Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)
wollten die euch wohl wegbringen“, meinte Ricardo.
Aber daran zweifelte Leonardo.
Er atmete tief durch und meinte: „Ich glaube, die Einbrecher wollten nur Luca entführen“, meinte er. „Mit Carlo und mir hätten die wohl am liebsten kurzen Prozess gemacht!“
Es wurde Licht gemacht, indem mehrere Kronleuchter angezündet wurden. Im Haus liefen alle zusammen. Emanuele di Gioia erschien in seinem Nachtgewand, um sich davon zu überzeugen, dass mit seinem Sohn Luca alles in Ordnung war. Lucas Mutter schloss ihren Sohn erleichtert in die Arme.
Ser Piero war ebenfalls erwacht.
„Offenbar sind die Kinder nicht einmal hier sicher“, stellte er fest.
„Ein dreister Anschlag war das“, stellte Emanuele di Gioia fest.
„Aber dank der Wachsamkeit meiner Leibwächter ist daraus nichts geworden.“ Er wandte sich an Ricardo. „Ich danke jedem einzelnen von euch. Aber in Zukunft werden wir wohl noch sehr viel wachsamer sein müssen.“
„Wenn Ihr wollt, dann werde ich persönlich den Rest der Nacht hier Wache halten“, bot Ricardo an.
„Das wäre mir sehr recht“, bekannte Emanuele di Gioia. „Ich glaube zwar nicht, dass diese Halunken in dieser Nacht noch einmal zurückkehren, aber wenigstens beruhigen sich dann die Kinder!“
„Ihr solltet zuerst die Frage klären, wie diese Männer ins Haus gelangen konnten!“, fand Leonardo. „Sie sind schließlich nicht durch das Fenster geklettert…“
Der Hausherr nickte. „Dieser Frage werden wir ganz bestimmt nachgehen, Junge“, versprach er. „Ich werde meine gesamte Dienerschaft durch das Haus schicken, damit sie nach jeder noch so kleinen Spur sucht, die die Eindringlinge vielleicht hinterlassen haben könnten!“
„Ihr setzt voraus, dass Ihr jedem in Eurem Haus trauen könnt“, erwiderte Leonardo. „Aber das würde ich nicht. Ich vermute, dass es jemanden in Eurer unmittelbaren Umgebung gibt, der den Einbrechern irgendwie geholfen hat.“
Das Gesicht Emanuele di Gioias wurde jetzt sehr ernst.
„Auch dem werde ich nachgehen. Im Übrigen schicke ich gleich noch einen Diener zur Stadtwache, der dort Bescheid sagt. Wenn am Morgen die Stadttore geöffnet werden, können die Wächter darauf achten, ob jemand Verdächtiges die Stadt verlässt…“
„Die werden nicht die Stadt verlassen“, prophezeite Leonardo.
„Schließlich haben sie doch noch nicht erreicht, was sie wollten!“
An Schlaf war nach diesem Erlebnis natürlich überhaupt nicht mehr zu denken. Leonardo saß aufrecht in seinem Bett und beschloss, sich etwas mit Ricardo zu unterhalten.
„Du warst früher bei der Stadtwache angestellt“, begann er.
Ricardo nickte.
Er saß am Fenster auf einem Stuhl und blickte regelmäßig hinaus auf die finstere Straße.
„Woher weißt du das?“, fragte er etwas überrascht.
„Luca hat es mir erzählt.“
Ricardo nickte. „Es stimmt. Ich war anderthalb Jahre bei der Stadtwache, bevor ich die Anstellung im Haus der Familie di Gioia gefunden habe. Die suchten jemanden, der ihr Haus bewacht und zuverlässig ist.“
„Hast du während deiner Zeit bei der Stadtwache mal jemanden kennen gelernt, der eine Narbe über der linken Augenbraue hatte? Genau hier!“ Leonardo zeigte mit dem Finger dort hin.
„Mal überlegen.“
„Er muss außerdem Linkshänder sein! Jedenfalls trägt er sein Schwert auf der rechten Seite, sodass man es nur mit links ziehen kann!“
Ricardo schnippste mit den Fingern. „Da war einer. Ich glaube, der hieß Bartolo! Aber der war nur kurz bei uns, weil er sehr schnell ein besseres Angebot bekam. Unser Hauptmann war sehr erbost darüber! Er meinte, er müsste seinen Vertrag erfüllen und war sehr ärgerlich über den Kerl. Warum fragst du?“
„Weil einer der Entführer so aussah!“, erwiderte Leonardo. Ricardo zuckte mit den breiten Schultern. „Narbe und Linkshänder – da gibt es nicht so viele! Das könnte er dann gewesen sein!“
„Weißt du, bei wem er eine Anstellung gefunden hat?“
„Nein, tut mir leid, so gut haben wir uns nicht gekannt.“
„Aber der Kommandant der Stadtwache müsste das wissen, oder?“, schloss Leonardo. „Er kommt ja morgen her, um uns zu vernehmen.“
„Ich fürchte, der Kommandant hat diesen Bartolo auch nicht kennen gelernt. Er ist nämlich ganz neu und erst seit ein paar Monaten auf seinem Posten. Der Vorgänger wurde entlassen und ist in eine andere Stadt gezogen. Er war in irgendwelche krummen Geschäfte verwickelt und hat von dem Geld, das er eigentlich an seine
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