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Dabei und doch nicht mittendrin

Dabei und doch nicht mittendrin

Titel: Dabei und doch nicht mittendrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haci-Halil Uslucan
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Einbürgerung setzt bereits ein Mindestmaß an Integration voraus; so weisen zum Beispiel Eingebürgerte sowohl im Erwerbsleben als auch im Bildungswesen deutlich günstigere Werte auf als nicht-eingebürgerte Zuwanderer: Während im Jahre 2005 die Rate der ausländischen Bevölkerung ohne Schulabschluss in Nordrhein-Westfalen bei 24 Prozent lag, betrug diese bei den Eingebürgerten nur 13,3 Prozent. Die Erwerbslosenquote der Eingebürgerten betrug 17,8 Prozent, die der ausländischen Bevölkerung 22,4 Prozent; die Vergleichszahlen für Deutsche waren bei etwa 10 Prozent. 39
    Darüber hinaus ist zu bedenken, dass auch innerhalb der verschiedenen Migrantengruppen die Integrationspotenziale stark variieren: So sind die Integrationsperspektiven von Aussiedlern von denen klassischer (Arbeits-)Migranten wie etwa Italienern, Spaniern, Griechen und Türken zu unterscheiden, da erstere sich teilweise subjektiv deutsch fühlen beziehungsweise sich als Deutsche identifizieren – aufgrund ihrer deutschen Vorfahren und womöglich auch aufgrund ihrer Marginalisierung in den Herkunftsländern – und somit etwas günstigere Ausgangsbedingungen mitbringen, aber auch dank der Sofort-Einbürgerung bessere Chancen bekommen. 40 Zudem ist die Vermutungnicht von der Hand zu weisen, dass bei den Aussiedlern im Vergleich zu türkeistämmigen Familien mit zunehmender Aufenthaltsdauer vermehrt Deutsch gesprochen wird, während dies in türkischen Familien seltener geschieht.
    Man kann als ein sehr breites Kriterium gelungener Integration den Abbau von Angst und Unsicherheit von Migranten betrachten, der so weit reichen sollte, dass sowohl das Verhalten von Migranten als auch der Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft weitestgehend vorhergesagt und erklärt werden kann. 41 Gleichwohl sich gelungene Integration in der allgemeinen Lebenszufriedenheit niederschlägt 42 , ist dieses Kriterium doch viel zu vage und unspezifisch. Vielfach wird hingegen gelungene Integration von Migranten an ihrer Sprachfähigkeit, also der Beherrschung und Verwendung der jeweiligen Landessprache, festgemacht. So wird beim Abschluss der Integrationskurse in Deutschland das Niveau B1 als Mindestkompetenz verlangt, was voraussetzt, dass sich der Teilnehmer des Kurses am Ende »einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern kann«. Jedoch zeigen die Evaluationen, dass nach den obligatorischen 600 Stunden gerade mal die Hälfte der Teilnehmer diese Stufe erreicht. Die Erwartungen an die Sprachkurse müssen vor diesem Hintergrund erst einmal gedämpft werden, aber es stellt sich auch die Frage, ob der Test für die Teilnehmer nicht generell zu schwer ist. Besonders prekär dabei ist, dass nicht der Lernzuwachs durch den Kurs, sondern das Bildungsniveau und Vorwissen sowie bereits vorhandene Deutschkenntnisse die entscheidenden Variablen für das Bestehen des Tests waren. 43 So müssen Teilnehmer die richtigen Artikel für Nomen wie (der/die/das) »Museum«, »Universität«, »Kultur« einsetzen (dabei kennen nicht alle Sprachen Artikel, so etwa das Türkische, wodurch die sprachlogische Übertragungsmöglichkeit ausfällt); sie müssen außerdem wissen, ob vor dem Verb am Satzende ein »zu« hinzugefügt wird oder nicht (Etwa: Michael hat keine Lust, ein Instrument (zu) lernen); sie müssenPassivkonstruktionen und Ähnliches beherrschen. In der Regel setzen diese Anforderungen ein Sprachbewusstsein voraus, das vor allem für Personen mit Grund- und Mittelschulbildung kaum erfüllbar, beziehungsweise kaum im Rahmen eines Schnellkurses zu erwerben ist. Aus lernpsychologischer Sicht ist anzumerken, dass Personen mit kürzerer schulischer Vorgeschichte seltener einen methodisch-symbolischen Zugang zu Problemen haben und sich kaum, indem sie Grammatikkonstruktionen auswendig lernen, Sprache bewusst aneignen, sondern eher ein
learning-by-doing
favorisieren. Insofern müssten diese Kurse bei der Zusammenstellung der Teilnehmer viel stärker auf individuelle Lernbiographien eingehen und das jeweilige Vorwissen berücksichtigen, um effektiv zu sein.
Personenspezifische Merkmale gelingender Integration
    Auf individueller Ebene wurden folgende Dimensionen 44 herausgearbeitet, die sich, gemessen am Kriterium der psychischen Gesundheit, als wirksam erwiesen haben, um mit bikulturellen Bezügen effektiv umzugehen und eine Integration zu erleichtern:
    Wissen um kulturelle Werte und Grundüberzeugungen
: Dieses kulturelle Wissen

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