DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
Emotionen und Zwischenmenschliches dreht, an einem rustikalen Holztisch in einer kleinen verrauchten Stube mit einer ballernden Ofenheizung sitzen und Bockwürstchen im Naturdarm mit süßem körnigen Senf von einem lapprigen Pappteller essen, auf dem auch ein Stück saftiger Fantakuchen liegt.
Aber meine Welt ist leider nicht perfekt. Im Licht liegt alles viel zu offen da: diese Wohnung, der Siff, die krummen Dielen, und der Schmutzrand der letzten Monate, denn in einer Altbauwohnung saugt man ja bekanntlich nur. Wer putzt, hat das Konzept einer Altbauwohnung nicht verstanden und handelt sich am Ende nur eine Menge Ärger mit dem Vermieter ein, der in seinem Mietvertrag eine ausdrückliche Klausel festgehalten hat, die genau bestimmt mit welchen speziellen Reinigungsmitteln der empfindliche Boden aus Naturholz "behandelt" werden darf. Man darf also in einer Altbauwohnung nur "behandeln". Wer putzt, macht sich umgehend strafbar und kann danach nicht mehr mit reinem Gewissen für die totale Überwachung sein und mit „Ich habe ja nichts zu verbergen!“ argumentieren. Hat er doch! Wer in einer Altbauwohnung eine Putzfrau bezahlt, betreibt organisiertes Verbrechen. Und wer möchte das schon?
Ich bin nicht vorbereitet auf das gleißende Licht und die Katze ist es auch nicht. Sie schaut überrascht. Die Party, die ich besucht habe, war natürlich wieder richtig scheiße. Eigentlich wie immer, wenn man seinen viel zu hohen Körperfettanteil, nach ewiger Rumquälerei, dann doch noch aus dem Haus in die klirrende Kälte hievt und sich die ganze Zeit nur wünscht, nicht schon vor der Party seinen Mageninhalt entleeren zu müssen, weil man seit 18 Uhr besonders trockenen Rotwein vorgeglüht hat und so ein öffentliches Erbrechen im Regelfall auch eher peinlich ist. Nicht nur für sich selbst. Auch für die Anderen.
Man verlässt also das Haus, nur um sich dann in der U-Bahn fünf Mal von denjenigen Menschen anpöbeln zu lassen, deren Pöbeleien einem zwar inhaltlich vollkommen egal sein sollten, die sich aber dennoch wie ein feines Netz auf den Reflexionskörper der empfindsamen Seele pappen, um sich über die Jahre jedes Mal engmaschiger zusammenzuziehen, wenn jemand mal komisch guckt. Am Ende stranguliert dieses Netz einen leider nicht zu Tode - schön wär es - sondern komprimiert durch seine Druckkraft bloß den tiefen Wunsch nach einem Erstickungstod und dem raschen Ende der ganzen Quälerei. Das scheiß Innere quillt mit den Jahren auf wie verdammte Hefe vor einer Wärmeqelle, die man niemals ausschalten kann, aber das Netz wird immer enger. Eine ewige Höllenqual diese U-Bahnen mit ihren Menschen.
Immer wieder fallen intelligente Menschen wie ich auf diese unglaubliche Sozialkacke rein. Aber warum? Einladungen zu Events von Freunden oder Freunden von Freunden, bei denen ohnehin alle Wohnungen gleich langweilig aussehen und jeder Abend nach einem exakt identischen Schema abläuft. Veganer Brunch in einem mazedonischen Feinkostladen? Skiwochenenden im Kreis der erweiterten Familie? Modebloggerinnenpartys mit Fashionpräsenten für weibliche Gäste? Buchpremieren von Nachwuchsautoren? Album-Releases von Jazz-Größen und welchen, die es noch werden wollen? WG-Einweihungspartys mit Motto? Alter, du bist 32! Hol dir bitte mal eine Wohnung für dich alleine, in der du nicht immer abwarten musst bis du mal in Ruhe kacken kannst, sondern sogar die Badtüre dabei auflassen darfst, du Arschloch! Weihnachtsfeiern im Brauhaus mit den Kollegen aus der Pathologie? Illegale Rap-Konzerte in alten Konservendosenfabriken? Funny Outdoor-Raves mit Bekannten aus dem Münchner Großraum? Die Liste der psychischen Gewalt scheint schier unendlich lang und die besten Fotos der Party kann man ohnehin am nächsten Tag bei
Facebook
oder
werkenntwen.de
sehen – je nachdem wo man zur Schule gegangen ist.
Ich brauche keine Party, dann ich habe kein Herz für andere Menschen und mir gibt Spaß rein gar nichts. Ich sehe Menschen lieber traurig. Und am liebsten mich selbst.
Das Licht geht in meiner Wohnung an und ich erwische die Katze in flagranti vor meinem Laptop sitzend. Halt! Was machst du da ALF? Die Katze beantwortet meine Mails. Sitzt vor meinem aufgeklappten Laptop und liest einfach meine Mails. War ja klar! Fräulein! Wem hast du gerade geschrieben? „
Christopher Lauer
!“, gibt sie kleinlaut zu. Man kann ihr einfach nicht vertrauen. Wenn man die Katze einige Tage mit einem Haufen Bacon in der Küche alleine lassen würde, könnte
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