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… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

Titel: … da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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bin nicht bis hierher gefahren, nur um mich von deiner Mutter anmotzen zu lassen!“
    „Nein, und deshalb gehen wir jetzt in die Abteilung hoch, in der Jonathan liegt. Wir dürfen uns nur nicht dabei sehen lassen.“
    „Weißt du, wo er liegt?“
    „Ich glaube, ich kann es mir denken. Komm.“
    Wir laufen kreuz und quer durch Treppenhäuser und Gänge. Als ein Arzt mit müdem Blick auf Clogs vorbeiklappert, verstecken wir uns hinter einem Wäschewagen. Es ist fast vier Uhr. Dies ist die stille Stunde, in der das Krankenhaus dem Ruhezustand so nahe kommt wie zu keinem anderen Zeitpunkt des Tages.
    Als wir Jonathan endlich finden, geschieht etwas sehr Merkwürdiges.
    Es ist, als ob ich aus mir selbst hinausfließe.
    Ich stehe auf dem weiß-grauen Linoleum und verliere alles. Denn in diesem Bett liegt mein bester Freund, und jemand hat versucht, ihn umzubringen. Jemand wollte ihn mir wegnehmen.
    Eine Hälfte von Jonathans Gesicht ist komplett geschwollen und blau. Ein dicker Verband bedeckt sein Auge und einen Großteil der Wange. Nick geht zum Bett, doch mein Körper rührt sich nicht von der Stelle. Eine Hälfte von mir liegt noch immer in einer kleinen, schmerzhaften Pfütze am Boden.
    Erst jetzt entdecke ich, dass noch zwei andere Patienten imZimmer liegen. Ein stark alkoholisierter Mann mit rotem Gesicht und zwei ältere Frauen, die tief und fest schlafen.
    Nick löst die Bremse von Jonathans Bett.
    „Hejsan, Jungs!“, lallt der Betrunkene, der anscheinend Schwede ist.
    Nick winkt mich zum Bett herüber, und ich reiße mich zusammen und gehe dorthin. Der schwedische Trinker fragt, ob wir ihm einen Gefallen tun könnten. Er bietet uns 200 Kronen dafür, dass wir zum nächsten Kiosk laufen und ihm eine Flasche Schnaps besorgen. Wir ignorieren ihn und rollen Jonathan aus dem Zimmer. Rechter Hand liegt ein erleuchteter Glaskasten, in dem eine Krankenschwester sitzt, also biegen wir links ab und gelangen auf einen größeren Gang. Wir setzen den Weg durch ein paar Türen mit automatischem Öffner fort. Nick murmelt, dass wir immer noch Bettenschieber werden könnten, wenn alle Stricke reißen.
    Am Ende des Gangs finden wir einen verlassenen Aufenthaltsraum. Nick parkt das Bett neben einem Sofa. Nach fünf Minuten wacht Jonathan auf. Er sieht uns an, sagt aber nichts. Vielleicht ist sein Kopf so sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, dass er uns vergessen hat. Langsam hebt er die Hand und berührt den Verband in seinem Gesicht.
    „Lass das lieber“, sagt Nick. Seine Stimme klingt so fürsorglich, wie ich es noch nie bei ihm gehört habe.
    „Wie sehe ich aus?“
    „Fantastisch! So gut wie nie!“
    Er lächelt weder, noch antwortet er. Stattdessen sieht er mich an. Fragend.
    „Wir haben dich entführt“, sage ich. „Eigentlich wissen wir, dass du lieber schlafen sollst, aber wir wollten kurz Hallo sagen. Weil ...“
    Weil er genauso gut nicht mehr hier sein könnte.
    „Es ist ja nichts Schlimmes. Morgen bist du bestimmt wieder auf den Beinen.“
    „Haben sie dich mit ein paar guten Pillen versorgt?“, fragt Nick und versucht zu lächeln.
    „Keine Ahnung.“
    Er schließt sein verletztes Auge. Eine Träne rinnt aus dem Augenwinkel und gleitet an seiner Schläfe entlang.
    Wir stehen einfach nur da.
    Das Krankenhaus um uns herum riecht nach Putzmittel, Blut und verkochtem Essen.
    „Wer war das?“, fragt Nick. „Waren es welche, die du kennst?“
    Er wollte sich um acht mit Liv treffen. Was hatte er dann drei Stunden später so weit draußen auf Amager zu suchen? Und warum habe ich dieselben drei Stunden damit verbracht, mir zu wünschen, er würde vor einen Bus laufen oder aus seinem Fenster im dritten Stock fallen, nur weil er ein Date mit Liv hatte? Das alles erscheint mit einem Mal so vollkommen gleichgültig.
    „Jonathan, hast du irgendwo Schmerzen?“
    Er schüttelt langsam den Kopf. Eine weitere Träne verlässt sein Auge.
    Nick tut etwas, das ich ihm nie zugetraut hätte, nicht einmal, wenn seine Mutter oder Sandra in diesem Bett lägen. Er nimmt Jonathans Hand und hält sie zwischen seinen Händen. „Wer war das, Jonathan?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Was hast du da draußen auf Amager gemacht?“, frage ich.
    Jonathan zieht seine Hand zurück und legt den Arm über sein Gesicht. „Ich möchte jetzt gern wieder auf mein Zimmer. Ich bin müde.“
    Wir gehorchen, denn es gibt nichts, was wir sonst ausrichtenkönnen. In der nächtlichen Stille schieben wir Jonathan langsam zurück auf sein

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