drei und mehr Stockwerke. Leonardo folgte dem Mann und verbarg sich jeweils in den Türnischen. Schließlich stieg der Mann mit dem Federhut von seinem Pferd, machte es an einer Stange fest und klopfte an eine der Türen.
„Macht auf!“, forderte er und polterte anschließend auch noch gegen einen der geschlossenen Fensterläden, als die Tür zunächst geschlossen blieb. „Hier ist Matteo!“
Er blickte sich misstrauisch nach allen Seiten um. Ein paar spielende Kinder rannten um die Ecke und verschwanden in einer Gasse zwischen zwei Häusern, die so schmal war, dass ein Reiter sie nicht passieren konnte.
Matteo wartete ab, bis sie fort waren, klopfte dann noch einmal –
und diesmal deutlich heftiger gegen die Tür.
Diesmal wurde ihm geöffnet. Ein Mann
Weitere Kostenlose Bücher