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Daddy Langbein

Daddy Langbein

Titel: Daddy Langbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
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— oder daß sie nicht meine Zimmerkameradin wäre.
    Dieses ist kein rechter Brief; ich wollte eine Menge schreiben — aber ich habe vier Fenstervorhänge und drei Portieren gesäumt (ich bin froh, daß Du nicht die Länge der Stiche siehst), und ich habe eine Schreibtischausstattung aus Messing mi t. Zahnpulver poliert (sehr mühselig) und dicken Draht mit einer Fingernagelschere zerschnitten und vier Kisten Bücher ausgepackt und zwei Koffer voll Kleider aufgeräumt (es scheint kaum glaubhaft, daß Jerusha Abbott zwei Koffer voll Kleider besitzt, aber es stimmt!), und dazwischen habe ich fünfzig liebe Freunde begrüßt.
    Der Eröffnungstag ist ein freudiges Ereignis.
    Gute Nacht, Daddy, mein Guter, und sei nicht verärgert, weil Dein Küken selbständig scharren will. Es wächst sich zu einer sehr energischen kleinen Henne aus — mit einem höchst entschlossenen Gackern und einem Haufen wunderschöner Federn (die alle Dir zu verdanken sind).

    Liebevollst
    Judy.

30. September.

    Lieber Daddy!

    Reitest Du immer noch auf dem Stipendium herum. Ich habe nie einen Mann gekannt, der so eigensinnig und hartnäckig und unnachsichtig und zäh und bulldoggisch und unfähig ist, den Standpunkt anderer Leute zu begreifen, wie Du.
    Du wünschst, daß ich keine Geschenke von Fremden annehme.
    Fremde! — Und, bitte, was bist Du?
    Gibt es irgend jemand auf der Welt, den ich weniger kenne? Ich würde Dich nicht einmal erkennen, wenn ich Dir auf der Straße begegnete. Jetzt siehst Du es: Wenn Du ein klarsichtiger vernünftiger Mensch gewesen wärest und Deiner Judy gelegentlich nette, ermutigend väterliche Briefe geschrieben und sie gelegentlich besucht und ihren Kopf gestreichelt hättest, und wenn Du gesagt hättest, Du seist froh, daß sie so ein braves Mädchen ist — dann hätte sie Dich vielleicht nicht in Deinem Alter sitzenlassen, sondern wäre dem geringsten Deiner Wünsche gefolgt wie die gehorsame Tochter, die sie hätte sein sollen.
    Weiß Gott: Fremde! Sie leben in einem Glashaus, Mr. Smith.
    Außerdem ist dies nicht ein Geschenk, es ist wie ein Preis. Ich habe ihn durch schwere Arbeit errungen. Wenn keiner im Englisch gut genug gewesen wäre, hätte das Komitee das Stipendium nicht vergeben; in manchen Jahren tun sie es nicht. Außerdem — aber was hat es für einen Sinn, mit einem Mann zu diskutieren? Sie gehören, Herr Smith, zu einem Geschlecht, dem der Sinn für Logik abgeht. Um einen Mann zu überzeugen, gibt es nur zwei Wege: man muß entweder schmeicheln oder unangenehm werden. Ich verachte es, Männern für das, was ich wünsche, zu schmeicheln. Also muß ich unangenehm sein.
    Ich weigere mich, mein Herr, auf das Stipendium zu verzichten. Und wenn Du noch ein großes Getu machst, werde ich auch das Taschengeld nicht mehr annehmen, sondern werde meine Nerven ruinieren, indem ich dummen Freshmen Nachhilfestunden gebe.
    Das ist mein Ultimatum!
    Aber — mir fällt noch etwas ein. Wenn Du solche Angst hast, daß ich durch das Annehmen des Stipendiums jemand anderem die Möglichkeit des Studiums nehme, weiß ich einen Ausweg. Du kannst das Geld, das Du für mich ausgegeben hättest, dafür verwenden, ein anderes kleines Mädchen aus dem John-Grier-Heim ausbilden zu lassen. Ist das nicht eine gute Idee? Nur eins wünsche ich mir, Daddy, bilde das neue Mädchen so viel aus, wie Du magst, aber habe sie nicht lieber als mich.
    Ich hoffe, Dein Sekretär ist nicht gekränkt, weil ich den Vorschlägen in seinem Brief so wenig Beachtung schenke; aber ich kann nichts dafür. Er ist ein verwöhntes Kind, Daddy. Bisher habe ich demütig allen seinen Launen nachgegeben, aber diesmal bleibe ich fest.
    In völliger, unverrückbarer, bis zum Ende der Welt feststehender Entschlossenheit

    Deine
    Jerusha Abbott.

9. November.

    Lieber Daddy-Langbein!

    Heute fuhr ich in die Stadt, um eine Flasche Schuhcreme und einige Kragen und den Stoff für eine neue Bluse und eine Dose Veilchencreme und ein Stück kastilischer Seife zu kaufen — alles sehr notwendig, ich könnte keinen Tag mehr ohne sie glücklich sein —, und als ich den Fahrschein zahlen wollte, entdeckte ich, daß ich mein Portemonnaie in der anderen Manteltasche gelassen hatte. Also mußte ich aussteigen und mit der nächsten Bahn fahren und kam zu spät in die Gymnastik.
    Es ist schlimm, kein Gedächtnis und zwei Mäntel zu haben!
    Julia Pendleton hat mich für die Weihnachtsfeiertage eingeladen. Was sagen Sie dazu, Mr. Smith? Man stelle sich vor: die Jerusha

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